Acht Monate nach der Übernahme: Comtech wieder in Schwierigkeiten

13.03.2003
Acht Monate nach der Übernahme durch Trend-e-pak ist die Comtech-Kette wieder in Schwierigkeiten: Mitarbeiter behaupten, seit Monaten kein Gehalt und keine Warenlieferungen mehr bekommen zu haben, einige Filialen wurden mangels Umsatz bereits geschlossen. Geschäftsführer Michael Märtens soll nun auf der Suche nach einem neuen Investor sein.

Die Comtech-Filiale in Kempten ist seit einigen Tagen "wegen technischer EDV-Probleme vorübergehend geschlossen". Auch in Nürnberg, Karlsruhe, Tübingen, Dortmund und München stehen die Kunden vor verschlossenen Türen, in Dresden und Köln ist niemand erreichbar. Es scheint, dass sich die PC-Kette acht Monate nach ihrem Verkauf einen äußerst komplizierten Virus eingefangen hat.

"Wir freuen uns, dass wir mit dem Verkauf von Comtech an die Trend-e-pak-Gruppe über 300 Arbeitsplätze erhalten konnten", sagte im August 2002 der damalige Comtech-Geschäftsführer Gerhard Mohr. Noch Mitte Juli hatte die damalige Mutter, der Mobilcom-Konzern, die bevorstehende Schließung der Kette angekündigt. Als Retter in der Not erschien in letzter Minute der Unternehmer Michael Märtens. Er übernahm 52 Filialen, 325 Mitarbeiter und den dazugehörigen Schuldenberg. "Für uns ist die Übernahme von Comtech ein wichtiger Schritt vom regionalen zum deutschlandweiten Anbieter von PC- und IT-Lösungen", so der Trend-e-pak-Inhaber und Geschäftsführer bei der Übergabe.

Zentrale ließ Waren in der Nacht abholen

Michael Märtens' Vision steht in diesen Tagen auf der Kippe: Das "technisches Problem" sieht nämlich vielerorts so aus, dass es gar keine EDV mehr gibt, die verkauft werden könnte: In mindestens fünf Filialen, so berichten Mitarbeiter, wurde die Ware in den vergangenen Tagen auf Anweisung des neuen Mutterhauses abgeholt. "Ich habe gedacht, der Laden ist ausgeraubt worden", erzählt Alexander Mavromatidis aus Tübingen. Sein Laden sei über Nacht leer geräumt worden. Sogar Kundengeräte und damit fremdes Eigentum habe die Spedition eingepackt. Er und andere betroffene Filialleiter beteuern, man habe sie im Vorfeld nicht informiert. Die Ware sei auf andere Filialen verteilt worden, heißt es in einer knappen Stellungnahme von Trend-e-pak. Vielleicht, so mutmaßt einer der Betroffenen, würden die Geschäfte derzeit in anderen Vertriebskanälen besser laufen: "Unsere Läden haben zwar keine Ware mehr, dafür setzt Herr Märtens ziemlich viel über Ebay ab."

Dabei hatte der Manager mit Comtech doch so Großes vor: Auf Dauer werde es nicht bei 62 Filialen bleiben, prognostizierte Märtens bei der Übergabe: "Wir streben eine höhere Dichte im Bundesgebiet an." Er sicherte die Erhaltung der 52 Standorte zu: "Aber eventuell werden wir in einigen Fällen neue Läden anmieten." Inzwischen sei durchgesickert, dass auch der Laden in Tübingen geschlossen wird, erzählt nun ein Mitarbeiter. "Damit hat keiner gerechnet." Schließlich sei man doch schon ausgedünnt worden: "52 Filialen sind es schon lange nicht mehr." Auch die Mitarbeiterzahl sei in den vergangenen Monaten deutlich geschrumpft. Welche Strategie Märtens derzeit fahre, sei nicht bekannt: "Seit der Übernahme hat sich die Zentrale genau zwei Mal per Mail bei uns gemeldet. Persönliche Kontakte gibt es schon seit Monaten nicht mehr."

Offenbar fließen die Informationen auch bei Trend-e-pak nur spärlich. Personalchef Karl-Heinz Heuer gab, vom "Schwäbischen Tagblatt" zur nächtlichen Räumungsaktion befragt, zu Protokoll, dass im Ort lediglich ein anderes Ladenlokal bezogen werden sollte. Ein Umzug mitten in der Nacht? "Das liegt an der Toureneinteilung", erklärte Heuer. Tatsächlich erschien die Spedition in Karlsruhe erst im Morgengrauen.

Comtech-Übernahme: David kauft Goliath

In der Branche ist Michael Märtens im August 2002 noch ein Unbekannter. Der Manager sah das anders: Seine Firma sei seit der Gründung 1996 zu einer "mittelständischen Unternehmensgruppe" angewachsen, so die Eigenwerbung. Hinter der Tochter "Max-e-Mall" verbirgt sich laut Homepage die Verkaufsorganisation, "Cashlogs" ist für Zahlungssicherung im E-Commerce zuständig, die "Neue Welten Media" ist die "Kreativabteilung" der Gruppe. "Trend-i-pak" hat maßgeschneiderte Angebote wie "Warenproben, Gutscheine, Anzeigen" vorzuweisen, "Fashion-1-Art" bietet "aktuelle Mode zu sensationellen Preisen" und mit "Trend-e-data" ist auch ein Systemhaus im Portfolio. Ein Schiffsmaklerbüro gehört ebenfalls dazu. Der Manager selbst bezifferte den Umsatz von Trend-e-pak für das Jahr 2000 auf 17 Millionen Mark, 2001 auf 12,5 Millionen Euro. Die Zahl seiner Mitarbeiter gibt er zum Zeitpunkt der Übernahme mit 25 an.

Man fragte sich 2002 in der IT-Branche nicht nur, wie Mode, Schiffe und EDV zusammenpassen, sondern auch, was Herr Märtens mit Comtech eigentlich will. Und vor allem, wie er die Gehälter von nunmehr 350 Mitarbeitern zu stemmen gedenkt. "Wir haben eine sehr gute Lösung gefunden und können das aus hausinternen Mitteln finanzieren", sagt Märtens da noch gut gelaunt. Die Frage, woher der Geldsegen für die Fortführung der PC-Kette kommen soll, blieb unbeantwortet.

Offenbar hat der Manager bis heute keine Antwort auf diese Frage gefunden. Ein Insider behauptet, dass einige der Mitarbeiter bereits seit Dezember 2002 kein Gehalt mehr erhalten - "abgesehen von einer Abschlagszahlung über 400 Euro", wie es in dem Schreiben, das ComputerPartner vorliegt, heißt. Die Mieten für die Filialen seien zum Teil ebenfalls nicht bezahlt worden. Manche hätten zudem seit Monaten keine Warenlieferungen mehr erhalten, weshalb auch kein Umsatz gemacht worden sei. "In einer Filiale lag der Wochenumsatz zuletzt bei 50 Euro", will ein Branchenbeobachter wissen. Märtens soll außerdem die Bonitätsprüfung bei diversen Lieferanten nicht bestanden haben.

Mitarbeiter wollen Gehälter einklagen

Die befragten Mitarbeiter bestätigen, dass an den Behauptungen "sehr viel Substanz ist". Einige von ihnen haben nach eigener Aussage inzwischen sogar juristische Schritte unternommen, um die ausstehenden Gehälter einzuklagen. "Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Mein Geld reicht noch genau für zwei Wochen. Wenn man mir kündigen würde, könnte ich wenigstens zum Arbeitsamt gehen", so einer der Betroffenen gegenüber ComputerPartner. Bislang habe die Zentrale jedoch nicht mal auf Anfragen des Rechtsanwalts reagiert: "Wahrscheinlich hoffen die, dass ich selber kündige und sie sich die Abfindung sparen können."

Es drängt sich die Frage auf - damals wie heute -, wieso ein re-lativ kleines Unternehmen wie Trend-e-pak den Zuschlag für eine so gewaltige Aufgabe bekommen hat. Die Antwort von Mobilcom-Mitarbeiter Wilhelm Fuchs im August: "Trend-e-pak ist auf uns zugekommen. Das Unternehmen hat ein überzeugendes Konzept präsentiert, das die Arbeitsplätze sichert." Heute geht man auf Distanz. "Mobilcom hat im August des vergangen Jahres die Comtech Computersysteme GmbH und die Comtech 2001 Computersysteme GmbH verkauft. Mit dem Verkauf ist für Mobilcom das Kapitel Comtech abgeschlossen", erklärt Mobilcom-Sprecher Torsten Kollande heute. Von möglichen Schwierigkeiten des Unternehmens wisse man nichts und könne daher auch nichts dazu sagen.

Muss Ex-Mutter Mobilcom einspringen?

Das sieht der Mobilcom-Betriebsrat anders. Man habe von Comtech-Mitarbeitern bereits im September 2002 von ersten Zahlungsschwierigkeiten des neuen Arbeitgebers gehört und den eigenen Vorstand darüber informiert. Im Januar habe es das letzte Gespräch über die Schwierigkeiten der Ex-Tochter gegeben. Es gelte schließlich, eine brisante Frage zu klären: nämlich, ob die Mitte Juli 2002 geschlossene Betriebsvereinbarung für die Comtech-Mitarbeiter heute noch greife.

Während sich der neue PC-Ketten-Besitzer Märtens bei den finanziellen Belangen im Sommer 2002 noch verschlossen zeigte, waren seine strategischen Pläne und Ziele klar: "Der Name Comtech bleibt auf jeden Fall erhalten. Schwerpunkt wird wieder IT-Hardware mit intensiver Beratung und einem neuen Servicebereich. Von der Telekommunikation werden wir uns verabschieden." Gerade das neue Servicekonzept soll den Laden wieder nach vorne bringen: "Klar, es gibt derzeit viel Gestöhne an der Consumer-Front. Aber unser Konzept wird sehr positiv im Markt ankommen."

Über solche Aussagen wundert sich der Wettbewerb noch heute: "TK raus, PCs rein - das ist keine besonders prickelnde Strategie - falls man das als solche überhaupt bezeichnen kann." Ein anderer Manager sieht es noch dramatischer: "Seit Märtens eingestiegen ist, ist Comtech endgültig in die Bedeutungslosigkeit abgestiegen." Märtens sei zwar von sich überzeugt, heißt es im IT-Umfeld, doch "sein Kartenhaus fällt jetzt in sich zusammen".

Michael Märtens war bis Redaktionsschluss nicht bereit, sich zur aktuellen Situation zu äußern. Seine Vision von einer bundesweiten erfolgreichen PC-Kette hat er aber offenbar noch nicht aufgegeben: Wie man hört, ist er auf der Suche nach einem möglichen Investor. (mf)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar auf Seite 8.

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