Wenn Selbstzweifel unzufrieden machen

08.12.1999

MÜNCHEN: "Nur" Verkäufer zu sein, damit haben viele Angehörige dieser Berufsgruppe ein (Image-)problem. Zu Unrecht, meint Karl Heinz Lorenz* und gibt Tips, wie man mit Selbstzweifeln umgeht.Verkäuferinnen und Verkäufer gibt es auf der ganzen Welt. Überall dort, wo Waren und Dienstleistungen gehandelt werden, sind sie im Einsatz. Trotz dieser bedeutenden Rolle im wirtschaftlichen Geschehen ist ihr Image nicht nur positiv. So mancher Verkäufer kämpft (meist zu Unrecht) mit der Vorstellung, als "Klinkenputzer" betrachtet zu werden, und ist auf der Suche nach besseren Identifikations-möglichkeiten. Natürlich gibt es auch unseriöse Geschäftemacher, doch um die soll es hier nicht gehen.

Eine Geschichte aus der Praxis

Ein Erlebnis während eines Seminars veranschaulicht die Selbstzweifel, die selbst die besten Vertriebsmitarbeiter befallen können. Als das Thema im Verkaufstraining auf individuelle Chancen und Hindernisse, die sich bieten oder in den Weg stellen, kam, meldete sich einer der Teilnehmer, zur Wort: "Mein größtes Hindernis, das bin im Augenblick ich selbst." Natürlich wollten alle wissen, wie das zu verstehen sei. "Vor einigen Wochen kam mein sechsjähriger Sohn zu mir", erzählte er. "Sie haben in der Schule über das Thema Arbeit gesprochen, und er wollte wissen, was ich bin. "Vertriebsbeauftragter" sagte ich ihm. Aber das sagte ihm natürlich nichts. Ich dachte darüber nach, wie ich ihm meine Tätigkeit begreiflich machen könnte, und beschrieb ihm, worin meine Arbeit besteht und was ich tagein tagaus so mache. Da klärte sich plötzlich sein Blick: "Papa, das ist doch ganz einfach, du bist ein Verkäufer." Verkäufer? Einfach ein Verkäufer? Nun, wer zu Kunden fährt und seine Waren anbietet und verkauft, der ist ein Verkäufer. Seitdem muß ich andauernd darüber nachdenken, ob ich, eigentlich ein Maschinenbau-ingenieur, wirklich so erfolgreich bin, wie ich das immer geglaubt habe. Wer möchte denn schon ein Verkäufer, ein Klinkenputzer sein?"

Wohlklingende Namen - gleiche Tätigkeit

Die Unternehmen erkannten schnell diese Identifikations- und damit auch Motivationsschwierigkeiten, die sich aus dem Verkäuferimage ergeben konnten. Also wurden für einen alten Beruf neue, wohlklingendere Bezeichnungen eingeführt wie Vertriebsbeauftragter, Kundenbetreuer oder amerikanisiert auch Account-Manager und für Aufsteiger: Key-Account-Manager, Regionalleiter, Sales-Manager und andere mehr.

Es steckt jedes Mal das Berufsbild des Verkäufers dahinter, aber diese Titel sollen ein höherwertiges, motivierenderes Image vermitteln. Denn einfach "Verkäufer" zu sein, reicht in unserer titellastigen Gesellschaft nicht mehr aus. Zudem assoziieren viele mit dem Ausdruck den Vertreter, der einfach vor der Haustür steht und unseriöse Produkte unseriös zu verkaufen versucht. Ein Imageproblem. Die neu gefundenen Bezeichnungen dienen sicherlich auch dazu, die Kompetenz der Vertriebsmitarbeiter zu unterstreichen. Denn bei genauer Betrachtung leisten Verkäufer so viel, daß ein schlechtes Image keinesfalls berechtigt ist.

Durch erfolgreiche Verkäufe sorgen sie dafür, daß die Waren und Leistungen, die ein Unternehmen produziert oder vertreibt, am Markt abgesetzt werden. In Zusammenarbeit mit dem Marketing werden neue Kunden gewonnen und, häufig Hand in Hand mit dem Service, Bestandskunden gepflegt. Der, für einen dauerhaften Erfolg entscheidende Faktor besteht darin, über eine sensible Orientierung am Kunden dessen (echte) Wünsche und Bedürfnisse zu erfahren. Auf diese Weise kann eine dauerhafte Kunden(ein)bindung aufgebaut werden.

Die soziale Kompetenz des Verkäufers ist dabei entscheidend, der zwischenmenschliche Faktor das A und O. Im Prozeß einer gelebten Kundenorientierung spielt der Verkäufer eine, vielleicht sogar die Hauptrolle.

Die Anforderungen an Verkäufer sind heute sehr hoch. Sie müssen Kompetenzen im sozialen und kommunikativen Bereich genauso aufweisen, wie in betriebswirtschaftlichen und technischen, produktorientierten Belangen. Wer sich im Verkauf auf längere Zeit erfolgreich behaupten kann, hat gelernt und bewiesen, daß er in der Lage ist mit überdurchschnittlichem Streß umzugehen. Außerdem erwartet ihn ein interessantes und anspruchsvolles Arbeitsleben. Und wer im Laufe seines beruflichen Daseins eine Managementkarriere einschlagen möchte, kann im Verkauf erkennbar unter Beweis stellen, daß er hohen Belastungen gewachsen ist, mit Risiken umgehen kann und die Bedeutung von Kundenorientierung nicht nur aus dem Lehrbuch kennt.

Was tun bei Selbstzweifeln?

Keimen Selbstzweifel auf, so gilt es kurzfristig vor allem das Selbstbewußtsein zu stärken. Hier sind sechs einfache Selbsthilfemaßnahmen, die Sie dabei unterstützen werden:

- Führen Sie umgehend ein Gespräch mit einem Ihrer Lieblingskunden - am besten vor Ort - über das, was sie bisher gemeinsam erreicht haben und welche Dinge Sie in nächster Zeit anpacken werden. Idealerweise lassen Sie Punkt zwei gleich anschließen:

- Erfolg braucht den Erfolg! Und nichts motiviert im Verkauf so sehr, wie ein erfolgreicher Abschluß. Also nichts wie ran: Nehmen Sie sich einen Kunden vor und machen Sie mit ihm noch heute einen Abschluß.

- Resultieren die Selbstzweifel aus mangelnder Anerkennung durch Ihren Chef, dann nehmen Sie die Sache in die Hand und laden Sie ihn oder sie zum Essen ein und machen den Termin dafür dringlich. Sprechen Sie darüber, was Ihnen an der Zusammenarbeit am meisten Spaß macht und lassen Sie durchblicken, daß "eine Anerkennung ab und zu" nicht schadet.

- Eine sehr motivierende Wirkung geht von Weiterbildungsmaßnahmen aus. Etwas ganz bewußt "für sich" zu tun - das ist wie Balsam für die Seele und für Ihr Selbstbewußtsein. Lassen Sie sich von Ihrem Chef oder Ihrer Chefin oder auch von einem qualifizierten Ansprechpartner in der Personalabteilung beraten, welche Trainingsmöglichkeiten sich anbieten. Die Kosten dafür werden meist vom Unternehmen getragen.

- Listen Sie einmal alle Vorteile auf, die Ihnen Ihre derzeitige Aufgabe im Verkauf bringt. Durch ein stressiges Tagesgeschäft geraten diese Dinge oft ein wenig in den Hintergrund und werden so allzu leicht übersehen.

- Polieren Sie Ihr Image auf! Gemäß der alten Weisheit "Tue Gutes und rede darüber" zeigen Sie sich und Ihre Verkaufserfolge im besten Gewand. Berichten Sie Ihrem Chef und Ihren Kollegen im persönlichen Gespräch oder auch in geeigneten Meetings davon.

Sind die Selbstzweifel etwas tiefer gelagert, so sollten Sie darüber nachdenken, wie gut Ihre langfristigen Lebensziele und Ihre heutige Tätigkeit zueinander passen. Suchen Sie dazu auch Gespräche mit Menschen, zu denen Sie ein besonders gutes Vertrauensverhältnis haben und bei denen Sie die entsprechend hohe soziale Kompetenz vermuten. Professionelle Unterstützung bieten in diesem Zusammenhang Berater - hier speziell "Coaches" genannt - mit denen Sie Ihre aktuelle Situation, Ihre Karriere- und Lebensziele reflektieren können. Bei der Auswahl eines für Sie geeigneten Coaches kann meist die Personalabteilung behilflich sein. Die Kosten für ein Berufscoaching werden heute üblicherweise vom Unternehmen getragen.

*Karl Heinz Lorenz ist Inhaber der Lorenz-Seminare in München.

Zur Startseite