Schwierige Aufgabe für Führungskräfte

Chefsache "Mitarbeiter kündigen"

Dr. Albrecht Müllerschön, geb. 1957, ist Inhaber der Müllerschön Managementberatung, in Starzeln (Baden-Württemberg). Der Wirtschaftspsychologe ist Autor mehrerer Personal-Fachbücher und war Lehrcoach an der Uni Tübingen.
Mitarbeiter kündigen – vor dieser Aufgabe fürchten sich die meisten Führungskräfte von Klein- und Mittelunternehmen. Denn sie können sich anders als viele Konzernmanager nicht hinter der Entscheidung einer fernen Zentrale verstecken.
 Bereiten Sie sich auf Kündigungsgespräche gut vor.
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Foto: Syda Productions - shutterstock.com

In der Antike wurden die Überbringer schlechter Nachrichten geköpft. Dieses Horrorszenario haben viele Führungskräfte vor Augen, wenn sie vor der Aufgabe stehen, Mitarbeiter zu entlassen - speziell in Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Denn in ihnen sind die Vorgesetzten nicht nur die Überbringer der schlechten Nachricht. Sie müssen meist auch diese folgenschwere Entscheidung treffen.

Deshalb wälzen sich viele Inhaber und Geschäftsführer von KMU oft nächtelang schlaflos in ihren Betten hin und her, bevor sie beschließen: Ich entlasse diesen Mitarbeiter. Und scheinbar endlos überlegen sie "Soll ich oder soll ich nicht", bevor sie zur Einsicht gelangen: Daran führt kein Weg vorbei. Und nicht selten schieben sie die Entscheidung so lange vor sich her, bis ein akuter Vorfall sie zur Überzeugung bringt: "Jetzt reicht's." Dann wird sozusagen über Nacht ein Schlussstrich gezogen, und aus der sachlich notwendigen Entscheidung, wird plötzlich eine von Emotion geprägte Entscheidung - mit der Konsequenz, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer letztlich im Zorn auseinander gehen.

Problem: persönliche Beziehung zu Mitarbeitern

Sogar Führungskräften, die ansonsten sehr entscheidungsfreudig sind, fällt der Beschluss, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, oft schwer. Dafür gibt es viele Gründe. Der Wichtigste ist: Ein Mitarbeiter ist keine Maschine. Einen Mitarbeiter zu entlassen, heißt stets auch, dessen künftiges Schicksal mit zu entscheiden - und das der anderen Personen, die von dem Gehalt leben. Deshalb ringen sich viele Führungskräfte so schwer, zu einer Kündigung durch.

Hinzu kommt: In Klein- und Mittelunternehmen arbeiten der Chef und seine Mitarbeiter meist enger zusammen als in Großunternehmen. Sie sitzen sozusagen Tür an Tür; deshalb wachsen zwischen ihnen auch persönlichere Bande. Entsprechend schwer fällt es den Vorgesetzten, einem Mitarbeiter zu sagen: "Ich muss..." oder "Ich möchte mich von Ihnen trennen".

Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kündigung nicht betriebsbedingt, sondern aufgrund von Verhaltens- oder Kompetenzdefiziten erfolgt. Dann geht mit dem Aussprechen der Kündigung meist das Beendigen der persönlichen, zuweilen sogar freundschaftlichen Beziehung einher. Denn eine Fiktion ist der Glaube, den insbesondere jüngere, unerfahrene Führungskräfte zuweilen hegen: "Ich kann den Mitarbeiter zwar entlassen, doch weiterhin eine gute, persönliche Beziehung mit ihm pflegen."

Dies ist eine Illusion. Vor allem, weil der gekündigte Mitarbeiter - auch aus Selbstschutz - die Ursache für die Kündigung in der Regel nicht bei sich selbst, sondern beim "Chef" sucht und ihn in KMU auch hierfür verantwortlich macht. Gerade weil in Kleinbetrieben zwischen Chef und Mitarbeiter oft eine persönliche Beziehung besteht, erlebt der Mitarbeiter die Kündigung auch als persönliche Enttäuschung.

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Notwendigkeit: sich eigene Fehler eingestehen

Aus weiteren Gründen fällt vielen Chefs von KMU das Kündigen schwer. Sie müssen sich zum Beispiel, wenn sie die Entlassung eines Mitarbeiters erwägen, nicht selten eigene Fehler eingestehen. Zum Beispiel, dass sie

  1. den falschen Mitarbeiter eingestellt haben,

  2. die Entwicklung des Geschäfts falsch eingeschätzt haben oder

  3. bei Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig gegengesteuert haben.

Deshalb schreiben sie sich, wenn sie eine Kündigung aussprechen müssen, oft eine Mitschuld zu. Auch dies erschwert es ihnen, die notwendige Entscheidung rechtzeitig zu treffen.

Hinzu kommt: Viele Führungskräfte geraten, wenn sie einen Mitarbeiter entlassen, mit ihrem Selbstbild beziehungsweise dem Bild, das sie bei ihren Mitarbeitern hinterlassen möchten, in Konflikt. Dies gilt speziell für Führungskräfte, die ansonsten einen partnerschaftlich-kooperativen Umgang mit ihren Untergebenen pflegen. Sie befinden sich plötzlich in einer Situation, in der sie die Macht, die sie aufgrund ihrer Führungsposition haben, offen zeigen müssen. Dies versetzt sie in innere Panik. Sie fragen sich unter anderem:

  1. Was denken die anderen Mitarbeiter von mir, wenn ich einen ihrer Kollegen entlasse?

  2. Ändert sich durch die Kündigung ihr Verhältnis zu mir?

  3. Packt sie die Angst: Ich könnte der Nächste sein, der gehen muss?

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