Der erste iPhone-Test

06.07.2007
Von Sebastian Hirsch

Techie war gestern

Gleich nach dem Einschalten zeigt das iPhone, dass es mehr sein will als ein schnödes Mobiltelefon. Wo Handys im besten Falle mit einem Hintergrundbild, einigen fitzeligen Icons und grauer Schrift auf bläulichem Hintergrund aufwarten, glänzen beim iPhone von Mac-OS X bekannte bunte Icons auf schwarzem Hintergrund. Am unteren Rand des Bildschirms finden sich die vier Hauptfunktionen Telefon, Mail, Internet und iPod, darüber weitere wie SMS, Kalender, Notizbuch, Kamera und so fort.

Das iPhone als MP3-Player: Ende des Scroll-Rades

Es hat den iPod berühmt gemacht, nun schicken es die Apple-Entwickler aufs Altenteil. Das Scroll-Rad, mit dem man in Sekunden selbst umfangreichste Musikbibliotheken durchforstet, ist beim iPhone Geschichte. Doch Apple wäre nicht Apple, hätte man nicht einen Ersatz parat. Im iPhone kann man seine Listen (neben Musik auch Adressen, Termine und ähnliches) mit dem Finger nach oben und unten schieben, was an sich nichts Ungewöhnliches ist. Wischt man aber mit dem Finger von oben nach unten oder von unten nach oben über das Display, dann gewinnt jede Liste ein Eigenleben und läuft in der Richtung nach wie die Oberfläche eines Schwungrades. So können lange Listen mit mehreren Schwüngen durchlaufen werden, was erstaunlich schnell vonstatten geht. Ist man ungefähr im richtigen Bereich angelangt, stoppt man die Bewegung mit dem Finger, zieht noch etwas nach, und landet so sehr einfach und schnell beim gesuchten Titel. Ein Tippen mit dem Finger öffnet das Album oder spielt den Song ab.

Überblick: Dank des großen Displays zeigt das iPhone Inhalte einer Liste sehr übersichtlich an.
Überblick: Dank des großen Displays zeigt das iPhone Inhalte einer Liste sehr übersichtlich an.
Foto: Apple

Visuelle Feinheiten

Benötigt man für einen MP3-Player wirklich einen 3,5-Zoll-Bildschirm? Vielleicht nicht unbedingt – aber Apple zeigt, dass es schön ist, einen zu haben. Die Listen sind wesentlich besser zu lesen als an bisherigen iPods, über Navigationsknöpfe unterhalb der Listen wechselt man schnell zwischen Wiedergabelisten, Künstlern, Songs und Videos. Das geht angenehm schnell, ist aber noch nicht alles.

Cover-Flow: Im Querformat zeigt das iPhone CD-Cover wie iTunes an. Cooler blättert man in keinem MP3-Player durch seine Musik.
Cover-Flow: Im Querformat zeigt das iPhone CD-Cover wie iTunes an. Cooler blättert man in keinem MP3-Player durch seine Musik.
Foto: Apple

Spielt man ein Lied ab, erhält man das Album-Cover in extra großer Ansicht, was auch nett ist. Richtig cool wird es aber, wenn man das iPhone einmal um 90 Grad dreht, also in die Queransicht versetzt. Dann schaltet das Display automatisch um und liefert eine Ansicht aller Alben, wie man sie von Cover-Flow aus iTunes kennt. Spätestens hier stellt sich wieder die Magie des iPhone ein: Mit dem Finger flippt man durch die Alben, lässt sie von links nach rechts oder umgekehrt an sich vorbei laufen, sucht eines aus, tippt es an und wählt ein Lied daraus aus. So lässig hat man noch nie auf einem MP3-Player Musik ausgewählt.

Video-Player: Zwar begrenzen Speicherplatz und Akku-Laufzeit das TV-Vergnügen – für die Serienfolge in der U-Bahn reicht es aber.
Video-Player: Zwar begrenzen Speicherplatz und Akku-Laufzeit das TV-Vergnügen – für die Serienfolge in der U-Bahn reicht es aber.
Foto: Apple

Der „echte“ Video-iPod

Lange gefordert, nun (fast) Realität – der erste „echte“ Video-iPod von Apple ist das iPhone. Echt zumindest insofern, als das iPhone ein großes Display hat und Videos so im Querformat in halbwegs angenehmer Größe abspielt. Wer schon jetzt Videos am iPod betrachtet, wird das neue Display riesig finden. Wer lieber Mac oder TV verwendet, wird es immer noch für viel zu klein halten. Zumal das iPhone, entgegen Apples Bezeichnung als „Widescreen iPod“, kein echtes Widescreen-Format bietet. Dieses trägt nämlich ein Seitenverhältnis von 16:9, das iPhone verfügt aber über ein Verhältnis 15:10. Das bedeutet, dass man bei Spielfilmen entweder rechts und links etwas abschneiden oder oben und unten mit schwarzen Rändern leben muss. Ein weiteres Problem ist der für Videos recht magere Speicher. Beim „kleineren“ Modell müssen sich die Filme 4 GB Speicher mit Betriebssystem, Musik und allen anderen Daten teilen – für mehr als einen Spielfilm oder zwei TV-Serienfolgen wird es da kaum reichen. Und noch ein limitierender Faktor kommt hinzu. Für 7 Stunden Video soll der Akku des iPhone laut Apple reichen, erste Anwender in den USA berichten bereits über kürzere Laufzeiten. Möchte man nicht ohne Telefon dastehen, sollte man nicht zu viele Spielfilme hintereinander ansehen.

So eignet sich das iPhone zwar nicht als vollwertiger Video-Player, für die TV-Serienfolge in der U-Bahn ist er aber allemal gut. Wer mehr möchte, muss wohl auf die nächste Generation festplatten-basierender iPods warten.

Zur Startseite