Apple-Vetriebspolitik unter Beschuss

26.11.1998

FELDKIRCHEN: Mit harscher Kritik wird Apple-Chef Dewald bombardiert. Weil er nur mehr über zwei Distributoren den Fachhandel beliefern will. Und weil der Fachhandel sich fragt, ob Apple nicht das neue Vertrauen bei professionellen Kunden zugunsten der neuen Retailstrategie niedertritt.Ex-Apple-Distributor Schuh klagt jetzt vor Gericht auf Schadensersatz, nachdem er in erster Instanz mit seiner Klage, vertragswidrig als Apple-Distributor gekündigt worden zu sein, gegenüber Apple Holland Recht bekommen hat; Ingram-Interims-Chef Michael Dressen verweist düster auf geltendes EU-Recht, wenn er über weitere Maßnahmen gegen Apple Deutschland nachsinnt, und Prisma-Geschäftsführer Detlef Schmuck, neuerdings nur mehr Apple-Software-Distributor, spricht von einer "nicht nachvollziehbaren Vorwärtsstratgie bei Apple". Kurzum, die Klagen, die Apple-Chef Peter Dewald seit Wochen auf den Tisch flattern, könnten kaum verheerender ausfallen.

Dabei hatte Dewald eigenen Angaben zufolge nicht mehr getan, als die weltweite Apple-Direktive umzusetzen, die lautet: Zwei Distributoren sind pro Land für das Hardware-Geschäft zuständig. Die Wahl Dewalds, verantwortlich für die Region D.A.CH. (Deutschland, Österreich, Schweiz), fiel hierzulande auf C2000 und CHS. Folglich gab er neben Schuh auch Prisma in Hamburg und Ingram Micro in Haar den Laufpaß. Zwar beteuert Dewald, diese Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, doch nicht nur bei Schmuck, sondern auch bei Ingram-Chef Dressen stößt er damit auf wenig Gegenliebe. Dessen Lektüre des EU-Rechts hat ergeben, daß "es nicht möglich ist, bei gleichen Voraussetzungen uns auszuschließen", wie Dressen grimmig dagegen hält (siehe ComputerPartner 29/98, Seite 1). Was ein Branchenkenner sarkastisch kommentiert: "Selbst wenn das Apple-Management in den USA vom EU-Recht wüßte, wäre es ihm völlig egal. Die Direktive lautet: zwei Distributoren pro Land."

40 statt 52 Competence-Center

Auf Dewalds respektive Apple-Geheiß wird ferner die Menge der "Apple-Competence-Center" von 52 auf 40 zurückgestutzt. Damit will der Apple-Chef die ausufernde "Best-buy"-Politik der Fachhändler, die direkt bei Apple ordern konnten, unterbinden. Was ein Fachhändler zwar "grundsätzlich begrüßt, da es für Apple vital notwendig ist, den Preiskampf unter den Händlern zu beenden". Aber gleichzeitig fragt er sich auch, was er denn verkaufen soll, nachdem es außer dem neuen Apple-Liebling iMac, einem eindeutig auf den Consumer-Markt abzielenden Produkt, so gut wie nichts gibt: "Mit iMacs kann ich nichts anfangen. Meine Kunden fragen nach G3-Rechnern", seufzt er.

Doch Apple kann derzeit weder G3-Rechner noch Powerbooks liefern. Das ist zwar für den Handel nichts Neues - als "geradezu klassische Q4-Apple-Politik" bezeichnet ein norddeutscher Händler diesen Mangel -, doch Freude kommt darüber bei Händlern nicht auf. "Die High-end-Planung funktioniert einfach nicht", ärgert sich ein Händler. Und von einem bayerischen Systemhaus, das seine Rechner "aus den gefüllten Lagern der Distributoren" bezieht, war zu hören:

"Apple sollte seine Business-Kunden und den Fachhandel nicht vergessen. Wenn man in München glaubt, mit iMacs den Umsatz hochschrauben zu können, dann gute Nacht." (wl)

Statt Highend-Rechnern gibt es bei Apple vor allem iMacs. Zirka 45.000 Stück muß Apple-Chef Dewald losschlagen - ein klarer Retail-Fall. Mit "Die derzeitigen Händler erreichen nicht unsere Kunden", begründet er dies.

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