Es gilt das gesprochene Wort

Anleger muss Berater vertrauen können

11.03.2013
Ein Kapitalanleger handelt nicht grob fahrlässig, wenn er im Vertrauen auf eine mündliche Beratung schriftlichen Risikohinweisen nicht nachgeht.
Bei der Beratung zur Geldanlage gilt das gesprochene Wort.
Bei der Beratung zur Geldanlage gilt das gesprochene Wort.
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Ein Anleger verkennt einen Beratungsfehler des Anlageberaters nicht grob fahrlässig, wenn er die im Zeichnungsschein enthaltenen pauschalen Hinweise auf eine "nicht mündelsichere Kapitalanlage" und im Anlageprospekt abgedruckte Risikohinweise nicht zum Anlass genommen hat, die mündlichen Empfehlungen und Informationen des Anlageberaters zu hinterfragen und auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

Das, so der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses "Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht" der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 29.01.2013 hat der 34. Zivilsenat des OLG mit Beschluss vom 03.01.2013 (Az. I-34 W 173/12) entschieden und dem Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin für eine Schadensersatzklage stattgegeben.

Im März 2004 beteiligte sich die seinerzeit 19 Jahre alte, erwerbslose Klägerin nach Beratung und auf Empfehlung des Beklagten, einem im Landgerichtsbezirk Hagen ansässigen selbständigen Finanzdienstleister, an einem geschlossenen Leasingfonds, der als sog. "blind Pool" ausgestaltet und als "Steuersparmodell" insbesondere auf die Erzielung hoher steuerlicher Verlustzuweisungen ausgerichtet war. Die Klägerin hatte den angelegten Geldbetrag in Höhe von 50.000 € nach dem Tode ihrer Eltern geerbt und wollte diesen für die Zukunft gut und sicher angelegt wissen. Die Kapitalanlage führte zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

Die Klägerin hat Prozesskostenhilfe für eine im Jahr 2012 gegen den Beklagten erhobene Schadensersatzklage begehrt. Dieser habe ihr - so die Klägerin - die Beteiligung als sichere Kapitalanlage empfohlen und auf Risiken nicht hingewiesen. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und gemeint, angesichts der im Jahre 2004 durchgeführten Beratung sei die dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung vollendet gewesen.

Der 34. Zivilsenat hat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt, so Kroll.

Von einer Verjährung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs sei nicht auszugehen. Dass die Klägerin die Hinweise im Zeichnungsschein nicht zum Anlass genommen habe, die von ihr behauptete Falschberatung des Beklagten zu hinterfragen, rechtfertige nicht den Vorwurf einer den Beginn der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auslösenden grob fahrlässigen Unkenntnis. Die pauschalen Hinweise im Zeichnungsschein seien schon für sich genommen inhaltlich wenig aussagekräftig und insgesamt nicht geeignet, einem "durchschnittlichen Anleger", geschweige denn einem unerfahrenen Anleger wie der Klägerin, die Anlagerisiken verständlich vor Augen zu führen.

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