Freyraum-Chef Andreas Raum

"Das Kistenschieben wird nicht so schnell verlernt"

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Andreas Raum hat über viele Jahre als Journalist den Distributionskanal begleitet. Nun berät er als Geschäftsführer der Freyraum Marketing GmbH IT-Unternehmen bei ihren Vertriebs- und Marketingaktivitäten. ChannelPartner hat ihn nach seiner Einschätzung der Situation der Grossisten befragt.
"Zwischen der Selbsteinschätzung der Distribution und der Wahrnehmung im Handel hat es schon immer eine große Diskrepanz gegeben", Andreas Raum, Geschäftsführer der Freyraum Marketing GmbH.
"Zwischen der Selbsteinschätzung der Distribution und der Wahrnehmung im Handel hat es schon immer eine große Diskrepanz gegeben", Andreas Raum, Geschäftsführer der Freyraum Marketing GmbH.

Andreas Raum hat über viele Jahre als Journalist den Distributionskanal begleitet. Nun berät er als Geschäftsführer der Freyraum Marketing GmbH IT-Unternehmen bei ihren Vertriebs- und Marketingaktivitäten. ChannelPartner hat ihn nach seiner Einschätzung der Situation der Grossisten befragt.

Immer mehr ITK-Fachhändler nutzen auch E-Tailer als Einkaufsquelle. Was machen die klassischen Distributoren falsch, wenn Kunden abwandern?

Andreas Raum: Die klassische Distribution hat sich sehr lange auf Bestellannahme und Logistik konzentriert und sich in erster Linie über die Preise differenziert. Dieser Eindruck hat sich im Handel verfestigt. Es ist sehr schwierig, diese Sichtweise aufzubrechen. Zwischen der Selbsteinschätzung der Distribution und der Wahrnehmung im Handel hat es schon immer eine große Diskrepanz gegeben.

Was müssten die Distributoren bieten, um wieder attraktiver zu werden?

Raum: Die Broadliner positionieren sich heute als Business Enabler, die dem Fachhandel neue, erklärungsbedürftige Produkte näherbringen und ihm helfen, in interessante Märkte einzusteigen. Diesen Weg halte ich für gut und richtig. Ob der Handel diese Hilfestellung annimmt, ist noch nicht absehbar.

Derzeit wird auch bei der Broadline-Distribution der Value-Added-Gedanke forciert. Kann es sein, dass dadurch das eigentliche Transanktionsgeschäft aus dem Fokus gerät?

Raum: Die Schlagzahl im klassischen Geschäft sehe ich nicht als Problem. Es ist viel schwieriger, einer Vertriebsorganisation den Mehrwertgedanken beizubringen. Das Kistenschieben wird nicht so schnell verlernt. Dazu trägt ja auch das Bestellverhalten des Fachhandels bei.

Warum tun sich dann Distributoren so schwer, wenn es um die Betreuung und die Bedürfnisse von kleineren Händlern geht?

Raum: Das ist eine Frage der Größe, der Kundenanzahl und der Wirtschaftlichkeit. Wenn ich mehr als 20.000 Kunden bediene, muss ich irgendwo Kompromisse eingehen. Die meisten Händler mit geringen Umsätzen landen entweder im Vertriebs-Pool und haben keinen festen Berater oder im Online-Shop und haben gar keinen Ansprechpartner. Für Kundenkontakt und Kundenbindung ist das natürlich nicht gut. Davon profitieren heute viele kleine Distributoren, für die kleinere Händler groß sind, weil sie keine ganz großen Häuser bedienen, oder Amazon, das den Online-Shop perfektioniert hat.

Wäre es da denkbar, dass ein E-Tailer künftig ernsthaft und professionell in das Distributionsgeschäft einsteigt?

Raum: Soweit ich weiß, steigt Amazon gerade in die Distribution ein. Das liegt auch nahe, denn Amazon hat von allen E-Tailern den größten Anteil kaufender Fachhändler.

Welchen Veränderungen im Channel wird sich die Distribution da stellen müssen?

Raum: Die Rolle des Fachhandels verändert sich sehr stark. Das Produktgeschäft und im Besonderen das Hardwaregeschäft werden in den Hintergrund treten, die Beratung nicht-technischer Prozesse wird sehr viel wichtiger werden. Wie viele Systemhäuser diese Veränderung nutzen können und wie viele sie überleben, steht dahin. Das verändert natürlich auch die Situation der Distribution. Mit über 30.000 Häusern haben wir in Deutschland einen extrem breiten Kanal, der viele Distributoren ernährt. Ob das so bleibt, wage ich zu bezweifeln. (awe)

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