"Weihnachten hätte ein gutes Geschäft werden können"

27.01.2000
Die Probleme beim Internet-Provider Strato, einer Tochter der Teles AG, brachten viele E-Shop-Neueinsteiger um ihr Weihnachtsgeschäft. Laut Strato soll inzwischen alles wieder in Butter sein, doch die Klagen der Kunden reißen immer noch nicht ab.

Bis Anfang November war ich noch vollauf zufrieden mit Strato", seufzt Bernd Bruns, Strato-Kunde seit langer Zeit. Der Grund für seinen tiefen Seufzer liegt in dem Chaos, das der Internet-Service-Provider Strato durch allzu häufige Pannen bei seinen Kunden verursacht hat.

Just vor Weihnachten wurden die Strato-Kunden von Ärgernissen geplagt: Domains waren unerreichbar, Mail-Systeme fielen aus, Internet-Seiten konnten nicht aktualisiert werden. "Es gab mehr Ausfälle als Zugriffe", jammert Bernd Bruns, "und gerade für Geschäftskunden, die letztes Jahr mit einem Online-Shop starten wollten, ist das außerordentlich schmerzhaft. Denen ist das gesamte Weihnachtsgeschäft ausgefallen - mal abgesehen vom Imageverlust."

Aus dem Hause Strato hört man Eingeständnisse: "Es gab technische Schwierigkeiten", teilte man ComputerPartner auf Anfrage mit. "Wir haben unsere Server-Plattform verschoben, aber es hat Probleme mit Xlink gegeben." Überhaupt sei Xlink, ein Provider, der die Technik für die Teles-Tochter übernommen hat, der Hauptschuldige. Teles-Boss Sigram Schindler will gegen Xlink vorgehen, sobald die Angelegenheit geprüft sei. Von Xlink kam bis zu Redaktionsschluss dazu leider keine Stellungnahme.

Alles wieder in Ordnung?

Aber die Diskrepanzen seien nicht so schlimm gewesen wie dargestellt. Schindler: "Nur ein Prozent der Kunden ist unzufrieden, und Schadensersatzansprüche haben nur fünf Kunden gestellt." Die Gerüchte um erboste ehemalige Mitarbeiter, angedrohte Sabotage-Akte und Geheimnummern seien nicht wahr.

"Es gibt begründeten Unmut", räumt ein Sprecher von Strato ein, "aber die Probleme sind behoben - und das nicht erst seit gestern. Wir haben mindestens 20 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt." Damit will Strato die Zufriedenheit der Kunden, immerhin einer der Unternehmensleitsätze, wieder glaubhaft machen.

Schaut man allerdings in das Kundenforum des Providers, wird schnell klar, dass gar nichts in Ordnung ist. Beim Foren-Guru Parsimony rangiert das Strato-Forum mit über 16.000 Beiträgen - meist Beschwerden - und rund 45.000 Page-Views an erster Stelle unter den Top hundert.

Eine CD als "großzügige" Entschädigung

Inzwischen gibt es sogar ein "Internet-Projekt geschädigter Geschäftskunden der Strato Medien AG". "Durch die Ausfälle ist den Geschäftskunden viel Umsatz durch die Lappen gegangen", erklärt Bernd Bruns. "Aber wer ist real in der Lage, den Schaden in Heller und Pfennig nachzuweisen, der entstanden ist, weil durch die Ausfälle die Kunden einen E-Shop nur zufällig besuchen konnten?" Die Gerichte verlangen genaue Schadensaufstellungen, sonst hat eine Klage gar keinen Sinn.

Die Rechtsabteilung der Strato AG weiß anscheinend um diesen Umstand. Einige Kunden, die Schadensersatz forderten, wurden von der Rechtsabteilung des Providers mit einer CD als Entschädigung abgespeist. Die Software darauf, Netobject Fusion, ist aber schon im Premium-Paket enthalten. Die Hotline von Strato hält sich nach wie vor bedeckt. Der sogenannte Kundenbeirat, auf den Internet-Seiten des Providers groß angekündigt, muss anscheinend erst noch gegründet werden. Angesicht solcher Umstände ist es kein Wunder, dass viele Kunden als letzte Konsequenz abwandern. Zum Beispiel zu 1&1 Puretec, einem Provider, der just am 2. Dezember den Domain-Umzug zum Nulltarif anbot. "Das war reiner Zufall", kommentiert Wolfgang Frank, Leiter Direkt-Marketing bei 1&1. "Die Strato-Kunden machen nur einen Bruchteil unserer Neukunden aus." Für Bruns ist der Wechsel keine Alternative. Er will im Grunde nur eins: "Strato soll mit der aggressiven Neukundenwerbung aufhören, solange sie nicht einmal die bestehenden richtig betreuen können. Vor allem sollen die sich was einfallen lassen, wie sie die Leidtragenden adäquat entschädigen." (gn)

www.infopur.de

Strato AG

Facts & Figures

Die Strato AG gehört seit Ende 1998 zum Teles-Konzern und ist heute vornehmlich als Projektentwickler und -anbieter tätig. Mit 90 Mitarbeitern plante das Unternehmen für das Geschäftsjahr 1999 einen Umsatz von 30 Millionen, im Jahr zuvor wurden 17 Millionen umgesetzt. Für Teles betreibt Strato die Vermarktung des Sky-DSL-Dienstes. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen europäischer Marktführer bei der Vermarktung von Internet-Präsenzen. Im Oktober 1999 verzeichnete Strato einen Bestand an 280.000 Internet-Dauerkunden und 350.000 Internet-Domains. Der geplante Teilverkauf von Strato an einen strategischen Partner ist Teil der angedachten internationalen Expansion. (mf) www.strato.de

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