Zwölf Milliarden Gigabyte und kein bisschen weiser?

11.09.2000
Eine Stunde lesen setzt 0,7 MB frei, eine Stunde Fernsehen jedoch 2.000 MB. Das ist das Ergebnis einer Studie von US-Wissenschaftlern, die sich die Mühe gemacht haben, alle verfügbaren Informationen der Menschheit in Bits und Bytes zu erfassen.

In den nächsten drei Jahren werden, ob handschriftlich, gedruckt, digital oder als Bild- und Tonmaterial, mehr Informationen erzeugt als in den letzten 300.000 Jahren zusammen. Das ist das Ergebnis einer von dem amerikanischen Storage-Anbieter EMC gesponserten Studie der School of Information Management und Sys-tems (SIMS) der University of California, Berkley. Demnach beläuft sich das Gesamtvolumen aller weltweit verfügbaren Informationen auf zwölf Millionen Exabyte. Ein Exabyte entspricht einer Milliarde Gigabyte oder zwei hoch 60 Byte. Würde man all diese Daten als Ascii-Text ausdrucken, käme das dem Inhalt von zwölf Billionen Büchern gleich. Allein im letzten Jahr sollen noch einmal Datenmengen von insgesamt etwa 1,5 Exabyte oder 250 Megabyte pro Erdenbürger neu hinzugekommen sein.

"Ärmlichkeit des Drucks" und "Dominanz des Digitalen"

Ein Aspekt, mit dem sich die Autoren der Studie nur am Rande beschäftigen, sollte zu denken geben: Von allen gesammelten Informationen macht das gedruckte Wort nur noch etwa 0,003 Prozent aus. Denn während sich die Kapazität der digitalen Speichermedien von Jahr zu Jahr verdoppelt, ist die Produktion von Büchern und Filmen stagnierend, wenn nicht sogar rückläufig. Die Autoren der Studie sprechen daher schon von der "Ärmlichkeit des Drucks" versus der zunehmenden "Dominanz des Digitalen". Denn anders als vor 100 Jahren kann heute jeder ohne viel Talent oder Geistesleistung Gigabyte-weise Daten kreieren und über das Internet verbreiten.

Wie wenig das gedruckte Wort bei der täglich verbreiteten Informationsflut überhaupt noch Bedeutung hat, zeigt auch Folgendes: Zwischen 1992 und heute ist die Zahl der Stunden, die der durchschnittliche US-Bürger jährlich im Internet verbringt, von zwei auf 43 Stunden angestiegen. Da sich an Medienkonsum der Amerikaner kaum etwas geändert hat, bleiben ihm für die Lektüre von Büchern nur noch 96 Stunden pro Jahr. Das entspricht der Datenmenge von gerade mal sieben MB. Lächerlich, wenn man bedenkt, dass über den Durchschnittsamerikaner in den 1.571 Stunden, die er Jahr für Jahr vor dem Fernseher sitzt, 3,12 Millionen MB niederrieseln.

Einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach zufolge könnte sich jeder Fünfte Deutsche vorstellen, sich einen intelligenzfördernden Chip ins Gehirn einsetzen zu lassen. Bei all den täglich über uns hereinprasselnden Informationen wäre aber wohl auch eine Firewall nötig, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Ob das alles in einen Kopf passt, ist allerdings mehr als fraglich. (kh)

www.sims.berkeley.edu

www.emc.com

www.allensbach.de

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