Wenn der Headhunter dreimal klingelt

12.07.2000

Es gibt einen Sponti-Spruch aus den 80er Jahren, der heißt: "Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt." Nun ist der Bechtle-Vorstandschef Gerhard Schick zwar nicht dafür bekannt, dass er regelmäßig in Sponti-Kreisen verkehrte, aber sich wehren, das kann er. Weil er nicht mehr tatenlos zusehen mochte, wie Headhunter seine Mitarbeiter abwerben wollten, ging er vor Gericht und erwirkte ein Grundsatzurteil, das den Personalberatern verbietet, mit Angestellten an ihrem Arbeitsplatz Kontakt auf zu nehmen (siehe auch Artikel auf Seite 10 dieser Ausgabe).

Dieses Urteil ist zu begrüßen, weil es gut ist. Gut für die Branche. Denn es schützt die Unternehmen, die viel Geld in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter stecken. Viel zu oft wird ihre gute Nachwuchsförderung damit bestraft, dass ihre jungen Talente von Headhuntern abgeworben werden. Es ist wie beim Fußball: Wenn die Bundesligavereine keine Nachwuchsarbeit leisten, sondern nur teure Spieler aus dem Ausland kaufen, fliegt die deutsche Nationalmannschaft bei den Europameisterschaften vorzeitig aus dem Wettbewerb. Und sicher handelt es sich hier nicht um ein Problem der Firma Bechtle allein. Es gibt Tage, sagte ein anderer Systemhauschef, da rufen bei uns mehr Headhunter als Kunden an.

Manch einer sagt, der Kampf der Firma Bechtle gegen die Abwerbeversuche der Headhunter sei ein Kampf gegen Windmühlen. An der üblichen Praxis werde sich nichts ändern. Das bleibt abzuwarten. Es hängt von der Loyalität der Mitarbeiter ab, ob sie eine Kontaktaufnahme eines Headhunters ihrem Vorgesetzten melden. Dies kommt heute vor, und es besteht kein Grund, warum sich dies ändern sollte.

Grundsätzlich stellt sich anhand des Urteils die Frage nach der Rolle von Headhuntern in Deutschland. Headhunter, das sind sicher nicht die Bösen, aber eben auch nicht die Guten. Abseits jeglicher moralischen Wertung übernehmen sie eine wichtige Funktion im Wirtschaftsleben. Sonst gäbe es sie nicht. Auch eine Firma Bechtle wird nicht auf die Dienste einer Personalberatung verzichten können, vor allem wenn es um die Besetzung von Spitzenpositionen geht. Dass sich ein Unternehmer aber mit seinen Mitteln gegen diese Angriffe von außen wehrt, ist ebenso verständlich. Was sollte er sonst tun, als diesen "Aggressoren" (und so sieht er sie) das Leben so schwer wie möglich zu machen. Jedenfalls wird sich jeder Headhunter sehr genau überlegen, ob er bei der Firma Bechtle anrufen wird. Insofern hat Vorstandschef Schick für sein Unternehmen das Optimum erzielt.

Manche Unternehmen nutzen die Headhunter auch, um sich von Mitarbeitern zu trennen, ohne dafür teure Outplacement-Honorare zahlen zu müssen. So antwortete vor einiger Zeit der Vorstand eines großen Herstellers auf die Frage, warum er einen Manager zum Geschäftsführer befördert habe, der dann wenig später aus dem Unternehmen ausschied: "Weil die Headhunter gerade Geschäftsführer gesucht hatten."

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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