LG Electronics: Warum Vertriebschef Philipp am Projekt 18 scheiterte

17.04.2003
Zoff bei LG Electronics in Willich: Knall auf Fall setzte der neue koreanischeGeschäftsführer Kim seinen Vertriebschef für Monitore, Harald Philipp, vergangeneWoche vor die Tür. Als Grund nannte LG "unterschiedliche Ansichten zur strategischen Ausrichtung".

Seit Montag vergangener Woche ist die Monitorabteilung der LG Electronics Deutschland GmbH führerlos: Harald G. Philipp, bisher als Vertriebs- und Marketing-Direktor für den Bereich ISP (Monitore, Laufwerke und Netzwerkprodukte) auf der Gehaltsliste der LG-Niederlassung, ist freigestellt. Als Grund für das plötzliche Ausscheiden des Vertriebschefs nannten Unternehmenskenner gegenüber ComputerPartner das von Philipp auf der Cebit verkündete "Projekt 18" (siehe ComputerPartner 13/03, Seite 19).

Philipp wollte nach eigener Aussage im laufenden Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum im Monitorgeschäft von 18 Prozent erreichen - und berief sich dabei auf Zielsetzungen aus Korea. So mancher Kunde ist sich dagegen sicher, dass das "Projekt 18" Phi-lipps persönlichem Ehrgeiz zuzuschreiben sei. Und es so zum Streit zwischen Philipp und dem neuen koreanischen Geschäftsführer Weon-Dae Kim kam, der dieses Ziel als unrealistisch einschätzte.

Offiziell heißt es bei LG in Willich, Philipp sei freigestellt - aufgrund "unterschiedlicher Ansichten zur strategischen Ausrichtung", wie LG-Mitarbeiterin Renate Stoffel auf Anfrage von ComputerPartner erklärte.

Konkurrenz plant für 2003 konservativ

Was sich nun genau hinter den Kulissen abgespielt hat, bleibt unklar. Auch, wer die gewagte Vorgabe für das Monitorgeschäft formuliert haben soll. Die Konkurrenz aus der Monitorbranche plant das laufende Geschäftsjahr jedenfalls übereinstimmend vorsichtig: Steigerungen beim Absatz werden dort sehr wohl ins Auge gefasst, allerdings in der Hoffnung, den Umsatz damit stabil halten zu können. Denn im Vorjahr mussten die Hersteller laut GfK einen Absatzeinbruch von 17 Prozent verkraften. Das heißt: Ihre anvisierten Verkaufziele konnten nur die wenigsten erreichen, die Umsätze gingen in den Keller, und viele Anbieter schlossen 2002 mit Verlust ab.

Auch die LG-Vertriebsmannschaft begehrte dem Vernehmen nach gegen das abenteuerliche Projekt 18 auf. Ein Kunde resümierte gegenüber ComputerPartner: "Philipp hat sich damit zu weit aus dem Fenster gelehnt. Lieferschwierigkeiten, falsche Preispunkte und eine illusorische Markteinschätzung - das passte alles nicht mehr zusammen." Ein Nachfolger für Philipp ist laut LG noch nicht in Sicht. "Das wird nicht einfach, jemanden zu finden", orakelt ein Unternehmenskenner. Allerdings ist das nicht die einzige Vakanz bei LG: Neben Philipp musste auch Heinz Dresen, Marketing- und Vertriebsdirektor für Haushaltsgeräte, das Unternehmen verlassen.

Monitore und Laufwerke bringen LG den Umsatz

Philipp verantwortete bei seinem Ex-Arbeitgeber den größten Umsatzbringer der deutschen Niederlassung: den Bereich ISP (Monitore, Laufwerke und Netzwerkprodukte), der im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 206,9 Millionen Euro erwirtschaftete. Insgesamt setzte LG nach eigenen Angaben im Vorjahr 368,7 Millionen Euro um. Zum Vergleich: Die zweitgrößte Produktsparte, Unterhaltungselektronik, schloss das vergangene Geschäftsjahr mit einem Umsatz von 79,2 Millionen Euro ab, gefolgt vom Bereich Haushaltsgeräte mit 51,9 Millionen Euro.

www.lge.de

ComputerPartner-Meinung

Als Monitor-Vertriebschef hättePhilipp es besser wissen müssen: 18 Prozent Umsatzsteigerung in einem rückläufigen Marktsegment sind utopisch, die eigenen Mitarbeiter dafür wohl kaum zu motivieren. Wenn dazu noch immer wiederkehrende Lieferengpässe kommen - aufgrund von Verpflichtungen gegenüber großen OEM-Kunden -, kann man das Kopfschütteln so mancher Kunden gut verstehen. (ch)

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