Unternehmensnachfolge

Wenn der Senior geht

02.06.2008
Planung und menschliche Chemie wichtig - Probleme beim Übergang gefährden 150.000 Arbeitsplätze.

Für den wichtigen Schritt der Unternehmensnachfolge sollten sich Firmen ausreichend Zeit lassen und sorgfältig planen. "Ein solide gestalteter Generationswechsel kann bis zu fünf Jahre dauern. Denn oberstes Ziel ist es, Kunden und Mitarbeiter nicht zu verunsichern", erklärt Detlef Hermann, Firmenkundenchef der Dresdner Bank. Diese Aufgabe wird oft unterschätzt. Befragungsergebnisse des Deutschen Industrie- und Handelskammertags zeigen: Schwierigkeiten bei der Unternehmensnachfolge gefährden etwa jeden zweiten Betrieb, jährlich rund 43.000 Unternehmen mit insgesamt 150.000 Arbeitsplätzen.

Jedes Jahr müssen mehr als 70.000 Betriebe in Deutschland den Übergang vom Seniorchef auf einen Nachfolger aus der Familie, ein von außen eingestelltes Management oder einen Käufer bewältigen. "Mehr als die Hälfte dieser Unternehmen findet keinen geeigneten Nachfolger in der Familie. Dazu kommt nicht zuletzt auch die Furcht vor hoher Erbschaftsteuer", so Hermann. Denn oft stehen Vermögenswerte zwar in den Büchern. Doch an liquiden Mitteln mangelt es im Betrieb, und die meisten Erben besitzen auch kein ausreichendes Barvermögen, um die Erbschaftsteuer zahlen zu können.

Doch auch andere Hindernisse stehen einer reibungslosen Unternehmensnachfolge im Weg. Der Dresdner Banker: "Viele Chefs unterschätzen den Zeitbedarf einer Betriebsübertragung. Zudem gibt es oft Konflikte über den Kaufpreis. Dieser Wert wird auch emotional definiert, und zudem möchte der Senior mit dem Erlös seinen Lebensstandard im Alter erhalten." Rund 30 Prozent der selbstständigen Unternehmer haben Expertenschätzungen zufolge für das Alter keine ausreichende Vorsorge außerhalb der Firma aufgebaut. "Und schließlich fällt es vielen auch noch schwer, ihr Lebenswerk dann gedanklich und faktisch tatsächlich loszulassen", so Hermann.

Ob nun das Unternehmen über einen Verkauf, eine familieninterne Lösung oder die Übertragung an ein externes Management bzw. eine Stiftung in die neue Ära geführt wird - eine fundierte Beratung ist immer wichtig. Dabei sollten die Betroffenen darauf achten, dass Banken und andere Experten den Übergang von beiden Seiten betrachten: Was ist gut für das Unternehmen und was für den scheidenden Unternehmer? Und für die neue Firmenleitung gilt neben allen notwendigen juristischen und finanziellen Weichenstellungen: Möglichst schnell das Vertrauen von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern gewinnen. (mf)

Zur Startseite