3. C2000-Congress: PC-Giganten balzen um Handelspartner

10.04.1996
MÜNCHEN: Auf dem 3. Computer 2000-Congress (19. bis 20. September 1996) in München bemühten sich der Distributor und seine IT-Lieferanten, die dunklen Wolken am PC-Himmel zu vertreiben. Von steigenden Marktzahlen war die Rede, von neuen Märkten und innovativen Geschäftsideen für den Fachhandel. Hewlett-Packard, Compaq und IBM nahmen den Kongreß zum Anlaß, ihre Strategien im indirekten Kanal zu präzisieren, Big Blue überraschte gar mit der Ankündigung, das PC-Geschäft in Zukunft ausschließlich über Partner laufen zu lassen.Karl Pohler, Sprecher der Geschäftsführung der Computer 2000 Deutschland GmbH legte sich bei seiner Begrüßungsrede mächtig ins Zeug: Zu der Filmmusik von "Mission Impossible" prangerte er die miesepetrige Stimmung an, die die Presse in letzter Zeit im Computermarkt verbreitet habe. Dabei sehe doch alles ganz rosig aus: "Der PC-Markt Deutschland wird in den nächsten drei Jahren durchschnittlich um 15 Prozent wachsen", prophezeite Pohler vor rund 250 Zuhörern, die sich vor der Bühne der Münchener Zenith-Halle versammelt hatten. 1996, so der C2000-Vordere, könne der PC-Business-Markt laut Dataquest hierzulande ein Wachstum von 15 Prozent erwarten, der Home-Bereich allerdings werde um etwa fünf Prozent sinken.

MÜNCHEN: Auf dem 3. Computer 2000-Congress (19. bis 20. September 1996) in München bemühten sich der Distributor und seine IT-Lieferanten, die dunklen Wolken am PC-Himmel zu vertreiben. Von steigenden Marktzahlen war die Rede, von neuen Märkten und innovativen Geschäftsideen für den Fachhandel. Hewlett-Packard, Compaq und IBM nahmen den Kongreß zum Anlaß, ihre Strategien im indirekten Kanal zu präzisieren, Big Blue überraschte gar mit der Ankündigung, das PC-Geschäft in Zukunft ausschließlich über Partner laufen zu lassen.Karl Pohler, Sprecher der Geschäftsführung der Computer 2000 Deutschland GmbH legte sich bei seiner Begrüßungsrede mächtig ins Zeug: Zu der Filmmusik von "Mission Impossible" prangerte er die miesepetrige Stimmung an, die die Presse in letzter Zeit im Computermarkt verbreitet habe. Dabei sehe doch alles ganz rosig aus: "Der PC-Markt Deutschland wird in den nächsten drei Jahren durchschnittlich um 15 Prozent wachsen", prophezeite Pohler vor rund 250 Zuhörern, die sich vor der Bühne der Münchener Zenith-Halle versammelt hatten. 1996, so der C2000-Vordere, könne der PC-Business-Markt laut Dataquest hierzulande ein Wachstum von 15 Prozent erwarten, der Home-Bereich allerdings werde um etwa fünf Prozent sinken.

Pohler lobte zudem seine IT-Lieferanten wie IBM, Sun oder Digital: Solche Hersteller hätten durch die stärkere Konzentration auf den indirekten Kanal ihre Profite verbessern können.

Dem steigenden Konkurrenzdruck unter Distributoren widmete Pohler nur einige kurze Sätze, die aber zeigen, daß sich auch Computer 2000 auf die heiße Phase vorbereitet: "Der Shakeout bei den Distributoren hat begonnen", kommentierte er die derzeitige Wettbewerbssituation. Um am Ende des Gerangels, der Übernahmen und Geschäftsaufgaben heil und profitabel dazustehen, heißt die Computer-2000-Devise laut Pohler: "Kundenzufriedenheit ist unsere oberste Maxime".

Doch bei seiner Rede traf der Vorstandssprecher den Nerv seiner Klientel nicht immer genau. Als er beispielsweise auf der Bühne den Geburtstag von Windows 95 pries und denselben mit einem fröhlichen "Das ist schon einen kräftigen Applaus wert!" vom Auditorium beklatscht sehen wollte, herrschte in den Zuschauerreihen lähmende Stille - nur das eine oder andere verschämte Grinsen zeigte an, daß ihn seine Händler sehr wohl verstanden hatten.

Sichtlich indigniert wandte sich Pohler daraufhin wieder den Marktprognosen zu: Client-Server-Betriebssysteme gingen in Midrange über, das Internet öffne verheißungsvolle Märkte, auch wenn im Home-Bereich noch niemand den "Dreh gefunden hat, wie man damit Geld verdienen kann", wie Pohler bedauerte. Vielversprechend sei dagegen das Intranet. "Insgesamt besteht überhaupt kein Grund, Trübsal zu blasen", so sein Fazit.

Das fanden dann auch die Redner von Hewlett-Packard, Compaq und IBM.

Hewlett-Packard: Auch der Handel muß sich auf den schnellen Wandel im PC-Markt besser einstellen

Josh Brenkel, der europaweit für den Bereich PC Market for Resellers von HP verantwortlich zeichnet, sieht es als vorrangige Aufgabe des PC-Wiederverkäufers an, die derzeit absehbaren Veränderungen des Marktes zu seinen Gunsten zu nutzen. Umdenken sei vor allem bei der Organisation vonnöten: "Die Softwaretechnologie verändert sich beispielsweise zu einem Zeitpunkt, wo sich der Chipbereich gerade nicht ändert. Oder es gibt Innovationen im Chipbereich, während die Harddisks gleichbleiben: Man muß darauf vorbereitet sein, daß sich Verschiebungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlichen Produktsegmenten ereignen", erläutert Brenkel. "Wir müssen lernen, damit zu leben."

Die Produktzyklen hätten sich mittlerweile auf rund neun Monate verkürzt - und auch in Zukunft würde HP weiterhin den Marktanforderungen mit immer neuen Produkten entsprechen. "Die Lieferfähigkeit ist dabei ganz entscheidend, um sich vom Wettbewerb absetzen zu können", so seine Ermahnung. Der Handel müsse also die Systeme weitestgehend verfügbar haben. HP werde seine Partner dabei natürlich nach Kräften unterstützen. "Im Gegensatz zu den meisten anderen PC-Herstellern, die zumeist höchstens 70 Prozent ihres Vertriebs über den indirekten Kanal abwickeln, liegt dieser Anteil bei uns bei 95 Prozent, demnächst bei 100. Wir sind vollkommen auf unsere Vertriebspartner angewiesen." So bei der Ehre gepackt, machte sich bei den Zuhörern offenbar Solidarität breit, viele nickten und machten Notizen - eine absolute Ausnahmeerscheinung während aller Vorträge auf dem Kongreß.

"Den PC-Markt als solchen gibt es gar nicht", behauptet Brenkel. "Wir sprechen hier über vier verschiedene Märkte: den Corporate-Workgroup-Bereich, den Heimanwender-Markt, Soho und die Mobilrechner. Und überall machen sich derzeit die angesprochenen Veränderungen breit: Nahezu jeder Hersteller, der im PC-Geschäft ist, produziert jetzt auch Server. Wer einstmals nur Stand-alone-Desktop-PCs angeboten hat, muß sich jetzt darauf einstellen, daß 80 Prozent der Computer in den Unternehmen in ein Netzwerk eingebunden sind und muß seine Geräte entsprechend ausrüsten. Der Mobilrechner-Bereich wird über kurz oder lang im Corporate-Workgroup-Markt aufgehen." Deshalb, so sein Aufruf an die Händler, müsse sich auch der Vertriebskanal auf die neuen Gegebenheiten einrichten, um wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Die besten Verdienstmöglichkeiten ortet Brenkel, wie die meisten seiner Wettbewerber, im Dienstleistungsumfeld: "Der Servicebereich bringt das große Geld", hofft der HPler und verspricht dem deutschen Handel größere Investitionen seines Unternehmens in diesen Bereich.

Insgesamt liegt Hewlett-Packard laut Brenkel mit seinem PC-Geschäft weltweit mittlerweile auf Rang 5, in Europa auf Platz 3. 1,5 Millionen PCs habe sein Unternehmen im vergangenen Jahr allein in Europa abgesetzt. Für Deutschland steht die Zielvorgabe bereits fest: "Im Umsatzbereich wollen wir hier im kommenden Jahr unter die Top 5, für unsere verkauften Stückzahlen wollen wir unter die Top 4."

Compaq: Gute Chancen für Vertriebspartner durch

Erschließung neuer Märkte

Nach so viel Information stürmten die meisten Anwesenden nach dem HP-Vortrag das Buffet, das Weißbier floß in Strömen und so verwundert es nicht, daß Kurt Dobitsch, Vice-President von Compaq, sich mit einem zahlenmäßig weniger präsenten Publikum konfrontiert sah.

Auch Dobitsch wies in seiner Rede auf die turbulente Entwicklung bei der Produktentwicklung und die schnelle Wandlung der IT-Märkte hin.

Erfreuliche Trends machte der Compaq-Chef unter anderem beim Kaufverhalten der Kunden aus: "1996 haben die Informationstechnologie-Nutzer mehr als 60 Prozent ihrer Investitionen in PC-relevante Produkte gesteckt. Sehr positiv ist auch, daß sich viele Systemhäuser, die bislang stark im Unix- und proprietären Markt verwurzelt waren, jetzt umstellen." Zurückblickend auf das letzte Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 1996 stellt Dobitsch fest, daß zur Zeit rund 30 Prozent der SAP-Projekte auf PC-Plattformen durchgeführt werden - und daß Compaq an diesen 30 Prozent mit 50 Prozent Marktanteil beteiligt ist. Das sei - entgegen der Unkenrufe des Marktes im Vorfeld - durch die Kompetenz der Compaq-Vermarktungspartner erreicht worden.

Nicht ganz so glücklich dürfte der Handel die Botschaft Dobitschs aufgenommen haben, daß es bei der Massenvernetzung zwar auch in Zukunft zu deutlichen Steigerungen der Bandbreiten kommen wird - was allerdings einhergehe mit einem extremen Preisverfall.

"Um ein strategischer IT-Lieferant von morgen zu sein, müssen wir noch mehr tun", nimmt sich Dobitsch trotz guter Marktpositionierung (weltweit Rang 5 unter den PC-Herstellern) vor. Compaq habe deshalb gezielte Geschäftsfeld-Erweiterungen beschlossen. Außer dem Ausbau des traditionellen Geschäftsbereichs, der PC-Hardware, werden weitere Segmente (siehe Grafik) angestrebt: "Im Workstations-Umfeld wollen wir mit Windows NT das dort im Moment noch durch Unix dominierte und bestimmte Preis-/Leistungsverhältnis neu definieren", kündigt Dobitsch als Beispiel für seine neuen Pläne an.

"Wir sind überzeugt, daß wir uns gut in fünf Zukunftsmärkten positionieren können", faßt Dobitsch zusammen. "Nämlich im gesamten Internet-/Intranet-Bereich, in der unternehmensweiten Information, im Markt des Mittelstandes, im interaktiven, digitalen Zuhause und in Mobile Computing/Mobile Communication. Für diesen Weg brauchen wir unsere Partner absolut dringend."

Zukunftsweisende, heterogene IT-Gesamtlösungen, so Dobitsch, würden jetzt nur noch und ausschließlich von herstellerunabhängigen Integratoren und Systemhäusern kommen. Erste Adressen seien nicht mehr die Hersteller. Daher sein Aufruf an die anwesenden Händler: "Nutzen Sie die Kompetenz dieser Häuser für das Lösungsgeschäft, bauen Sie selber Ihre Kompetenzen laufend aus, dann sind für Sie wunderbare Geschäftswege offen."

IBM: PCs werden in Zukunft komplett über Partner vertrieben

Die überraschendste Strategieentscheidung kam sicherlich von Edmund Hug, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der IBM Deutschland GmbH: "IBM vertreibt seine PCs ausschließlich über seine Partner, die Strukturierung dazu läuft bereits", äußerte er während seines Vortrags am zweiten Kongreßtag. Auch wenn der eine oder andere Zuhörer ungläubig den Kopf schüttelte, schien dieses Statement die Stimmung der Anwesenden zu heben, vereinzelt wurde sogar Applaus laut.

Vorgesehen sei eine Vertriebsstruktur mit rund 40 oder 50 Systempartnern mit eigenem Know-how und eigenen Beratern, die in den Vorzug einer Direktbetreuung durch den Hersteller kommen. In der Distributorenlandschaft seien keine großen Veränderungen zu erwarten, fünf würden für den Weiterverkauf von IBM-PCs ausreichen. Im Mittelstand, wo es nach Aussagen von Hug bei der IBM noch einiges nachzuholen gäbe - "wir müssen diesen Bereich dramatisch verstärken", so seine Aussage - werden rund 70 bis 80 IBM-Fachhändler gefordert sein, die die Produkte über die Distributoren beziehen, im Marketing aber durch IBM direkt unterstützt werden sollen.

Insgesamt werde der Fokus auch beim Vertrieb der restlichen IBM-Systempalette - der laut Hug einmal zu 70 Prozent durch die IBM-Mannschaften abgedeckt wurde - nun auf den indirekten Kanal gelenkt. Nur Großkunden werden - außerhalb des PC-Geschäftes, versteht sich - noch durch die IBM beliefert und betreut, mittlere und kleine Kunden durch die Fachhändler. Die alte IBM-Vertriebsmannschaft würde allerdings nicht ausgemustert, versicherte Hug, sondern sollte die Partner beim Marketing unterstützen. "Einiges muß sich noch entwickeln, wir müssen noch viel lernen", beschwichtigte er etwaige Einwände aus dem Publikum. Das honorierte so viel Einsicht auch mit kräftigem Applaus.

Das Fachpublikum erwies sich als vergnügungssüchtig

Da das Podium für diese Referate ohne Trennwand zur kongreßbegleitenden Ausstellung von 50 Herstellern aufgebaut war, ist schwer zu sagen, wieviel der insgesamt 1.700 anwesenden Fachhandelspartner (Schätzung Computer 2000) den Darbietungen der Redner tatsächlich Aufmerksamkeit schenkten. Doch mehr als zwei- oder dreihundert Zuhörer konnte keiner der Top-Redner auf die Sitzplätze vor der Bühne locken. Die parallel zueinander laufenden, zum Teil sehr interessanten Fachvorträge in den Räumen der Zenith-Halle waren zwar zumeist überlaufen, was aber eher auf den dort herrschenden Platzmangel zurückzuführen war (zudem machte der Geräuschpegel aus der Haupthalle das Zuhören leider oft zur Tortur!).

"Ich betrachte die Veranstaltung hier mehr als Kontaktbörse, jeder der Aussteller hier will uns Händler ja irgendwie als Kunden für sich oder seinen Distributor gewinnen", erklärt ein PC-Verkäufer aus dem süddeutschen Raum seine sichtliche Unlust, sich von der Theke weg hin in die Seminarräume zu begeben. "Wer mich sucht, der findet mich hier."

Ganz anders sah es aus, als Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenige und Karl Hopfner leibhaftig auf der Bühne erschienen, um sich unter dem Motto "Der FC Bayern - Vom Verein zum Unternehmen" in Szene zu setzen.

Überhaupt schien das Vergnügen Vorrang zu genießen für die Vertriebspartner: Die Tatsache, daß der zweite Kongreß-Tag sehr viel schlechter besucht war, als der erste, erklärten sich die meisten Aussteller damit, daß die feuchtfröhliche, sehr gut besuchte Computer-2000-Fete am Vorabend wohl so ihre Opfer gefordert hätte. (du)

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