Xerox will nach Reorganistion die Nummer Zwei im Druckermarkt werden

16.09.1999

NEUSS: Die Xerox Corporation will weg vom Image des Boxenschiebers, hin zum anerkannten Lösungsanbieter. Mit Digitaltechnik und neuer Vertriebsstruktur will der Hersteller die Nummer zwei im Druckermarkt werden.Die Neuausrichtung kommt ein bißchen spät, dafür soll sie um so schneller abgewickelt werden: Bei Xerox dreht sich künftig alles um den Wachstumsmarkt Digitaldruck, das Unternehmen will sich hier schnell als anerkannter Lösungsanbieter positionieren. "Das Umsatzwachstum durch Boxenschieberei hat irgendwann ein Ende, da muß dann ein Mehrwert her", meint Michael Whittington, Mitglied der Geschäftsleitung und Direktor und General Manager der Channels-Group in Deutschand. Bis zur Jahrtausendwende sollen das komplette Produktportfolio und der Vertrieb umgestellt werden.

Dreh- und Angelpunkt der Neuausrichtung sind auch in Deutschland die beiden Abteilungen Industry Solutions Operations (ISO) und General Market Operations (GMO). ISO wird sich auf integrierte branchenspezifische Gesamtlösungen (Hardware, Software, Services) konzentrieren, Großkunden aus der Fertigungsindustrie, dem Finanzbereich, der grafischen Industrie sowie öffentliche Auftraggeber direkt betreuen. ISO wird damit die 400 Top-Großkunden von Xerox in Deutschland übernehmen, was laut Whittington durchaus als Imagepflege verstanden werden darf: "Wir werden ihnen von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten." Daß Handelspartner verärgert reagieren könnten, weil der Hersteller gewinnträchtige Aufträge, wie beispielsweise im Finanzsektor, direkt abwickelt, glaubt der Manager nicht: Schließlich ginge es um hochwertige und betreuungsintensive Kopierer und Druckerstraßen, deren Preise sich zwischen 100.000 und einer Million Mark bewegten: "Ein Händler faßt sowas freiwillig nicht an, dazu fehlen ihm meist die Kompetenz und die Kapazität. Außerdem können ja durchaus auch Partner, beispielsweise VARs, Teil des von uns vorgeschlagenen Lösungsangebotes sein."

GMO für den Massenmarkt

GMO adressiert ausschließlich den Massenmarkt, bietet Soho-Lösungen und Bundles für vernetzte Arbeitsumgebungen kleiner und mittelständischer Unternehmen. Der Vertrieb im Bereich GMO wird weiterhin über Xerox Vertragspartner und die Channels Group abgewickelt. Zusätzlich will Xerox beide Vertriebseinheiten mit VARs und Telebusiness unterstützen. Außerdem soll ein entsprechendes Handelsprogramm insgesamt 3.000 neue Partner locken (siehe ComputerPartner 8/99, Seite 50). Bislang wurde der Vertrieb über sieben regionale Customer-Business-Units abgewickelt, die sowohl für den Direktvertrieb und den indirekten Partnervertrieb als auch für den technischen Kundendienst zuständig waren.

Der Company-Umstrukturierung fielen weltweit bereits 6.400 Xerox-Arbeitsplätze zum Opfer. Auch in Deutschland mußten 100 Verkaufsmitarbeiter ihren Hut nehmen, nachdem der Bereich analoge Kopierer ausgelagert wurde. "Die meisten konnten wir aber weitervermitteln", beschwichtigt Whittington. Außerdem soll jetzt wieder aufgestockt werden: Für die neuen Einheiten werden händeringend Spezialisten und Vertriebsmitarbeiter gesucht.

Als "Weichenstellung für die Zukunft" bezeichnet Xerox die Übernahme von Omni-Fax. Für 45 Millionen Dollar wechselten damit auch die Geschäftsbereiche DEX Business Systems und Environmental Business der amerikanischen Firmengruppe Danka Business Systems den Besitzer. Deren multifunktionale Laserfaxsysteme sollen sich als hochspezialisierte Marke in der Xerox Product Range etablieren und dementsprechend in den Vertriebskanälen plaziert werden. Für Whittington ist das nicht nur ein Nischenmarkt: "Wir sehen den Markt etwas anders als die Mitbewerber. Die haben alle nur ein Produkt: Drucker. Wir haben mehr."

Kräftemessem mit HP erwünscht

Die Umtriebigkeit von Xerox darf aber durchaus auch als Kriegserklärung gegen Marktführer Hewlett-Packard verstanden werden. Whittington: "Natürlich wollen wir HP angreifen. Wenn man einen so dominanten Spieler gegen sich hat, soll man sich dann lieber an der Nummer drei oder vier oder doch eher am Marktführer messen?" Aber es ist wohl vielmehr eine Frage der Ehre: Hewlett-Packard macht der Company gern mit digitalen Drucksystemen inklusive Kopierfunktion das Leben schwer. Xerox schießt neuerdings mit dem Ink-Jet "Docu-Print C6" für unter 100 Dollar zurück und eröffnet damit seine aggressive Marktstrategie im Low-End-Bereich auch in Europa. Bis dahin fochten die beiden amerikanischen Hersteller ihre Machtkämpfe öfter vor Gericht aus.

Das Ziel von Xerox ist klar definiert: "Wir möchten uns in den nächsten zwei bis drei Jahren sauber hocharbeiten und eine starke zweite Position hinter HP haben", meint der Manager, der sich durchaus der Tatsache bewußt ist, daß Xerox bisher nur mit Kopierern gleichgesetzt wurde: "Da haben wir ein bißchen was extra zu tun." Um gegen die Marketing-Maschine von Hewlett-Packard zu bestehen, habe man den eigenen Werbeetat entsprechend hoch angesetzt. Bisher wurden für die Unterstützungsmaßnahmen weltweit 300 Millionen Dollar ausgegeben, Whittington rechnet mit einer Verdoppelung des Budgets im nächsten Jahr. Der erste Schritt bedeutet massive Endkundenwerbung, beispielsweise sollen noch im November Produktkataloge zahlreichen Endkundenzeit- schriften beigelegt werden. Später kämen dann auch individuell zugeschnittene Anzeigen für die Handelspartner hinzu, erklärt Whittington:

"Die Grundarbeit haben wir getan." Man müsse dem Kunden klarmachen, daß die Vielseitigkeit von Xerox - wie Dokumentenanalyse, -flow, -bearbeitung- und -ausdruck - dessen eigentliche Stärke sei. "Für Hewlett-Packard ist das doch Entwicklungsland." (mf)

Die Xerox-Köpfe Pierre Danon, Jim Firestone und Ged Thompson stellten die neue Strategie gemeinsam Handelspartnern und Distributoren vor.

Xerox-Manager Michael Whittington: "Natürlich wollen wir Hewlett-Packard angreifen.

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