Zukunft des IT-Unternehmensmarktes

26.06.2004
Trotz gewisser Replacement-Effekte geht Marktforscher Gartner für den westeuropäischen Corporate-Markt auch in diesem und im nächsten Jahr von keinem nennenswerten Aufschwung aus. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

Einen Aufschwung im westeuropäischen Corporate-Segment, von dem manch einer schon träumt, ist für Gartner-Analyst Peter Sondergaard nicht in Sicht, jedenfalls nicht vor 2005. Zwar laufe das Replacement teilweise wieder an, doch angesichts des Preisdrucks bei PC-Systemen etwa geht Gartner für die westeuropäischen Unternehmensausgaben 2004 doch von einem leichten Minuswachstum von zwei Prozent nach minus 13 Prozent im vergangenen Jahr aus - in Euro gerechnet, wohlgemerkt. Denn in Dollar, so die internationale IT-Währung, sind die Corporate-Umsätze im schwarzen Jahr 2003 um fünf Prozent gestiegen (siehe Grafik).

Die Zahlen von 2003 zeigen auch, wie weit Budget-Erwartungen und tatsächliche Ausgaben auseinander klaffen: Insgesamt waren die Unternehmen 2003 von einer Steigerung von fünf Prozent ausgegangen. Doch im Schnitt wurden nur 77 Prozent der geplanten Budgets ausgeschöpft. Für 2004 rechnen sie daher wohl konservativer mit einer Budget-Erhöhung von gerade mal 0,3 Prozent. Ein besonders düsteres Bild ergibt sich hier laut Sondergaard für Deutschland und Italien, die auch in Dollar gerechnet schon voriges Jahr ein leichtes Minuswachstum auszuweisen hatten.

Gartner zufolge dürften die weltweiten Unternehmensausgaben für IT-Produkte und -Dienstleistungen bis 2008 nur um jährlich 4,5 Prozent von 2,1 auf 2,4 Billionen Dollar wachsen, wobei der EMEA-Anteil von 31 auf 30 Prozent leicht schrumpfen soll. Für die westeuropäischen Unternehmensausgaben geht Gartner zwischen 2004 und 2008 nur von einem jährlichen Plus von zwei Prozent auf 491 Millionen Euro aus. Gegenüber 2002 wäre das aber immer noch ein Minus von rund 38 Millionen Euro. Betrachtet man die einzelnen Segmente Hardware, Telekommunikations-Dienstleistungen und -Infrastruktur, Software, IT-Services und interne IT-Dienstleistungen, soll sich in den nächsten drei bis vier Jahren nur wenig bewegen. Gartner sagt jedoch voraus, dass sich die Bereiche Software und IT-Services sowie IT-Services und interne Dienstleistungen künftig in Teilbereichen überschneiden und sogar kannibalisieren werden. Outsourcing bleibe ein wesentlicher Treiber der Entwicklung. Wenn derzeit von einem rückwärts gerichteten Trend zum Insourcing die Rede sei, müsse in Betracht gezogen werden, dass große Unternehmen mittlerweile ganze Abteilungen ins Ausland, etwa ins indische Bangalore oder nach Osteuropa, verlagern, um dort von billigeren Arbeitskräften zu profitieren.

Produktseitig greift Sondergaard einige Technologien heraus, die in den nächsten drei Jahren zur Reife gelangen werden. Dazu gehören Instant Messaging, WLANs, Netzwerksicherheit, Software als Dienstleistung und IP-Technologie ebenso wie das Thema Konvergenz. In einigen Großunternehmen wie Banken, Versicherungsgesellschaften, Supermarktketten und Behörden werden ihm zufolge auch Grid-Computing, RFID, Real-Time Infrastructure und Utility-Computing wachsende Bedeutung erlangen. 3G beziehungsweise UMTS ist gerade erst auf dem Markt, da sprechen die Netzbetreiber schon vom neuen 4G-Standard, der im Download theoretisch Datenübertragungsraten von bis zu 300 Mbit/s erlaubt. China will sogar die Olympischen Spiele 2008 damit übertragen. "Aber wie einige andere Technologien ist auch dies noch Zukunftsmusik", räumt Sondergaard ein.

Meinung des Redakteurs

Auch wenn die IT-Ausgaben der Unternehmen im nächsten Jahr wieder anziehen, sind Wachstumssprünge wie zum Millenniumswechsel in der nächsten Zukunft wohl kaum zu erwarten. Das sollte aber nicht Grund sein, den Kopf hängen zu lassen. Denn auch in Westeuropa gibt es in Anbetracht der Vielzahl von reifenden und neuen Technologien noch viel zu tun für den IT-Fachhandel.

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