Data-Center 2.0: Amazon wird IT-Vermieter

18.04.2007
Online-affine IT-Konzerne bauen ihre Infrastruktur aus, um sie Kunden gegen Gebühr zur Verfügung zu stellen.

Online-affine IT-Konzerne bauen ihre Infrastruktur aus, um sie Kunden gegen Gebühr zur Verfügung zu stellen.

Die Aktie des Online-Einzelhändlers Amazon ist gestern auf ein neues 52-Wochen-Hoch geklettert, was nicht nur an einer Ankündigung des Unternehmens zum kommenden "Harry-Potter"-Bestseller lag. Deutsche-Bank-Analyst Jeetil Patel hatte gleichzeitig seine Kaufempfehlung für die Amazon-Aktie auf "buy" von "hold" angehoben, und die Begründung klang interessant: Seiner Meinung nach würden sich die Millionen-Investitionen des Händlers in die eigenen IT-Infrastruktur nämlich bald auszahlen. Der Analyst mutmaßte, dass Amazon versucht, ein "neues Betriebssystem für das Internet" zu schaffen.

Dieser etwas ambitioniert gewählte Vergleich bezog sich auf ein Infrastruktur-Backbone in und zwischen den Rechenzentren des Unternehmens, deren Komponenten (Hardware, Speicher, Software) in einer Art Grid-Modell interessierten Kunden überlassen werden - bezahlt werde laut Patel je nach Aufwand. Der Analyst kalkulierte für diese "Web-Services" mit einem Monatsbeitrag angefangen bei drei Dollar zuzüglich der Kosten für die genutzte Rechenleistung. Dieser niedrige Preis sei geeignet, das Angebot für andere Unternehmen interessant zu machen. Durch derartige Offerten würden die Gewinnspannen von Amazon verbessert, was letztlich zu der Heraufstufung der Aktie geführt hat.

Quincy im US-Bundesstaat Washington: Niedrige Strompreise locken RZ-Betreiber an.
Quincy im US-Bundesstaat Washington: Niedrige Strompreise locken RZ-Betreiber an.
Foto: ncwportal.com

Mit diesem Schritt - der Überlassung von RZ-Kapazität - wäre Amazon allerdings nicht allein. Google nutzt bereits seit längerem die eigene Infrastruktur als Grundlage für Services, und auch Microsoft baut seine Rechenzentren unter anderem für die "Live"-Strategie kräftig aus. Gestern brachte der Konzern das Data-Center in Quincy, Washington, an den Start: zehntausende Computer auf einer Fläche so groß wie sieben Fußballfelder. Wikipedia berichtet von bis zu 800.000 Rechnern im Endausbau. Das RZ Quincy verbraucht US-Medien zufolge soviel Strom wie 40.000 Haushalte, Google und Yahoo sind auch vor Ort. Hintergrund sind die niedrigen Strompreise. Ein neues Microsoft-Rechenzentrum im texanischen San Antonio (Kostenpunkt: 550 Millionen Dollar) befindet sich bereits im Bau. (Computerwoche/haf)

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