Deutschland ist E-Geld-Muffel

"Apple Pay in Deutschland? Nicht vor 2017"

Tillmann Braun ist freier Journalist und Kommunikationsberater für non-profit Organisationen und Unternehmen. Sein Fachgebiet sind innovative IT-Lösungen für die Vernetzung von Menschen und Maschinen. Zu seinen Spezialthemen gehören intelligente (Heim-)Netzwerke, Machine-to-Machine-Kommunikation, Mobile Payment, IT-Strategien und vielfältig einsetzbare Kommunikationssysteme.

Wo steht Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern?

Damit holt Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern langsam aber sicher auf. Frankreich, ursprünglich der Vorreiter des kontaktlosen Bezahlen mit dem Handy, dürfte mittlerweile auf einem Level mit Deutschland liegen. Die Zugpferde heißen Spanien und das Vereinigte Königreich mit seinem Parade-Beispiel TfL ( Transport for London). Hier kann man schon seit Jahren für die U-Bahn und den Bus kontaktlos bezahlen. Nicht umsonst sind die beiden Länder so auch die ersten Anlaufstellen für Apple Pay in Europa.

Mit der Einführung von Apple Pay gelten die USA in den Augen der Öffentlichkeit häufig als Überflieger im Bereich des kontaktlosen Bezahlens. Dabei ist man nicht nur in Spanien und UK, sondern auch in Polen sowie Australien oder auch Fernost deutlich weiter. In den USA steht man derzeit unter anderem vor der Herausforderung, die Umstellung von Magnetstreifen auf Chip zu bewerkstelligen.

Ob Deutschland für Apple Pay ein interessanter Markt ist, muss sich erst noch zeigen. Der Handel ist im Prinzip vorbereitet. Und selbst die Händler, die zurzeit keine kontaktlosen Kreditkarten akzeptieren, würden voraussichtlich innerhalb kürzester Zeit umschwenken – auch die, die nun auf Payback Pay setzen. Kreditkarten sind zwar immer noch teurer, aber durch die Regulierung ist der Abstand zur Girocard für den Handel nicht mehr so groß.

Ein größeres Problem ist dagegen, dass Apple in Deutschland nach Geräten lediglich einen Marktanteil von unter 20 Prozent hat. Denkbar ist, dass sich dies durch Apple Pay ändert. Zunächst müssen jedoch die Banken mitspielen. Sobald eine Bank aus der Verweigerungshaltung ausschert, dürfte das Problem gelöst sein. Denn dann werden wohl auch alle anderen Banken folgen, das konnte man bereits in UK, Australien und Kanada beobachten.

Geschäftsbedingungen für Apple Pay

Vor der Einführung von Apple Pay in Deutschland steht zunächst ein kommerzielles Problem. In den USA zahlen die Banken 0,15 Prozent einer Kreditkarten-Transaktion an Apple. Allerdings sind die Kartengebühren für die Banken in den USA wesentlich höher. Nach der Regulierung bekommt die Bank 0,3 Prozent. Wenn in Europa die gleichen Preise kommen wie in den USA, liefe dies also gerade einmal auf die Hälfte hinaus. Wie viel Apple in UK verlangt, ist bislang leider nicht bekannt.

Nach einer kommerziellen Einigung muss mit der technischen Integration die nächste Hürde genommen werden. „Auch wenn bei Apple Pay die Integration durch die Tokenisation wesentlich einfacher ist: mit ca. 6 Monaten muss eine Bank schon rechnen – eventuell sogar länger“, prognostiziert Rudolf Linsenbarth vom Beratungsunternehmen Cocus. „Daher ist 2016 für einen Deutschland-Launch von Apple Pay nahezu ausgeschlossen“, ist sich Linsenbarth sicher.

Denkbar wäre auch, dass Apple Pay wie in Kanada, Australien und Spanien erst einmal nur mit AMEX in den deutschen Markt geht. Allerdings ist die AMEX-Karte nicht stark verbreitet. Und von den Händlern, die AMEX akzeptieren, haben die wichtigsten noch nicht auf kontaktloses Bezahlen umgestellt. Hinzu kommt, dass dm, real und REWE derzeit Payback Pay einführen, das auf einem günstigen Lastschriftverfahren basiert. Folglich wären die Unternehmen wohl wenig begeistert, wenn ihnen der Payback-Mutterkonzern AMEX mit einem Apple-Pay-Launch plötzlich in die Parade fährt.

Vor diesen Hintergründen ist davon auszugehen, dass Apple Pay nicht vor 2017 nach Deutschland kommt. Viel länger sollte es dann allerdings nicht mehr dauern.

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