"Get Global or stay Niche"

Hersteller treiben Konsolidierung in der Distribution

20.07.2012

Avnet und Magiurs

Der jüngste Mega-Deal in der Value-Distribution kam nicht ganz so überraschend: Seit Avnet 2007 das HP- und IBM-Geschäft von Magirus übernommen hatte, wurde in der Branche gemunkelt, dass sich der US-amerikanische Distributor auch noch die restlichen Magirus-Bereich einverleiben könnte.
Brancheninsider ließen durchblicken, es gebe immer wieder Verhandlungen. Obendrein hatten die beiden Distributoren geplant, künftig "das Avnet-Portfolio, wo immer möglich, gemeinsam mit Magirus zu vermarkten wie auch umgekehrt", wie Fabian von Kuenheim, Vorstandsvorsitzender der Magirus AG damals erklärte.
Die Strategie war allerdings insofern nahe liegend, als sich das Portfolio der beiden Distributoren schon damals äußerst gut ergänzte. Dass Avnet weitere Teile der Magirus übernehmen könnte, verneinte der zu diesem Zeitpunkt amtierende Avnet-EMEA-Chef Dick Boersboom jedoch vehement.

Im Juli 2012 war es dann aber so weit: Avent und die Magirus-Eigentümer, zu denen neben den Familien von Kuenheim (42,5 Prozent) und Magirus (27,5 Prozent) auch die kuwaitische Gruppe Al Ghanim & Alkarafi, Safat (30 Prozent) gehören, einigten sich. Die mit rund 400 Mitarbeitern in elf europäischen Ländern sowie in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten aktive Magirus-Gruppe soll in Avnet Technology Solutions EMEA integriert werden.

"Der richtige Zeitpunkt"

"Nach 31 Jahren war es für uns kein leichter Schritt, für die Fortführung des Geschäfts diesen Weg zu wählen", erklärte Magirus-Vorstand Christian Magirus gegenüber ChannelPartner. "Doch wir sind überzeugt, dass die künftig anstehenden Themen und Investitionen für unsere Partner und für das Magirus-Team im Verbund von Avnet besser entwickelt werden können."

Zur Frage, wie die Integration genau aussehen wird, könne man sich aus rechtlichen Gründen erst äußern, wenn die Kartellbehörden den Deal genehmigt haben, betonten beide Parteien. Bis dahin bleibe man Wettbewerber wie bisher. "Wir werden aber selbstverständlich darauf achten und sehen uns in der Plicht, dass die Integration sowohl für unsere Vertriebspartner als auch für unsere Lieferanten äußerst umsichtig erfolgt und für sie möglichst nicht spürbar wird", verspricht der Magirus-Manager.

Doch weshalb hat sich Magirus gerade jetzt zu diesem Schritt entschlossen?
Der Blick auf die Bilanz zeigt, dass die Geschäfte offenbar gut liefen: 2007 hatte sich Magirus mit dem Verkauf der Infrastruktursparte an Avnet (HP- und IBM-Units) von 60 Prozent seines Gesamtumsatzes (rund 500 Millionen US-Dollar) getrennt. Doch bereits im Kalenderjahr 2011 setzte die Magirus-Gruppe wieder 530 Millionen US-Dollar um und hatte damit den "Verlust" wieder wettgemacht.

"Das Timing ist immer schwierig, zumal wir mit den bestehenden Technologiethemen und Herstellern gut gewachsen sind", räumt Christian Magirus ein. "Wir haben die Entscheidung letztlich vor dem Hintergrund dreier wesentlicher Entwicklungen getroffen."

Zum einen sei unverkennbar, dass amerikanische Hersteller nach wie vor bestrebt sind, ihre Distributionslandschaft weiter zu konsolidieren. "Angesichts dessen haben wir sehr sorgfältig erwogen, inwieweit ein privat geführtes, europäisches Distributionsmodell noch zeitgemäß ist", so Magirus.

Hinzu komme, dass sich die Gesamtkonjunktur in Europa weiter eintrübe und der Investitionsbedarf in der Distribution enorm steigen werde: "Zum einen erfordert die Cloud-Technologie ein anderes Distributionsmodell. Und zum anderen benötigen Vertriebspartner künftig eine ganz anders gelagerte Unterstützung seitens der Distribution. Beides ist mit hohen Investitionen verbunden", führt der Manager aus.

Da man mit Avnet bereits beim Verkauf und der anschließenden Integration der HP- und IBM-Sparte sehr gute Erfahrungen gemacht habe, sei bei der Trennung vom restlichen Geschäft die Entscheidung zugunsten dieses Anbieters gefallen.
Obendrein spricht vieles dafür, dass auch die Kulturen beider Unternehmen zueinander passen: Die von Magirus zu Avnet gewechselten HP- und IBM-Teams erwiesen sich auch nach der Integration in die neue Muttergesellschaft als ebenso stabil wie das Geschäft.

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