Wohnzimmeratmosphäre in der Händlerhalle

28.10.1999

MÜNCHEN: Sensationen erwartet niemand mehr, wenn er über die Systems flaniert. Spannend wird es nur, wenn hinter verschlossenen Türen Verträge unterzeichnet werden - oder wenn es einen großen Player im IT-Markt während der Messe schier zerreißt, wie dieses Mal CHS."Messestreß auf der Systems kommt eigentlich nur auf, wenn man mit dem Auto fährt und mitten in den Stau gerät", entschuldigte sich Johannes Reischböck für seine morgentliche Verspätung zu einem Gesprächstermin. Der Vorstand und Ge- schäftsführer der Graphisoft GmbH weiter: "Die Systems will sich doch immer so aufstellen wie die Cebit - in puncto Chaos ist sie da gar nicht mehr so weit weg." Wie viele andere, die mit dem Auto anfuhren, hatte er seine liebe Not mit wildgewordenen Parkwächtern, die ihn in alle Himmelsrichtungen lotsten - "nur möglichst weit weg von der Messe", wie ein weiteres Opfer flachst.

Doch wer den Eingangsbereich der Messe hinter sich gelassen hatte, konnte sich entspannen. Besonders am ersten Tag war es - wie immer - in den Gängen so leer, daß einige Besucher mit den Rollern, die man sich ausleihen konnte, nicht den Expressway in den oberen Etagen benutzten, sondern gleich durch die Hallen rauschten. "Es stimmt, sehr viel ist an unserem Stand nicht los", räumte denn auch Reischböck ein. "Aber schauen Sie sich doch um: Bei unseren Wettbewerbern stehen noch viel weniger Leute", kann er sich eine leichte Häme nicht verkneifen. "Und: die Gespräche, die wir hier führen, sind qualitativ einfach gut", lobt er die Systems. "Als Münchner Unternehmen ist die Systems für uns schlicht ein Muß."

Ganz ähnlich denken auch die anderen Aussteller, seien sie nun aus den Bereichen Hardware, Software oder Handel. "Wir führen hier wahrscheinlich nur ein Zehntel der Gespräche, die wir auf der Cebit haben", meldet beispielsweise ACI-Geschäftsführer Thomas Maul. "Aber das sind dann auch gute - und fast alle sind erfolgreich", freut er sich über die Resonanz. "Wir haben im letzten Jahr auf der Systems bessere Abschlüsse gemacht als auf der Cebit", bläst auch Michael Sigona, Senior Sales Engineer Europe bei ELO Touchsysteme, ins gleiche Horn.

CeBIT 2000 - auch ein Systems-Thema für Distis

Überhaupt: Cebit. Vor allem die Distributoren auf der Systems kommen früher oder später immer auf das leidige Halle-10-Problem in Hannover zu sprechen: "Das, was die Cebit-Leitung da mit uns macht, ist doch empörend!" schüttelt beispielsweise Stefan Links von Computerlinks den Kopf. Auch für Raab Karcher ist klar: "In Halle 10 gehen wir nicht, eher beteiligen wir uns als Unteraussteller bei Eizo an der Messe."

Da ist es dann auch plötzlich gar nicht mehr so schlimm, daß die Systems-Leitung bei der Vermietung der Standflächen fast genauso gierig zugreift wie die große Schwester in Hannover. Nur in einem Bereich reißt vielen der Geduldsfaden: "Die Fläche hier im Linux-Park kostet dreimal soviel wie in den anderen Messehallen", wettert ein Linux-Aussteller. "Das mache ich nicht mit!" Außerdem, so schüttelt er sich, "sind da auch die ganzen Jungs von den User-Groups, die da ausstellen. Und von Business-Dress oder einer professionellen Präsentation haben die noch nichts gehört." Deshalb mache er "obwohl eingeschworener Linux-Fan", einen großen Bogen um den Park.

Dealers only nach wie vor ein Erfolg

Insgesamt war die Systems '99 für die Beteiligten ein Erfolg. Auch und vor allem im Dealers only. Vormittags herrschte zwar zunächst gähnende Leere - da mußten sich die aus anderen Bundesländern angereisten Händler eigenen Aussagen zufolge noch von ausgiebigen Stadterkundigungen am Vorabend erholen. (Originalzitate: "Mensch, euer Kunstpark Ost in München - da geht ja bis in die frühen Morgenstunden die Post ab!" oder "Jetzt erst mal Kaffee und Aspirin, dann kann's losgehen.") Ab Mittag füllte sich die Halle - und dann wurde auch richtig gearbeitet. Beispielsweise am Stand bei Akcent Computerpartner. Regina Plettenberg, die Systemhausbeuftragte der Händlerkooperation, führte eifrig Gespräche mit geeigneten Kandidaten für ihr Systemhauskonzept. Auch ADI war zufrieden. Der neue Vertriebsleiter, Torsten Ludewig, gab zu Protokoll:

"Wir sind das erste Mal wieder seit sechs Jahren auf der Systems, jetzt im Dealers only. Wir wollen hier den südlichen Bereich abdecken und neue Partner aus dieser Region finden." Und am Stand bei Macrotron drängelten zum Teil die Interessenten am neuen Webshopkonzept des Distis für seine Fachhändler. "Es ist erst elf Uhr, und wir haben bereits zehn Shops verkauft - bis Ende der Messe sollen es 200 sein", rieb sich schon am ersten Messetag Robert Solansky, Abteilungsleiter für E-Business bei Ingram Macrotron, die Hände.

Sehen und gesehen werden - Tratsch in C3

Und auch die sozialen Kontakte blieben nicht unberücksichtigt in C3: Ex-Mitsubishi-PC-Chef Thomas Zanzinger kam auf einen kurzen Ratsch am Messestand von ComputerPartner vorbei und plauderte ein wenig über seine aktuellen Pläne: Er will sich eventuell mit Freunden selbständig machen. Nochmal in ihrem alten Glanz sonnten sich auch Karl-Heinz Killeit, Walter Rössler, Walter von Sczytnicki und Kurt Dobitsch (siehe Foto Seite 70) und begrüßten Kollegen und Freunde aus vergangenen Tagen. Also: Sehen und gesehen werden, das stand auch diesmal wieder auf dem Programm. Und wer gerade nicht mit am Tisch vor dem Podium stand, konnte mit Sicherheit davon ausgehen, daß nach Kräften über ihn gesprochen wurde.... (du)

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