Bechtle: mit neuem Chef auf altem Kurs

01.04.2004
Kaum drei Wochen da und schon wieder weg: Karl-Heinz Gosmann hat die wohl kürzeste Karriere im Bechtle-Konzern hingelegt. Neuer Vorstandschef wurde der alte Favorit Ralf Klenk. Von ComputerPartner-Redakteurin Marzena Fiok

Seinem Ziel, 2004 die Umsatzmilliarde zu erreichen, ist Bechtle einen Schritt näher gekommen: Der Konzernumsatz kletterte im vergangenen Jahr um 5,3 Prozent auf 791 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss betrug 18,4 Millionen Euro - das bedeutet ein Plus von 53 Prozent gegenüber 2002. Das Vorsteuerergebnis lag bei 27,2 Millionen Euro - und soll in diesem Jahr ebenfalls wachsen, angestrebt ist ein Plus von mindestens zehn Prozent. "Alles unter 30 Millionen wäre eine Enttäuschung", sagte der neue Vorstandschef Ralf Klenk.

Um das Wachstum des Unternehmens voranzutreiben, schließt er weitere Zukäufe nicht aus. Er sagt aber auch: "Schwerpunkt in der Expansion muss 2004 organisches Wachstum sein." 2003 sah das noch anders aus: Das Umsatzwachstum von fünf Prozent hat Bechtle in erster Linie der Übernahme seines Konkurrenten PSB zu verdanken. Auf jeden Fall will Klenk den Umsatz in diesem Jahr um mehr als ein Viertel auf deutlich mehr als eine Milliarde Euro steigern. "Diese Ziele sind sportlich ehrgeizig, aber realistisch", so der Manager.

Ein anderer Rekord ist dem Unternehmen hingegen schon sicher: So schnell wie Karl-Heinz Gosmann hat noch kein Manager das IT-Systemhaus verlassen.

Der Ex-PSB-Chef wurde der Öffentlichkeit Ende vorigen Jahres überraschend als Nachfolger von Bechtle-Gründer Gerhard Schick präsentiert, übernahm den Vorstandsvorsitz im März 2004 - und war ihn drei Wochen später schon wieder los.

Gerhard Schick, nach wie vor Hauptaktionär des Unternehmens, Ex-Vorstandschef und neuerdings Vorsitzender des Aufsichtsrats, hat es sich offenbar anders überlegt: Er setzte überraschend den bisherigen Finanzverantwortlichen und seinen langjährigen Weggefährten Ralf Klenk auf den Chefposten.

Damit hat eigentlich niemand mehr gerechnet - am allerwenigsten Gosmann. Der wusste zwar, dass er nur die zweite Wahl gewesen ist. Aber auch, dass Klenk dem Ruf seines Patriarchen aus familiären Gründen bewusst nicht gefolgt war. Nun hat es sich offenbar auch der "Kronprinz", der seit 1983 im Unternehmen ist, anders überlegt.

Hintergründe für den unrühmlichen Gosmann-Abgang sollen Ehrgeiz und Machtstreben gewesen sein. Von beidem soll der Neue einen Hauch zu viel gehabt haben, fand jedenfalls Schick, wie man hört. Ihm haben die "Alleingänge" seines Nachfolgers nicht gefallen; auch dass er dem Unternehmen konzernähnliche Strukturen aufdrücken wollte, passte dem Vorgänger überhaupt nicht. Dass ihm ein zu großes Selbstbewusstsein zum Verhängnis werden könnte, hätte Gosmann aber ahnen können: Schick hat von Anfang an klar gemacht, dass er ein "sehr aktiver Aufsichtsrat" sein werde.

Seine letzte Aktion, Gosmann wieder zu stürzen, nehmen ihm seine Mitarbeiter jedenfalls nicht übel: Klenk galt von jeher als "natürlicher" Nachfolger seines Chefs, er kennt nicht nur das Unternehmen sehr genau, sondern auch die Ansprüche des Bechtle-Gründers. Bei Bechtle heißt es jedenfalls, dass es nur einen Menschen gibt, der mit Schick wirklich klar komme, und das sei eben Klenk.

Das kurze Gastspiel von Gosmann wird bei Bechtle aber wohl trotzdem noch einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen: Der Manager hat einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben. Für die Abfindung werden die sparsamen Schwaben wohl etwas tiefer in die Tasche greifen müssen.

Meinung der Redakteurin

Für die Firma Bechtle ist Ralf Klenk sicher die bessere Wahl. Schließlich hat er das Unternehmen mit aufgebaut, kennt Strukturen, Mitarbeiter, Stärken und Schwächen der Firma. Und natürlich wird er auch viel loyaler sein und sich stärker mit dieser Firma identifizieren als ein "eingekaufter" Manager. Und wie die Geschichte zeigt, hatte Bechtle mit solchen noch nie besonders viel Glück.

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