CHS will Computer 2000 den Rang ablaufen

11.01.1996
MÜNCHEN: Nach der Übernahme von Merisel durch CHS mag der eine oder andere große Distributor schon eine Gänsehaut bekommen haben. Doch das reicht CHS-Boß Claudio Osorio nicht aus: In Deutschland, so will er dem Markt glauben machen, gäbe es demnächst eine neue Nummer 1 im Distributionsmarkt. Sein As im Ärmel heiße Frank & Walter, die komplette Übernahme des Braunschweiger Distributionsunternehmens sei mehr als wahrscheinlich. Zudem planen die CHS-Vorderen eine eigene Chipbörse. Fest steht auch bereits die (Neu-)Gründung des Unternehmens DNS für den High-end-Distributionsbereich.Ganz wohl war Helmut Schmitt angesichts des starken Auftritts seines neuen Bosses Claudio Osorio wohl nicht. "Ich habe niemals gesagt, daß wir Computer 2000 in Deutschland demnächst überrunden werden", versichert der Managing Director für CHS und Merisel in Deutschland und Österreich in einer Paneldiskussion auf der Systems 96 im "Dealers Only"-Bereich, an der auch Karl Pohler, der Sprecher der Geschäftsleitung von Computer 2000 teilnahm.

MÜNCHEN: Nach der Übernahme von Merisel durch CHS mag der eine oder andere große Distributor schon eine Gänsehaut bekommen haben. Doch das reicht CHS-Boß Claudio Osorio nicht aus: In Deutschland, so will er dem Markt glauben machen, gäbe es demnächst eine neue Nummer 1 im Distributionsmarkt. Sein As im Ärmel heiße Frank & Walter, die komplette Übernahme des Braunschweiger Distributionsunternehmens sei mehr als wahrscheinlich. Zudem planen die CHS-Vorderen eine eigene Chipbörse. Fest steht auch bereits die (Neu-)Gründung des Unternehmens DNS für den High-end-Distributionsbereich.Ganz wohl war Helmut Schmitt angesichts des starken Auftritts seines neuen Bosses Claudio Osorio wohl nicht. "Ich habe niemals gesagt, daß wir Computer 2000 in Deutschland demnächst überrunden werden", versichert der Managing Director für CHS und Merisel in Deutschland und Österreich in einer Paneldiskussion auf der Systems 96 im "Dealers Only"-Bereich, an der auch Karl Pohler, der Sprecher der Geschäftsleitung von Computer 2000 teilnahm.

Das ist Auslegungssache: Auf der Pressekonferenz am Vortag, während der Schmitt und Osorio über die neuesten Entwicklungen nach der Übernahme von Merisel durch CHS informierten, faßte Schmitt Osorios nicht immer ganz verständlichen deutschen Vortrag mit den Worten zusammen: "Ich glaube, wenn die Frank&Walter-Akquisition stattfindet, gibt es eine neue Nummer 1 in Deutschland."

Angesprochen auf exakte Angaben, ob, wann und zu welchen Bedingungen die komplette Übernahme von Frank & Walter denn stattfinden würde, wich Osorio allerdings aus. Auf einem Händlertreffen im pikfeinen Hotel Vierjahreszeiten in München am letzten Systems-Tag erklärte Frank & Walter-Geschäftsführer Frank Lehmann, daß Unternehmenschef Carsten Frank gemeinsam mit CHS-Vormann Osorio als Präsidenten für den Europa-Bereich der gesamten Gruppe fungieren werden.

Käme eine 100prozentige Übernahme zustande, bestünde diese Gruppe dann aus CHS, Merisel, Frank & Walter sowie deren Tochterunternehmen Mc-DOS. Wenn das Distributionsgeschäft eine einfache Rechenaufgabe wäre, könnte Osorio dann sogar recht behalten mit seiner Ankündigung, C2000 von Platz 1 in Deutschland zu verdrängen. Addiert man die Verkäufe der einzelnen Unternehmen, läge das (noch) fiktive Distributionskonglomerat knapp vor Computer 2000. Doch das sind viele Wenn und Aber. Zudem gibt es ja noch das leidige Problem mit der Praxis, und die stellt sich schon allein bei der Integration von Merisel sehr ungeordnet dar.

"Es ist richtig, noch ist nicht alles gemauert", bestätigt Schmitt vor der Presse. "So ein Merge bringt immer Reibungsverluste und Irritationen im Markt mit sich." In den nächsten Wochen stünden wichtige Entscheidungen an: Da sowohl die CHS als auch Merisel eine eigene PC-Linie haben, müßte man sich wohl für eine entscheiden. Bis dahin werden beide unter den bisherigen Namen angeboten. In etwa zwei Wochen wisse man im Unternehmen auch, ob man das Lager im niederländischen Helmond, das als Europalager für Merisel konzipiert war, noch brauchen werde. Wahrscheinlicher ist, daß CHS auf das eigene Lager zurückgreifen wird. "In den Bereichen Sales und Marketing brauchen wir wohl auch noch eine Anpassungsphase" vermutet Osorio.

Doch bei den grundsätzlichen Faktoren - wie Produktpalette, Lieferanten und Vertriebswegen - gäbe es erfreuliche Ergänzungsmöglichkeiten. "Unser Fachhändlerstamm ist recht ähnlich", so der CHS-Mann, der allein in Deutschland nach eigenem Bekunden bislang rund 7.500 Partner belieferte. "Allerdings sind die Top-Gruppen unterschiedlich." Schmitt erläutert: "Unter den Top-250-Kunden unserer Unternehmen sind nur rund 30, die wir gemeinsam haben." So gerechnet, ergebe der Merge eine profitversprechende Addition der Märkte. Gesucht werden aber noch kleine und mittlere Fachhändler sowie Systemhäuser.

Profit verspricht sich CHS noch durch einen weiteren Schachzug. Das Unternehmen wird zum ersten Quartal 1997 eine eigene Business Unit ins Leben zu rufen, von der kurzfristig Komponenten bestellt werden können. Schließlich würde ein "anderer Distributor damit einen Umsatz von 350 Millionen" machen, wie Osorio mit einem Anflug von Futterneid auf die C2000-Chipbörse vorrechnete. Über Details wollte er keine Angaben machen.

Für Überraschung sorgte auch die Ankündigung, eine neue Firma sei in Gründung begriffen. Der Name: DNS. Branchenkenner erinnern sich vielleicht: 1988 hatte Schmitt die "Digital Network Services" ins Leben gerufen, ein Netzwerkdistributionsunternehmen, das mit dem amerikanischen Distributor Softsel mergte und aus dem letztendlich die Merisel entstand. Das "neue" Unternehmen soll den Markt für Workstations, High-End-Networking-Produkte sowie Services (Training, Consulting und Installation) abdecken. "Das sind alles Bereiche, in denen etwa 22 Prozent Marge drin sind", erklärt Schmitt den Unterschied zu den Massenware-Produkten, die die CHS Electronics in Rosengarten anbieten wird. Bei deren Produkten seien "um die sieben bis acht Prozent Marge" wahrscheinlich.

Im Laufe des Jahres 1997, so verkündeten Schmitt und Osorio unisono, wären die Unebenheiten bei der Zusammenführung der Unternehmen wohl bereinigt, das Resultat wäre ein einziger Distributor. Der Name "Merisel" gehört dann wohl vollends der Vergangenheit an. Noch ein Jahr lang habe man theoretisch das Recht, ihn zu benutzen, aber so lange werde das wohl nicht nötig sein, vermutet Schmitt. "Den Namen CHS, der ja nicht gerade für Broadliner steht, im Markt durchzusetzen - das dürfte eigentlich nicht länger dauern als ein halbes Jahr", schätzt er und hofft dabei auf die tatkräftige Unterstützung seines finanzkräftigeren neuen Brötchengebers. Deshalb gibt er sich gelassen: "Erst hießen wir DNS, dann DNS Merisel, jetzt CHS. Mit einer guten Marketingtruppe läßt sich das schnell im Markt bekanntmachen." (du)

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