97 Prozent der Mitarbeiter surfen während des Dienstes privat im Netz

30.11.2000
Wenn Mitarbeiter am Arbeitsplatz privat im Internet surfen, ist das zum einen gefährlich, und zum anderen kostet es Geld, belastet die Ressourcen und senkt die Produktivität. Hans-Günther Brosius* erläutert das Für und Wider von Internet-Filtern.

Nach einem Erlass, der bereits aufgrund massiver Proteste zurückgezogen werden musste, sollte ab 1. Januar kommenden Jahres jeder Arbeitnehmer, der nicht durch technische Einschränkungen am privaten Surfen gehindert ist, detailliert Protokoll über Datum, Uhrzeit und Dauer sowie Web-Adressen und dienstlichen Anlass seines Internet-Besuches führen. Ansonsten sollte die private Nutzung des dienstlichen Internet-Zugangs als geldwerter Vorteil gelten - wie auch seit dem 1. Juli 2000 die private Nutzung des Firmenhandys.

Private Surftouren belasten die Netz-Ressourcen

Auch wenn dieser Kelch vorerst an Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorbeigegangen ist, hat doch jedes Unternehmen ein ureigenes Interesse, die Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz zu regulieren. In einer Untersuchung des amerikanischen Karriere-E-Zines Vault gaben fast 32 Prozent der befragten Büroarbeiter an, das Internet auch während der Arbeitszeit regelmäßig zu nutzen. Nur 9,7 Prozent beschränkten sich angeblich auf rein dienstliche Web-Besuche. Andere Untersuchungen wie beispielsweise eine Erhebung des FBI kommen zu noch viel dramatischeren Ausmaßen von weniger als drei Prozent - eine Zahl, die wohl eher den Erfahrungen der Systemverwalter hierzulande entspricht. Die am häufigsten angesteuerten Seiten gehören nicht überraschend den Kategorien Sex, Sport und Nachrichten an, dicht gefolgt von Börse und Einkaufen.

Dass es sich dabei nicht um ein Kavaliersdelikt, sondern um eine handfeste Schädigung des Brötchengebers in gleich mehrfacher Hinsicht handelt, sehen die meisten zumindest ein: 56,6 Prozent der Befragten waren sich bewusst, dass privates Surfen die Produktivität senke, und immerhin fast 57 Prozent räumten ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer systematischen Überwachung der Online-Aktivitäten ein. Dabei steht gerade in Deutschland nicht die Kontrolle mit den Folgen einer Abmahnung oder sogar Kündigung im Vordergrund. Vielmehr ist es die Kostenexplosion der Internet-Verbindungen, die die Unternehmen nach Lösungen suchen lässt, um die unendlichen Weiten des WWW nach ihren Richtlinien zumindest während der Arbeitszeit zu begrenzen.

Aus Angst vor den nicht abzusehenden Folgen stellen nicht wenige Firmen erst gar nicht allen Mitarbeitern einen Internet-An- schluss zur Verfügung. Musikdateien, einschlägige Bilder oder Spiele sind nicht nur des Arbeitnehmers liebster Zeitvertreib, sondern belasten gleichzeitig auch die Netzressourcen. Der Fall eines Mitarbeiters der Dresdner Bank ist sicherlich die Ausnahme: Der Motorradfan hatte per E-Mail zu einer Veranstaltung der Betriebssportgruppe eingeladen und die digitale Post mit einem eingescannten Bild verschönert. Leider hatte er es zu gut gemeint und an alle geschrieben - inklusive der Niederlassungen und Auslandstöchter kamen so sekundenschnell 45.000 E-Mails zusammen. Das Netz brach zusammen, die Techniker waren stundenlang mit Schadensbegrenzung beschäftigt.

Da die Kosten für die Online-Verbindung üblicherweise nach dem Datenvolumen berechnet werden, schlägt sich der Privatgebrauch schnell in Heller und Pfennig nieder, auch wenn nicht gleich alles zusammenbricht. Noch viel teurer ist es allerdings, wenn sich Mitarbeiter stundenlang mit digitalem Entertainment, statt ihren eigentlichen Aufgaben beschäftigen: Die Produktivität sinkt - mit direkten Auswirkungen auf den Umsatz. Und noch eine Nebenwirkung fürchten die Systemverwalter: Durch das unbedachte Herunterladen und Versenden von Bildern und Programmen gelangen Viren, Trojanische Pferde und andere schädliche Programme ins Firmennetz. Gute Gründe also, auch ohne Hans Eichels Gesetz nach Lösungen zu suchen, um dieses Treiben zumindest einzuschränken, wenn nicht gar ganz zu unterbinden.

Keine Filter ohne Kommunikation mit den Mitarbeitern

Unternehmensweite Filterprogramme bieten flexible Möglichkeiten, bestimmten Gruppen oder Personen den Zugriff auf bestimmte Kategorien von Web-Inhalten immer oder zu festgelegten Zeiten - beispielsweise während der Arbeitszeit - zu verwehren. Vor der Einführung im Betrieb muss sich deshalb zunächst die Unternehmensleitung Gedanken machen, in welchem Umfang sie die Nutzung der neuen Medien zulassen will. Eine totale Einschränkung ist schließlich nicht sinnvoll, wenn gleichzeitig ein professioneller Umgang mit den digitalen Möglichkeiten erwartet wird. Wichtig ist als nächster Schritt nicht nur, die Technik einzubeziehen, sondern vor allem die Personalabteilung respektive den Betriebsrat. Vor der Implementierung von Internet-Filtern sollte eine aktive Kommunikation der geplanten Maßnahmen im Unternehmen stattfinden, um die Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren und um etwaige Ängste zu zerstreuen. Eine Betriebsvereinbarung oder ein Zusatz zum Arbeitsvertrag bietet dann eine verlässliche rechtliche Grundlage.

*Hans-Günther Brosius ist Regional Director Symantec Central Europe.

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