"Geschäftserfolg und Sympathiewerte hängen nicht zwingend zusammen"

30.05.2002
Seit August 2000 leitet Peter Dewald die Geschicke von Sage KHK. Während sich die unternehmenseigenen Umsätze seitdem positiv entwickeln, klagt der Channel über den harten Kern des ehemaligen Apple-Chefs. ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins sprach mit dem Sage-KHK-Geschäftsführer über das Image des Softwareherstellers sowie die künftige Unternehmens- und Produktstrategie.

Die Sage Group hat im Mai ihre Geschäftszahlen für das Halbjahr 2001/02 vorgelegt. Wie haben Sie mit Sage KHK in Deutschland dabei abgeschnitten?

Dewald: Die Sage Group hat ein Super-Ergebnis hingelegt. Das kann ich auch für Deutschland sagen. Wir legten im Vergleich zum Halbjahresergebnis des Vorjahres hier zu Lande beim Lizenzumsatz um zehn Prozent zu und steigerten den Gesamtumsatz um sieben Prozent.

Was heißt das in absoluten Zahlen für Deutschland?

Dewald: Der Umsatz liegt in einer Größenordnung von etwa 20 Millionen Euro, und zwar rein für die Sage KHK. Die Unternehmenszukäufe wie S&P und Ganke & Schubert sind darin noch nicht konsolidiert. Das heißt, wir werden im Gesamtjahr ein deutliches Umsatzwachstum erzielen. Einen Teil davon erwirtschaften wir aus eigener Kraft und einen Teil durch die Übernahme von Firmen vorwiegend in neuen Geschäftsfeldern.

Die Umsätze steigen, aber die Sympathiewerte von Sage KHK seit Ihrem Amtsantritt im August 2000 nicht. Die rote Laterne nach Sympathiewerten hat das Unternehmen bei der ComputerPartner-Befragung zum Channel Champion der Softwarehersteller auch im Jahr nicht 2001 abgeben können. Haben Sie den schwarzen Peter bei Ihren Vertriebspartnern?

Dewald: Bei der Markenbekanntheit verbesserten wir uns deutlich. Geschäftserfolg und Sympathie hängen nicht zwingend zusammen, was auch die schlechte Platzierung von Microsoft zeigt. Natürlich wäre es mir lieber, wenn wir einen höheren Wert hätten - leider sind ja alle ERP-Hersteller schlecht bewertet. Sicherlich wird nicht alles, was wir tun, auf uneingeschränkte Zustimmung bei unseren Partnern stoßen, aber unsere Channel-Programme und -Aktivitäten der letzten Zeit fanden positive Resonanz.

Beispielsweise beklagen Ihre Fachhändler, dass Sage KHK, anstatt Softwarefehler zu beheben, auf das nächste Update vertröstet. Ist das langfristig gesehen die richtige Strategie?

Dewald: Es stimmt, dass wir nicht jeden Fehler, der an uns herangetragen wird, sofort lösen können. Das ist unmöglich. Wir priorisieren: Es gibt Fehler, die werden sofort behoben, zum Beispiel wenn Rechenfehler auftreten oder Systemabstürze provoziert werden. Andere beheben wir mit dem nächsten Release und manche gar nicht. Das ist ein in der Industrie übliches Verfahren.

Ihre Vertriebspartner kritisieren auch immer wieder den Support von Sage KHK. Am 13. Mai habe ich selber bei der System-Support-Hotline angerufen, eine automatische Ansage teilte mir mit, dass niemand verfügbar sei. Als Ersatz wurde auf die Website verwiesen. Ist das ein angemessener Service?

Dewald: Das war die absolute Ausnahme. Es fand eine Versammlung des Betriebsrates statt, die laut Gesetz während der Arbeitszeit stattfinden muss. Wir achten sonst immer darauf, jegliche Versammlungen nur außerhalb der Hotline-Zeiten durchzuführen. Dass wir unterschiedliche Antwortzeiten und Spitzen haben, ist, wie bei jeder Hotline, nicht zu umgehen.

Ihre Fachhändler beklagen auch, dass sie für jede Leistung, zum Beispiel für die Autorisierung des Lohn-Nachfolgemoduls Personalwirtschaft, extra bezahlen müssen. Mit Einführung der Reseller-Pakete Anfang 2002 war die Zertifizierung für den Lohn inklusive. Warum decken die Reseller-Pakete, die für Office und Classic SSC 50/100 immerhin 5.000 Euro pro Jahr kosten, diese Leistung nicht mit ab?

Dewald: Das Modul Personalwirtschaft war zunächst nur für Office Line 200 verfügbar. Die Autorisierung dafür war inklusive. Nachdem wir das Modul für alle Office-Line-Releases anbieten, haben wir zum gleichen Zeitpunkt die gesamte Autorisierung überarbeitet. Weil es sich bei der Personalwirtschaft um eine eigene Produktlinie handelt, ist dafür auch eine eigene Autorisierung erforderlich. Es geht dabei im Wesentlichen um neue Händler, die keine Office-Line-200-Zertifizierung hatten.

Viele Händler hätten sich aber gar nicht erst kostenpflichtig für das Modul Lohn zertifizieren lassen beziehungsweise haben das Reseller-Paket gekauft, weil sie davon ausgingen, dass auch das Nachfolge-Modul darin enthalten sein wird. Warum ist das nicht der Fall?

Dewald: Kann es nicht sein. Das Modul Personalwirtschaft enthält mehr als Lohn. Es enthält das Modul Lohn, ein Personalinformations-System und eine Reisekostenabrechnung. Letztere sind die komplexen Anwendungen. Auch die Lohn-Applikation selbst ist im Modul Personalwirtschaft deutlich umfangreicher als vorher.

Wie lange wird das seit März verfügbare Vorgänger-Modul Lohn noch weiterentwickelt und supportet?

Dewald: Voraussichtlich bis Ende 2003.

Wird es dann eingestellt?

Dewald: Das weiß ich noch nicht, deshalb sage ich ja, voraussichtlich.

Die Bildschirmmasken von Sage KHK Office Line und dem Modul Personalwirtschaft sind nicht konsistent. Wann werden sich diese angleichen?

Dewald: Gar nicht.

Warum nicht?

Dewald: Weil es nicht unbedingt notwendig ist. Die Nutzer sind meist nicht identisch. Das eine Produkt wird in der Personalabteilung, das andere in der Buchhaltung eingesetzt. Die Integration zwischen Lohn und Personalwirtschaft ist wichtiger als die Integration zwischen Lohn und dem ERP-System. Die meisten Anbieter von Unternehmenssoftware besitzen kein eigenes Lohn-Modul, sondern binden eines von einem anderen Hersteller an.

Sage KHK hat vor kurzem den Wettbewerber Gandke & Schubert übernommenen. Deren Vertriebspartner waren darüber nicht alle erfreut, wie die Kommentare auf die Meldung von ComputerPartner belegen. Welche Produktstrategie verfolgt Sage KHK mit der Software des Unternehmens? Wie wird deren Channel in den Vertriebskanal von Sage KHK integriert?

Dewald: Der Channel-Anteil am Umsatz von Gandke & Schubert ist sehr gering. Trotzdem sind deren Vertriebspartner für uns wichtig und willkommen. Das Unternehmen bleibt eigenständig und wird am Standort weitergeführt.

Bleibt der Markenname bestehen?

Dewald: Es handelt sich bei Gandke & Schubert um eine eingeführte Marke, und es gibt keinen Grund, daran etwas zu rütteln. Derzeit ist nichts geplant, aber ich kann es für die Zukunft auch nicht ausschließen.

Microsoft und SAP nehmen mit ihrem Einstieg in das ERP-Mittelstandsgeschäft kleinere Hersteller für kaufmännische Software in die Zange. Wie lautet Ihre Antwort darauf?

Dewald: Ich habe hohen Respekt vor den beiden Unternehmen. Aber noch gibt es zu deren Bemühungen mehr Fragen als Antworten. Ich kann nur feststellen, wo unsere Stärken liegen. Wir verfügen über ein Produktportfolio, das einen nahtlosen Übergang vom Kleinstunternehmen bis zu Companies mit 1.000 Mitarbeitern ermöglicht, und wir haben einen sehr starken Channel.

Der könnte sich dezimieren. Gerade SAP wirbt derzeit massiv um Vertriebspartner. Befürchten Sie, dass Ihre Händler zu den Walldorfern überlaufen werden?

Dewald: Wir wissen, dass sie angesprochen werden. Ich kann nicht ausschließen, dass Einzelne abwandern, würde mich aber doch sehr wundern. Warum sollten sie einen Hersteller mit mehreren verfügbaren Produktlinien und dem notwendigen Know-how sowie einer großen installierten Basis gegen etwas Unbekanntes eintauschen? Im Übrigen sehen das viele Branchenkenner auch eher als Kampf Microsofts gegen SAP und nicht gegen andere ERP-Hersteller.

Microsoft hat im Geschäft mit Unternehmenssoftware einen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern. Sie stellen die ITBasistechnologie her, die zum großen Teil im SMB-Markt eingesetzt wird. Sage KHK ist ein großer Microsoft-Partner. Befürchten Sie, dass die Redmonder ihren Wissensvorsprung ausnützen?

Dewald: Microsoft sagt: Nein! Ich muss davon ausgehen, dass das stimmt. Wir sind ein großer Partner der Redmonder, gleichzeitig treten sie immer stärker in Konkurrenz zu uns. Microsoft hat damit eine große Verantwortung auf sich geladen, sein Geschäft gegenüber seinen Partnern einheitlich fair zu gestalten. Wenn das nicht der Fall ist, dürfte es für Microsoft schwierig werden.

Bereitet sich Sage KHK bereits auf diesen Fall vor? Die Sage Group bietet seit kurzem ihre "Line 500" auch auf dem Betriebssystem Linux an, dem Konkurrenzprodukt zu Windows. Wird Sage KHK seine Produktlinien ebenfalls für die Open-Source-Plattform öffnen?

Dewald: Zu künftigen Produktentwicklungen geben wir keine Auskunft.

Wie sieht es bei der Internetplattform Dotnet von Microsoft aus? Wird Sage KHK seine Produktlinie darauf anbieten?

Dewald: Sicherlich werden wir uns damit auseinander setzen. Wir haben Produkte, die sehr stark auf Microsoft-Technologie basieren. Deshalb werden wir diese Entwicklung früher oder später auch nachvollziehen. Dazu gibt es keine ernsthafte Alternative, aber wir brauchen uns auch nicht zu beeilen. Der Mittelstand ist nicht technologiegetrieben, viele Unternehmen arbeiten heute noch auf einer DOS-Umgebung.

Liegt das Sage-KHK-spezifisch vielleicht auch an den hohen Update-Preisen?

Dewald: Updates kosten Geld. Aber der Preis ist kein Thema, über das wir häufig diskutieren müssen.

In den am häufigsten eingesetzten Modulen der Classic Line Finanz- und Anlagenbuchhaltung sowie Auftragsbearbeitung und Bestellwesen gibt es in der neuen Version 3.0 keine großen funktionalen Verbesserungen. Lagerfertigung und universelle Versandschnittstelle sind als Zusatzpakete kostenpflichtig. Ist der Preis für die Hauptpakete in Höhe von rund 2.000 Euro gerechtfertigt?

Dewald: Die 2.000 Euro sind der Preis für ein neues Paket der Classic Line. Ansonsten handelt es sich um ein Upgrade. Wir ermöglichen jetzt eine dreistufige Systemarchitektur. Die zusätzlichen Module wie Lagerfertigung benötigt nicht jeder Kunde, der das Hauptpaket kauft, und sollte sie deshalb auch nicht mitbezahlen müssen.

Warum hat Sage KHK seinen Systems-Auftritt abgesagt?

Dewald: Wir prüfen, wo unsere Ressourcen am besten eingesetzt sind. Dabei haben wir festgestellt, dass eine Messe im Süden Deutschlands für uns nicht effizient ist. Wir stecken unsere Ressourcen lieber in einen großen Herbst-Event für unsere Vertriebspartner, das bringt uns mehr.

Das Channel-Event fand auch 2001 statt. Damals war Sage KHK auf der Systems vertreten.

Dewald: Es gibt zu viele Events im Herbst. Wir wollen uns mehr um unser Geschäft kümmern, als unsere Zeit auf Festen zu verbringen. Außerdem sind wir ja nicht die Einzigen, die dieses Jahr nicht auf der Systems ausstellen, obwohl wir es uns aufgrund unserer Ergebnisse leisten könnten.

Wird es außer dem Channel-Event weitere Aktionen von Sage KHK in diesem Jahr geben?

Dewald: Wir haben das noch nicht entschieden. Aber wir überlegen zurzeit, ob wir bundesweit eine Roadshow veranstalten und damit zum Kunden und zum Händler kommen.

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