xDSL löst ISDN endgültig ab

08.03.2000
Noch vor nicht allzu langer Zeit galt ISDN als das Nonplusultra für InternetSurfer. Doch mit xDSL steht eine neue Hochgeschwindigkeits-Technologie vor dem Marktdurchbruch. Noch in diesem Jahr wollen zahlreiche überregionale Carrier, Stadtnetzbetreiber und Internet-Service-Provider ihren Kunden die sekundenschnelle Informationsübertragung im World Wide Web ermöglichen, behauptet Susan Tuchel*.

Für professionelle Internet-Anwendungen kann ISDN oft nicht die erforderlichen Bandbreiten liefern. "Trotz Kanalbündelung dauert der Planversand unter Umständen länger als eine Stunde", kritisiert Alexandra Brodmüller-Schmitz den aktuellen ISDN-Zustand. Für die selbständige Innenarchitektin aus Düsseldorf, die häufig umfangreiche Baupläne und Skizzen über das Internet an Kunden verschicken muss, haben die langen Wartezeiten jedoch seit einigen Monaten ein Ende. ADSL - Asymmetric Digital Subscriber Line - heißt das Zauberwort, das auch umfangreiche Bild- und Grafikdateien mit bis zu 100facher ISDN-Geschwindkeit durch das Telefonnetz rauschen lässt. "Dadurch hat sich unser Zeitaufwand um ein Vielfaches minimiert, so dass wir nicht nur Kosten sparen, sondern auch schneller und effizienter auf die Wünsche unserer Kunden reagieren können", freut sich die Raumplanerin. ADSL ermöglicht darüber hinaus ständige Empfangsbereitschaft, ohne dass ständig Gebühren anfallen. Eingehende E-Mails werden dabei dem Empfänger umgehend gemeldet - ein Service, den ansonsten nur wesentlich teurere Standleitungen bieten.

DSL ist nicht gleich DSL

ADSL ist lediglich eine von mehreren Varianten der xDSL-Technologie (Digital Subscriber Line), wobei x als Platzhalter für eine Vielzahl von Übertragungsprotokollen steht (siehe Kasten). Das asymmetrische ADSL arbeitet beim Datentransfer mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in beide Richtungen. Es wurde ursprünglich für Privatkunden entwickelt, denen die unterschiedlichen Übertragungsleistungen auf dem Hin- und Rückweg nichts ausmachen. "Profis, die gleiche Kapazität für das Herauf- und Herunterladen der Daten benötigen, erhalten mit SDSL (Symmetric Digital Subscriber Line) eine Variante, die - wie der Name schon sagt - gleiche Geschwindigkeit beim Senden und Empfangen von Daten via Internet ermöglicht", erläutert Rainer Hoja-Heldmann, Marketing-Manager für Neue Carrier bei Siemens in München. Außerdem zählt auch ADSL Lite - eine Variante von Full-Rate-ADSL - zu den bekannteren Mitgliedern der xDSL-Familie.

Ihnen allen gemeinsam ist dasselbe Prinzip: xDSL nutzt die einfache Tatsache, dass die Bandbreite der vorhandenen Kupferkabel vom Telefonverkehr nur teilweise in Anspruch genommen wird. Die bestehenden Leitungen können deshalb durch die Zwischenschaltung von xDSL-Modems in drei unterschiedliche Kanäle aufgeteilt werden. Einer dieser Kanäle steht nach wie vor für die herkömmlichen Telefondienste zur Verfügung. Ein zweiter Kanal wird für die Verbindung vom Anwender zum Provider oder Server zur Verfügung gestellt ("Upstream"), und der dritte Kanal dient der Datenübertragung vom Serviceanbieter zurück zum Nutzer ("Downstream"), siehe auch Abbildung: "Kanalaufteilung bei der xDSL-Übertragung". Dabei lässt die xDSL-Technik Übertragungsraten zwischen 0,1 und 53 Mbit/s zu, je nach der gewählten Variante. Damit erübrigt sich im Access-Bereich die Verlegung teurer Glasfaserkabel weitgehend.

Rosige Marktaussichten

Deshalb rechnen auch die Marktforscher mit einem Boom dieser Highspeed-Technologie. Den Prog-nosen zufolge wird der xDSL-Markt in Deutschland bis zum Jahr 2003 auf über 2,5 Millionen Anschlüsse anwachsen, dies bedeutet eine jährliche Steigerungsrate von durchschnittlich 134 Prozent seit 1999. Die primäre Antriebskraft dieses phänomenalen Wachstums ist der so genannte "Fast Internet Access". Denn zum einen nimmt die Zahl der Internet-Anwender rasant zu, so soll bereits im Jahr 2003 jeder zweite Deutsche über einen Internet-Zugang verfügen.

Zum anderen ist durch die zunehmende Verbreitung und Nutzung anspruchsvoller Anwendungen mit großen Datenmengen eine immense Steigerung des Bandbreitenbedarfs zu verzeichnen. Mehr als ein Viertel aller europäischen Unternehmen - so eine Studie des Marktforschungsinstituts Dataquest - wird im Jahr 2004 xDSL-Technologien nutzen. Allein in Deutschland gehen die Analysten zu diesem Zeitpunkt von mehr als zwei Millionen Anschlüssen im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen aus.

Citycarrier auf dem Sprung

Daher setzen Telekommunikations-Unternehmen zunehmend auf Breitbandtechnologien mit hoher Kapazität. Knapp 50.000 Anwender hat die Deutsche Telekom bislang für ihr in 60 Orten verfügbares ADSL-Angebot gewinnen können. Mit massiven Werbeaktionen, Preisnachlässen für die ersten 100.000 Kunden und einer Zeittakt-unabhängigen T-Online-Flat-rate, die 79 Mark im Monat kosten soll, will das Unternehmen den Durchbruch schaffen.

Doch die Konkurrenz steht schon in den Startlöchern. Neben alternativen Carriern wie Mannesmann Arcor, Teldafax, First Telecom, Colt Telecom, Viag Interkom, Callino oder Mobilcom, die für die nächs-ten Monate xDSL-Angebote angekündigt haben, und spezialisierten Nischenanbietern aus dem Internet-Service-Provider-Bereich, etwa KKF.net, Next Generation Internet, Riodata oder QSC, wollen auch so genannte Citycarrier bei ihren Kunden verstärkt Hochgeschwindigkeits-Zugänge installieren. So etwa M-Net in München, Kiel-Net, Tele Bel in Wuppertal, Hansenet Hamburg, Kom-Tel in Flensburg, Tele-Lev Leverkusen, Wob-Com Wolfsburg, Isis Multimedia in Düsseldorf, Osnatel Osnabrück, Augusta-Kom oder Citykom Münster.

Für den Siemens-Marketier Hoja-Heldmann sind es vor allem breitbandige Anwendungen, die der Highspeed-Technik zum Durchbruch verhelfen werden. Dabei bedeutet die wesentlich schnellere Datenübertragung nicht nur eine deutliche Zeit- und Kostenersparnis, sondern eröffnet auch völlig neue Geschäftsmöglichkeiten. So können beispielsweise Teleshopping- und E-Commerce-Anbieter ihre Waren in Videoqualität im Netz präsentieren.

Aber auch innovative Filialkonzepte profitieren von xDSL. Mit zent-ral geführten Datenbanken und deren jederzeit und überall abrufbaren Inhalten lassen sich entscheidende Kosten- und Zeitvorteile bei LAN-to-LAN-Verbindungen erzielen. Die dafür bisher genutzten ISDN-Festverbindungen sind relativ teuer, weil sie über 24 Stunden täglich betrachtet schlecht ausgelastet sind. Anders stellt sich die Kostensituation bei xDSL dar, weil die Leitungen nur dann zur Verfügung stehen, wenn man sie tatsächlich benötigt, also wie beim klassischen Wählverfahren an Telefon.

Die bisher notwendige Datenübertragung in den Nachtstunden entfällt. Betriebskonzepte können professionell auf die tatsächlichen Bedürfnisse abgestimmt werden, aktuelle Daten sind rascher verfügbar, und die Reaktionszeiten auf Anfragen verringern sich beträchtlich.

*Susan Tuchel ist freie Fachjournalistin in Düsseldorf.

www.ic.siemens.com

www.alcatel.de

www.telekom.de/t-dsl

www.arcor.net/internet

www.planet-interkom.de

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