E-Commerce alleine macht kein schlechtes Unternehmen gut

23.03.2000
Die Analysten von Mercer sind sich einig: E-Commerce wird den traditionellen Vertrieb nicht ablösen. Die Zukunft gehört den Unternehmen, die die Stärken beider Kanäle nutzbringend miteinander verknüpfen.

Der kometenhafte Aufstieg von E-Commerce und Internet wird über kurz oder lang die traditionellen Unternehmen ablösen und überflüssig machen, unken viele. Weit gefehlt, behaupten die Marktforscher der Münchener Unternehmensberatung Mercer Management Consulting in einer aktuellen Studie. Die Zukunft gehöre vielmehr den Unternehmen, die die virtuellen als auch die traditionellen Vertriebskanäle gleichermaßen benutzen.

Nach Einschätzung von Mercer sei das hybride Geschäftskonzept am ehesten geeignet, die hohen Erwartungen von Kunden und Anlegern zu erfüllen. Einzige Voraussetzung: Um auch in Zukunft ein erfolgreiches Unternehmen zu bleiben, müssen die Stärken von Online- und Offline-Strategien intelligent und nutzbringend miteinander verknüpft werden.

Viele E-Business-Firmen erkennen, dass virtuelle Geschäftsstrategien alleine nicht ausreichen. So plant beispielsweise Amazon, 300 Millionen Dollar in den Vertrieb zu investieren. Der virtuelle Lebensmittelhändler Webvan beabsichtigt, seine Produkte in Zukunft zusätzlich über 25 Vertriebseinrichtungen vor Ort näher am Kunden zu platzieren. Dafür stellt das amerikanische Unternehmen eine Milliarde Dollar bereit.

Die Studie führt als einen der Gründe für diesen Trend die hohen Ansprüche und das veränderte Einkaufsverhalten im Internet an. Die Online-Kunden geben sich nicht mehr nur allein mit günstigen Preisangeboten, umfassenden Informationen oder einer reichhaltigen Auswahl zufrieden. Zu einem attraktiven Online-Angebot gehören inzwischen auch erstklassige Serviceleistungen und maßgeschneiderte Produkte.

Umgekehrt verfügen fast alle großen europäischen Handelsunternehmen mittlerweile über Internet-Shops. So arbeiten beispielsweise Deutschlands Großbanken mit Hochdruck daran, ihren Kunden künftig umfangreiche Online-Dienstleistungen anbieten zu können. Medienriese Bertelsmann hat sich den gezielten Aufbruch in das Internet inzwischen zur obersten Aufgabe gemacht.

"Wenn du ein schlechtes Unternehmen nimmst und daraus einen E-Commerce-Anbieter machst, bleibt es immer noch ein schlechtes Unternehmen - es ist dann lediglich ein schlechtes Online-Unternehmen", konstatiert Michael Dell, Gründer des gleichnamigen Global-Players.

Stabile Konzepte fehlen

Die Marktanalysten von Mercer belegen Dells These mit Fakten: Von den über 200 Internet-Firmen, die Ende 1999 am Frankfurter Neuen Markt notiert wurden, sind weniger als zehn Prozent für etwa 72 Prozent der in dieser Branche erzielten Marktkapitalisierung verantwortlich. Durchschnittlich mussten diese Firmen 1998 ein Minus von 22 Prozent verbuchen, das bis Ende des dritten Quartals 1999 sogar noch auf 31 Prozent anstieg.

Die Quintessenz für die Markforscher von Mercer: Solange es den Unternehmen nicht gelingt, ihre Online-Aktivitäten mit Hilfe eines stabilen und kundenorientierten Geschäftskonzepts zu steuern, kann dieses Versäumnis durchaus zu einer Gefahr für das Internet-Business werden.(mm)

www.mercermc.com

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