Deloitte-Studie

Der Smart-Home-Express ist noch ein Bummelzug

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Der Markt für smarte Lösungen für das private Zuhause kommt erst langsam in Schwung. Der Vorteil für den Fachhandel: Noch ist es nicht zu spät für einen Einstieg.

Der Smart-Home-Markt kommt erst langsam in Schwung, das sehen auch die Autoren der Deloitte-Studie "Smart Home Consumer Survey 2018" so: "Der Smart-Home-Zug ist eindeutig losgerollt, fährt aber noch nicht im Expresstempo", schreiben die Marktforscher.

Noch spielen Sprachassistenten bei der Smart Home-Steuerung eine untergeordnete Rolle. Das könnte sich aber schnell ändern, denn die Akzeptanz steigt.
Noch spielen Sprachassistenten bei der Smart Home-Steuerung eine untergeordnete Rolle. Das könnte sich aber schnell ändern, denn die Akzeptanz steigt.
Foto: Amazon

Für ihre Studie wurden 2.000 Konsumenten Jahren in Deutschland im Alter zwischen 19 und 75 zu ihrer Einstellung hinsichtlich Smart-Home-Angeboten befragt. Die Umfrage zeigt, dass bei den Verbrauchern großes Interesse an der Anschaffung entsprechender Lösungen besteht, Faktoren wie Datenschutzbedenken oder geschlossene Plattformen die Kaufbereitschaft bremsen.

Für künftiges Wachstum des Markts für Smart-Home-Produkte spricht natürlich die wachsende Akzeptanz künftiger Verbrauchergenerationen. Zwar stellt die Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen die größte Nutzergruppe, doch das hängt auch damit zusammen, dass in diesem Alterssegment sowohl die finanziellen Mittel als auch der entsprechende Wohnraum vorhanden sind. Zudem gilt die Regel: Je höher die Einkommensklasse, desto größer ist auch der Anteil der Smart-Home-Nutzer. So gibt es einem Nettoeinkommen bis 2.000 Euro etwa nur halb so viele Nutzer im Vergleich zum Durchschnitt von 16 Prozent. Bei Einkommen über 4.000 Euro sind es fast doppelt so viele. Für Fachhändler ergibt sich so eine besonders lukrative und solvente Zielgruppe.

Nutzer sind zufrieden

Insgesamt sind die Nutzer zufrieden mit ihren Smart-Home-Lösungen: 54 Prozent der Befragten gaben an, dass sich ihre Installationen bewährt haben. 33 Prozent machen gewisse Abstriche und sagen, dass sich die Installationen teilweise bewährt haben und zumindest gelegentlich genutzt werden. Für nur vier Prozent haben sich die Konzepte nicht bewährt und werden auch nicht mehr genutzt.

Zählt man die Werte für die bereits im Haushalt vorhandenen Geräte, die geplante Anschaffung für das kommende Jahr und das grundsätzliche Interesse an den Produkten zusammen, kann man schon gewisse Schlüsse ziehen, welche Produktgruppen in absehbarer Zeit besonders stark nachgefragt werden. Mit 56 Prozent liegen Schalter und Steckdosen ganz vorne, gefolgt von Heizungen und Thermostaten mit 55 Prozent. Alarmsysteme kommen ebenfalls auf 55 Prozent, sind aber noch nicht so häufig installiert.

Da in den vergangenen Jahren bereits Vorgängerstudien erstellt wurden, können auch Vergleiche zu früheren Jahren erstellt werden. So stieg die Marktdurchdringung von Lautsprechern, Alarmsystemen und Heizungen um 67 Prozent. Die Verbreitung von Leuchten stieg immerhin um 50 Prozent.

Komfort, Sicherheit und Einsparmöglichkeiten sind gefragt

Die Motive für Nutzung von und Interesse an Smart-Home-Angeboten sind im Vergleich zu 2015 ähnlich, werden aber noch stärker gewichtet. Zusätzlichen Komfort versprechen sich 56 Prozent (2015: 47 Prozent). Zusätzliche Sicherheit kommt auf 49 Prozent (2015: 43 Prozent). Eine Senkung von Heiz- oder Stromkosten erhoffen sich 38 Prozent (2015: 31 Prozent. Faktoren wie Design, Umweltschutz oder Spaß bei der Nutzung spielen und spielten auch bereits 2015 eine eher untergeordnete Rolle

Besonders interessant sind die Hindernisse beim Kauf von Smart-Home-Produkten, denn hier können Hersteller und Reseller mit Beratung und Verkaufsargumenten ansetzen.

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38 Prozent empfinden die Produkte noch als zu teuer. Allerdings lag dieser Wert vor drei Jahren mit 44 Prozent noch wesentlich höher. Zugenommen haben mit 33 Prozent allerdings die Datenschutzbedenken, 2015 lag dieser Wert noch bei 29 Prozent. 22 Prozent halten die Technologie als noch nicht für ausgereift. Dieser Wert wurde 2015 noch nicht erhoben.

Foto: Deloitte Smart Home Consumer Survey 2018

CE- und TK-Anbieter sind vorne

Noch ist der Markt geprägt von einer Vielzahl an Player, Branchen und Handelsformen. Wo die bevorzugten Bezugsquellen der Nutzer liegen, darüber gibt die Studie keine Antwort. Allerdings haben die Marktforscher die Anbietergruppen aufgeschlüsselt. Gegenüber 2015 haben sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Mit 33 Prozent liegen die CE-Hersteller vorne, gefolgt von TK-Anbietern und Herstellern von Hauselektrik.

Reine Smart-Home-Anbieter sowie die Stromversorger bewegen sich im Mittelfeld. Weniger beliebt sind große Internet-Unternehmen wie Google, denen die Konsumenten bei Smart Home nicht so richtig über den Weg trauen.

Da ITK-Fachhändler schon langjährige Beziehungen zu den beiden führenden Anbietergruppen unterhalten, sind sie in einer guten Position, sich ein gutes Stück vom Smart-Home-Kuchen abschneiden zu können.

Foto: Deloitte Smart Home Consumer Survey 2018

Weniger erfreulich für Dienstleister ist die im Vergleich zu 2015 eher rückläufige Bereitschaft zur Nutzung von kostenpflichtigen Zusatzdiensten. Hier stehen sicherheitsrelevante Dienste wie Hausnotruf, Sicherheitsdienst oder Notdienste bei Wasserschäden vor Services wie Installation, 24-Stunden-Support oder Service-Hotlines.

Allerdings könnte sich das Blatt auch bei kostenpflichtigen Serviceleistungen wieder wenden, denn der Anteil der Nutzer, die grundsätzlich nicht für Zusatzdienste bezahlen würden, ist bei älteren Nutzern am höchsten. Je jünger die Anwender sind, desto offener sind sie gegenüber gebührenpflichtigen Zusatzleistungen.

Bei Mietmodellen sind Verbraucher eher zurückhaltend. 65 Prozent bevorzugen den Kauf der Produkte. Nur 14 Prozent wollen die Lösungen mit festen monatlichen Gebühren mieten.

Deloitte Smart Home Consumer Survey 2018 Kauf vs. Mietmodell 16:9
Deloitte Smart Home Consumer Survey 2018 Kauf vs. Mietmodell 16:9
Foto: Deloitte Smart Home Consumer Survey 2018

Steuerung per Smartphone ist Standard

Elementar bei der Konzeption einer Smart-Home-Lösung ist die Bedienbarkeit per Smartphone-App. Für die Hälfte der Befragten ist dies die bevorzugte Steuerungsmöglichkeit. Erstaunlicherweise spielen Tablets trotz ihres idealen Formfaktors mit neun Prozent keine besonders große Rolle. Auf PCs und Laptops setzen immerhin zehn Prozent der Nutzer.

Sprachassistenten spielen derzeit mit sechs Prozent eine untergeordnete Rolle und wird zunächst als attraktive Ergänzung zur Bedienung gesehen. Das könnte sich aber schnell ändern. Besonders in mittleren Altersgruppen haben die Marktforscher ein beachtliches Interesse ausgemacht. Über die Hälfte der Befragten hält die Bedienung über Sprachassistenten für sehr wichtig oder wichtig.

Foto: Deloitte Smart Home Consumer Survey 2018

Systeme müssen offen und erweiterbar sein

Eines der Markthindernisse ist die Skepsis gegenüber der Weitergabe von Nutzungsdaten, denn intelligente Funktionen können oft nur durch diese Daten realisiert werden. Hier ist die Bereitschaft, diese Daten mit Anbietern zu teilen, im Vergleich zu 2015 nur leicht gestiegen.

40 Prozent wollten diese Daten grundsätzlich nicht teilen, 34 Prozent nur mit bestimmten, vertrauenswürdigen Anbietern. 14 Prozent sind nicht wählerisch und würden ihre Daten grundsätzlich teilen. Auch hier gibt es Unterschiede in den Altersgruppen: Je jünger die Konsumenten sind, desto höher ist die Bereitschaft, Daten zu teilen, bis auf eine Ausnahme: Die jüngste Zielgruppe der 18- bis 24jährigen sind wieder etwas skeptischer als die nächstältere Zielgruppe der 25- bis 34jährigen.

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Ein weiterer Markthemmnis sind unterschiedliche Standards. Die Offenheit der Plattformen. Über 80 Prozent der Befragten zwischen 25 und 34 Jahren ist die Erweiterbarkeit von Smart-Home-.Systemen sehr wichtig oder wichtig. Daher sei es fraglich, ob geschlossene Ökosysteme Smart Home zum großen Durchbruch verhelfen können, schließen die Forscher. "Anbieter sollten ihre Smart-Home-Strategien entsprechend anpassen", fordern die Spezialisten. Gerade bei den jüngeren Nutzern überwiegt der Wunsch, sich ihre Smart-Home-Landschaft aus Geräten verschiedener Hersteller selbst zusammen zu stellen.

Es gibt also genug Anknüpfungspunkte und Marktchancen für Fachhändler. Um im Bild der Deloitte-Marktforscher vom Beginn zu bleiben: Der Smart-Home-Zug nimmt zwar mit etwas Verspätung Fahrt auf, aber er ist schon auf der Reise. Bei dem noch eher gemächlichen Tempo ist es aber noch einfach, auf den fahrenden Zug aufzuspringen.

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