Interview mit Concat-Manager Joachim Opper

"Die Goldgräberstimmung in der Cloud beginnt gerade"

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Überwachungsskandale, mangelnde Standards, skeptische Fragen zu Datensicherheit und Datenmigration begleiten die aktuelle Diskussion über Chancen und Risiken Cloud-Nutzung. Bei vielen Systemhäusern herrscht dennoch Aufbruchstimmung. Joachim Opper, Leiter Cloud-Services des Systemhauses Concat AG, erläutert die Gründe.
Joachim Opper, Leiter Cloud-Services des Systemhauses Concat AG
Joachim Opper, Leiter Cloud-Services des Systemhauses Concat AG
Foto: Concat AG

Überwachungsskandale, mangelnde Standards, skeptische Fragen zu Datensicherheit und Datenmigration begleiten die aktuelle Diskussion über Chancen und Risiken Cloud-Nutzung. Bei vielen Systemhäusern herrscht dennoch Aufbruchstimmung. Joachim Opper, Leiter Cloud-Services des Systemhauses Concat AG, erläutert im Interview mit ChannelPartner die Gründe für diesen Optimismus.

Die Enthüllungen über das Überwachungsprogramm der US-amerikanischen NSA haben die Diskussion über die Sicherheit von Daten in der Cloud weiter angeheizt. Inwiefern rechnen Sie damit, dass Unternehmen in Deutschland der Nutzung von Cloud-Diensten künftig noch zurückhaltender begegnen?

Joachim Opper: Das Gegenteil ist der Fall: Kunden und Interessenten hören so aufmerksam zu wie noch nie, weil der Bedarf an sicheren Cloud-Lösungen da ist. Durch die Tragweite dieser Enthüllungen ist Unternehmen mehr denn je bewusst, dass sie ihre Daten einem Partner geben möchten, dem sie hundertprozentig vertrauen können und der in ihrer Nähe ist. Die Daten unserer Kunden sind uns heilig und befinden sich ausschließlich auf unseren eigenen IT-Systemen in unseren Rechenzentren in Deutschland und nicht dort, wo es am günstigsten ist.
Mit seinem starken Datenschutzgesetz hat Deutschland jetzt die Chance, für sichere Cloud-Lösungen eine Rolle einzunehmen, wie die Schweiz sie einst für Banken hatte.

Was sagen Sie potenziellen, aber nun verunsicherten Kunden, die vor diesem Hintergrund auch vor einer Private-Cloud Lösung zurückschrecken, die eine strikte logische Trennung der Kundendaten gewährleistet und hierzulande gehostet wird?

Joachim Opper: Eine von uns realisierte Private Cloud gewährleistet einen höheren Sicherheitsstandard als eine traditionelle Unternehmens-IT. Der Mehrwert unserer Private-Cloud-Lösung besteht darin, dass wir sie im Kundenauftrag als voll gemanagten Service betreiben. Durch unsere Sicherheitsstrukturen und das Monitoring gepaart mit dem proaktiven Support bemerken Kunden nicht einmal, dass eine Störung entstehen könnte, weil wir es gar nicht so weit kommen lassen. Aufgrund entsprechender SLAs können sich unsere Kunden darauf verlassen. Bei unseren Public-Cloud-Services bieten wir AES-256-Bit-Verschlüsselung; der Schlüssel ist dabei nur dem Kunden bekannt. Nach heutigem Stand der Technik sind so verschlüsselte Kundendaten nicht knackbar.

Welche Rolle werden die IT-Systemhäuser IT-Dienstleister Ihrer Ansicht nach künftig im Cloud-Geschäft spielen?

Joachim Opper: Eine sehr wichtige Rolle! Es werden die Systemhäuser gewinnen, welche die Cloud als Managed-Service-Angebot für ihre Kunden verstehen und alles technisch und juristisch Nötige dafür tun, dass der Mittelstand Vertrauen in den Schutz seiner Daten in der Cloud und der entsprechenden Systemumgebung hat. Wir sind dabei, in eine Phase der Goldgräberstimmung einzutreten. Gefährlich kann es für Systemhäuser werden, die sich nicht service-fokussiert positionieren.

Neben der Datensicherheit sind auch das Datenmanagement, die Datenintegrität und letztlich auch die Frage, wie ein Anwender seine Daten aus der Cloud umziehen oder gar zurückholen kann, ein großes Thema, weil oft noch Standards fehlen. Wie lösen Sie das Problem?

Joachim Opper: Die Migration in die Cloud und aus der Cloud heraus ist Teil unserer Dienstleistung und bereits mit der Kostenpauschale abgedeckt. Unterstützend stehen für die einzelnen Cloud-Dienste Schnittstellen zur Verfügung, damit solche Migrationen nahtlos über die Bühne.

Eine weitere Hürde stellt die Verbindung des Firmen-Datacenters oder deren Niederlassungen mit dem Rechenzentrum des Cloud-Providers über weite Strecken dar. Wie gewährleisten Sie die erforderliche Bandbreite und Performance?

Joachim Opper: Mit unseren regionalen Clouds bieten wir kurze Wege vom Standort des Kunden in unsere RZ-Standorte. Das ist gerade für Mittelständler eine wesentliche Voraussetzung. Und: Wir haben unsere Cloud-Services so entwickelt, dass grundsätzlich nur komprimierte Datenmengen über die Internetleitung fließen. Bei Backup2Net zum Beispiel machen wir am Anfang ein initiales Voll-Backup, danach werden nur noch die täglich geänderten Daten in die Cloud gesichert. Dafür kann sogar ein DSL-Anschluss genügen. Bei sehr großen Datenmengen ist eine Private Cloud in Erwägung zu ziehen, um gute Zugriffszeiten für die Anwender gewährleisten zu können.
Wir sind kein anonymer Click-Shop im Internet: Mit dem Kunden machen wir eine Analyse um seinen Bedarf zu ermitteln, und darauf basierend bieten wir die entsprechende Lösung: Private Cloud, Public oder Hybrid Cloud.

Um Dienste aus der Cloud nutzen zu können, muss das Rechenzentrum des Kunden auch entsprechend "cloud-fähig" sein. Inwiefern ist die Infrastruktur bei mittelständischen Kunden Ihrer Erfahrung nach dafür bereits gerüstet?

Joachim Opper: Das sehen wir völlig konträr: Das Rechenzentrum des Kunden muss eben nicht cloud-fähig sein. Unsere Cloud-Dienste sind vollständig gemanagte Services. Das heißt: Wir entlasten unseren Kunden bei Standard-IT-Aufgaben, so dass dieser sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren kann. Das kann so weit gehen, dass der Kunde nur noch einen Internet-Anschluss benötigt und wir betreiben seine komplette IT.

Wie hoch ist die Bereitschaft der Kunden in Deutschland, gerade der mittelständischen, in die Modernisierung ihrer Infrastruktur zu investieren?

Joachim Opper: Die Cloud soll den Mittelstand entlasten und keine Investition sein, die er tätigen muss. Das ist doch der Clou an der ganzen Sache! Der Kunde bekommt von uns einen gemanagten Cloud-Service und zahlt dafür eine monatliche Pauschale inklusive Service und Support, die er sofort steuerlich absetzen kann. Dadurch werden seine IT-Kosten transparent und kalkulierbar. Er hat keine unkalkulierbaren finanziellen Risiken mehr mit seiner IT-Infrastruktur, wie das bisher der Fall war.

Wo sehen Sie mit Blick auf das Lizenz- und Channelmodell bei den Herstellern noch besonders großen Verbesserungsbedarf, um Cloud-Angebote für Anwenderunternehmen und Vertriebspartner tatsächlich attraktiv zu machen?

Joachim Opper: Diese Frage stellt sich für uns nur bedingt, weil wir 2012 begonnen haben, mit unseren eigenen Cloud-Services am Markt zu agieren, die sehr gut ankommen. Die Hersteller sind für uns wichtige Infrastruktur- und Lösungspartner bei Private-Cloud-Lösungen für Konzerne und Großunternehmen. Bedarf sehen wir bei den Schulungsprogrammen sowie bei Service und Support, da die Software-Produkte für große Cloud-Architekturen zum Teil sehr komplex sind. Diese Komplexität bekommen wir nur in den Griff durch gut geschulte Mitarbeiter. Wir sind einer der wenigen Cloud-System-Matrix-Partner von Hewlett-Packard in Deutschland und haben gemeinsam mit einer großen Stadtverwaltung eine Private Cloud aufgebaut, die jetzt in die nächste Ausbaustufe geht.

Inwiefern geraten Sie mit Ihren Hosting-Angeboten auch in Konkurrenz zu den Public-Cloud-Anbietern wie beispielsweise Amazon AWS, Google oder Windows Azure?

Joachim Opper: Gar nicht, da wir ausschließlich Business-to-Business-Kunden adressieren. Wir sehen das völlig entspannt, weil die Philosophie dieser Anbieter nicht dem deutschen Datenschutz entspricht. Genau an diesem Punkt ist das Sicherheitsbedürfnis von Kundenseite sehr ausgeprägt. Zum Beispiel haben wir mit Share2Net eine sichere "Dropbox" made in Germany entwickelt. Das ist interessant für alle Unternehmen, deren Fachabteilungen an der IT vorbei einen solchen Cloud-Service benutzen, was den Compliance-Richtlinien dieser Firmen zuwiderläuft.

Gibt es Kundenszenarien, in denen Sie auch mit Public-Cloud-Anbietern kooperieren, um das bestehende Angebot zu erweitern oder weil Kunden es ausdrücklich wünschen?

Joachim Opper: Dafür besteht zurzeit keine Notwendigkeit. In unserem Kundensegment spielen diese Anbieter im produktiven Betrieb keine Rolle, und zwar wegen der Sicherheitsbedenken.

Ein Blick in die Zukunft: Analysten von Experton zufolge erobert Cloud Computing die Unternehmens-IT. Das führe aber auch zu einer veränderten Wettbewerbslandschaft, in der die großen Player wie Amazon AWS, Microsoft Azure und Google Cloud Platform ihre Skalenvorteile ausspielen. Wird das Cloud-Business hierzulande in fünf Jahren beherrscht von wenigen großen Anbietern wie Amazon? Welche Chancen haben die Cloud-Angebote mittelständischer Systemhäuser und Kooperationen?

Joachim Opper: Hierzulande wird das Cloud-Geschäft mitnichten von großen Anbietern beherrscht werden - sie werden verlieren. Lokale Anbieter oder länderspezifische Lösungen werden die Gewinner sein! Der Kunde will wissen wo seine Daten liegen und was damit geschieht. (rb)

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