Wie es Top-Manager mit der IT halten

21.10.2004
Ähnlich wie in den USA sehen auch europäische Top-Manager in der IT einen wesentlichen Faktor für den Erfolg ihres Unternehmens. Das zeigt eine neue Studie von Marktforscher IDC. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

Je mehr IT zur Massenware wird, desto schwieriger scheint es, sie zum wirtschaftlichen Vorteil des eigenen Unternehmens zu nutzen. "IT Matters a Lot" (Informationstechnologie ist sehr wichtig) war schon im Februar dieses Jahres das Ergebnis einer IDC-Umfrage bei US-amerikanischen Line-of-Business (LOB)-Executives (Bereichsleitern). In einer aktuellen IDC-Studie liegen nun Ergebnisse vor, denen zufolge auch die meisten europäischen Bereichsleiter IT als wichtig bis überlebenswichtig für den Geschäftserfolg ihres Bereichs einstufen.

Wie Strom und Wasser

Befragt wurden für die Europa-Studie 197 LOB-Verantwortliche. 92 Prozent von ihnen maßen IT heute und in der Zukunft eine wichtige bis überlebenswichtige Bedeutung für den Erfolg des eigenen Unternehmens bei. Nur weniger als fünf Prozent sehen in IT einen untergeordneten Erfolgsfaktor. Wird IT damit zum strategischen Element in den europäischen Unternehmen? Schließlich könnte man argumentieren, dass Wasser und Strom für jede Firma überlebenswichtig sind; aber strategisch im Sinne dessen, dass sie Wettbewerbsvorteile bringen, sind die beiden Grundbedürfnisse noch lange nicht, so IDC-Analyst Nicholas Carr, der die Studie unlängst in Paris vorstellte. Er plädiert dafür, dass die Bereichsleiter IT im Sinne von Basis-Utilities so wie Wasser und Strom als Teile der unternehmenskritischen Infrastruktur begreifen, nicht aber als Mittel, sich für das Unternehmen Wettbewerbsvorteile zu erhoffen. Back to the roots, zurück zu den Wurzeln, könnte man sagen, und die liegen in der IT-Nutzung.

Weiter wurde von IDC die Frage gestellt, ob die Unternehmen zur Unterstützung ihrer Business-Strategien mehr oder weniger Informationstechnologie nutzen sollten. Hier gaben nur weniger als zwei Prozent der Bereichsleiter zur Antwort, dass sie weniger aggressiv das Ziel verfolgen sollten, sich mit IT Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Das zeige, dass die meisten von ihnen noch an veralteten Ideen festhalten und an die Übermacht der Informationstechnologie glauben, so Carr. Sein Kollege, IDC-Vice-President Frank Gens, sieht das Ergebnis jedoch in einem anderen Licht. In 20 Jahren habe er noch keinen Geschäftsstrategen erlebt, der ins Schwärmen über die Allmächtigkeit der IT gekommen sei. Nach dem Zerplatzen des Internet-Hypes gäbe es in den Köpfen der Top-Manager erst recht keinen Deut von ITRomantik. Gens interpretiert die zweite Grafik daher so, dass viele Bereichsleiter bei sich und bei anderen Unternehmen tatsächlich Erfolge gesehen haben, wie IT zur Verbesserung der Geschäftsprozesse und zum Entwickeln innovativer Business-Strategien beitragen kann.

Das sind laut Gens gute Nachrichten für die IT-Industrie, stellt die Hersteller aber laut IDC auch vor neue Herausforderung. Denn ein Bereichsleiter oder Geschäftsführer will ganz anders und wesentlich fokussierter adressiert werden als etwa der mit IT vertraute EDV-Leiter. Viele Hersteller und selbst Anbieter von ITInfrastruktur in Europa und Amerika würden ihre Angebote, Botschaften und Marketingstrukturen bereits entsprechend anpassen.

Meinung des Redakteurs

So nützlich Informationstechnologie auch sein mag, Geschäftsprozesse zu optimieren, ist sie doch kein übermächtiges Allheilmittel. Lange haben die Hersteller den Glauben verbreitet, dass es nur ein mächtiges Tool wie das von ihnen angebotene braucht, um dem jeweiligen Unternehmenskunden Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Spätestens seit der Dotcom-Krise wissen die Entscheider, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt. Sie wollen den Nutzen von IT sehen und keine leeren Versprechungen. Der König ist tot, es lebe der ROI!

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