"Gibt es eine Apple-Welt außerhalb der Kreativbranche?"

28.11.1997
DÜSSELDORF: Mit dieser Frage eröffnete Christian Meyer, stellvertretender Chefredakteur von ComputerPartner, einen lebhaften Meinungsaustausch während der MacWorld & Publishing Expo 1997. Die Diskussionsteilnehmer nahmen kein Blatt vor den Mund, und es gab viel Kritik (aber auch positive Bemerkungen) an die Adresse des Apple-Managements. Die Quintessenz: Es gibt auch außerhalb von Verlagen und Agenturen "Apple-Spielwiesen". Aber hier ist jeder Händler auf sich selbst angewiesen.Die strategische Ausrichtung von Apple fokussiert auf Publishing und Education", stellt Reiner Deichmann, Vertriebsleiter Großkunden bei der Apple Computer GmbH in Ismaning, schon eingangs der Diskussion den aktuellen Kurs des Unternehmens klar. Vehement verteidigte der Apple-Manager diesen erneuten Schwenk mit der wohl eher rhetorisch gemeinten Frage, "was denn so schlecht an der Publishing-Branche sei". Er rechnete vor, daß im nächsten Jahr alleine im Verlagsbereich von einer Investitionssumme von 1,2 Milliarden Mark ausgegangen wird und es Apple gut anstehen würde, wenn "wir davon wieder ein großes Stück abbekommen würden".

DÜSSELDORF: Mit dieser Frage eröffnete Christian Meyer, stellvertretender Chefredakteur von ComputerPartner, einen lebhaften Meinungsaustausch während der MacWorld & Publishing Expo 1997. Die Diskussionsteilnehmer nahmen kein Blatt vor den Mund, und es gab viel Kritik (aber auch positive Bemerkungen) an die Adresse des Apple-Managements. Die Quintessenz: Es gibt auch außerhalb von Verlagen und Agenturen "Apple-Spielwiesen". Aber hier ist jeder Händler auf sich selbst angewiesen.Die strategische Ausrichtung von Apple fokussiert auf Publishing und Education", stellt Reiner Deichmann, Vertriebsleiter Großkunden bei der Apple Computer GmbH in Ismaning, schon eingangs der Diskussion den aktuellen Kurs des Unternehmens klar. Vehement verteidigte der Apple-Manager diesen erneuten Schwenk mit der wohl eher rhetorisch gemeinten Frage, "was denn so schlecht an der Publishing-Branche sei". Er rechnete vor, daß im nächsten Jahr alleine im Verlagsbereich von einer Investitionssumme von 1,2 Milliarden Mark ausgegangen wird und es Apple gut anstehen würde, wenn "wir davon wieder ein großes Stück abbekommen würden".

Grundsätzlich begrüßte Lothar Hänle, Geschäftsführer der ACI Software Vertriebs GmbH in Neufahrn, die Fokussierung auf die Kreativbranche. Aber dann muß Apple auch, forderte er, die richtigen Argumente bringen, warum die Mac-Plattform die bessere ist. Und: Seiner Erfahrung nach hat Apple weit mehr Möglichkeiten: "Wir verkaufen Lösungen in Bereiche, von denen Apple gar nicht weiß, daß sie mit ihren Produkten dort vertreten sind. Das sollte der Apple-Schaltzentrale schon zu denken geben", so die Anregung von Hänle.

Bemerkenswert, daß selbst Thomas Aschenbrenner, Geschäftsführer der 100prozentigen Apple-Tochter Claris in Unterschleißheim, mit Apple über Kreuz zu liegen scheint: "Es gab so viele Schwenks in der Apple-Strategie in den letzten Jahren, daß es selbst uns schwerfällt, mit unseren Strukturen darauf zu reagieren", ärgert er sich. Neben dem ewigen Hin und Her in bezug auf das Engagement im Consumer-Markt zum Beispiel der Kurswechsel vor über zwei Jahren, als Apple den Lockrufen von SAP folgte und in den Bereich der kaufmännischen Lösungen einstieg. "Auf Druck unserer Kunden", wie Apple-Vertriebsleiter Deichmann beteuerte.

Bei diesem Thema kochte viel Zorn bei Nurdan Symanzick, Vertriebsleiterin der UCS GmbH in Rottgau, hoch. Für sie und viele Apple-Händler kam die Message damals so rüber, daß "jetzt nur noch SAP gemacht wird". Große Pläne standen im Raum - Systemintegratoren wie Compunet und Debis sollten für dieses Projekt gewonnen werden - und lösten sich weitgehend im Nichts auf. Zurück blieben viele kleinere Anbieter, die man für die MacOS-Plattform vergrault hat. Nebenbei: Vor wenigen Tagen gab SAP-Chef Plattner bekannt, daß ab dem Jahr 2000 für SAP/R3 sämtliche Plattformentwicklungen mit Ausnahme von Windows NT eingestellt werden.

Apple-Händler von Kunden vor die Tür gesetzt

Marc Baumann, beim Distributor Ingram Micro Deutschland GmbH in München verantwortlich für den Bereich New Media, konnte auch von üblen Erfahrungen der Apple-Partner berichten: "Ich kenne genug Händler, die bei langjährigen Kunden in Banken oder im Medizinbereich mit Apple wegen Imageproblemen und des Zickzack-Kurses vor die Tür gesetzt wurden.

Immer wieder drehte sich die Diskussion um die Problematik der Apple-Händler. Auch wenn Apple-Vertriebschef Deichmann betonte, daß die kontinuierliche Betreuung im Großkundengeschäft kein Thema ist, gibt es an der Basis offensichtlich doch erheblichen Nachholbedarf, vor allem was die Informationspolitik des Unternehmens betrifft. "Es ist die selbstverständliche Aufgabe eines Herstellers, seine Partner zu informieren", forderte Apple-Partnerin Symanzick.

Vorwurf: Apple-Händler tun zu wenig

Leider mußte sie die Erfahrung machen, daß selbst Apple-Mitarbeiter über Lösungen nicht informiert sind. Die Entgegnung von Apple-Manager Reiner Deichmann, "über die Apple-Homepage sind alle Informationen herauszufinden", löste einige Heiterkeit auf dem Podium aus.

Doch auch die Apple-Händler bekamen ihr Fett weg. So warf Ingram Micro-Manager Baumann vielen Apple-Händlern vor, daß die meisten "relativ wenig getan haben, um sich für die Zukunft zu rüsten". Sie seien im Datenbanksektor wenig bewandert und im Lösungsgeschäft gar nicht unterwegs. Symanzick sprang ihren Kollegen zur Seite. Sie meinte, daß etliche gerne Lösungsgeschäfte machen würden, aber Probleme haben, diese langfristigen Projekte finanziell durchzuhalten. Der klassische Fall, daß die Katze sich in den Schwanz beißt.

"In der jetzigen Situation ist es für Apple extrem wichtig, an der Basis zu arbeiten", betonet Claris-Chef Aschenbrenner. Der Fachhändler habe immer die Marke Apple hochgehalten. "Wenn der jetzt wegbricht, kriegen wir massive Probleme", fürchtete Aschenbrenner (vergleiche zu diesem Thema auch den Artikel zu den Veränderungen im Apple-Vertrieb auf dieser Seite). Deshalb müsse es für Apple und Claris heißen, die Basis zu nutzen, zielgruppenfokussierte Aktivitäten und eine Nischenstrategie zu fahren, damit "das Vertrauen in die Plattform wiedergefunden wird" (Aschenbrenner).

Um viel Vertrauen wird Apple bei seiner Partnerin Symanzick werben müssen: Seit zwei Jahren führte UCS im Rahmen der Messe mit gutem Erfolg Informationsveranstaltungen für Großkunden durch. In diesem Jahr sollte Apple diesen Event organisieren. Apple-Manager Deichmann erklärte, "aufgrund interner und externer Schwierigkeiten" habe Apple lediglich eine Veranstaltung für die ehemaligen Next-Kunden auf die Beine stellen können. Dann rückte er noch damit heraus, daß zusätzlich das Gründungsmeeting der User-Group aus dem Medical-Bereich stattfinde, das aus der Zusammenarbeit mit der UCS entstanden sei. Symanzick fiel aus allen Wolken: "Schön, daß ich das auch erfahre!", empörte sie sich. Soviel noch zur Informationspolitik von Apple.

Nach dem Ende der Veranstaltung wußte die an Apple-Erfahrungen reiche UCS-Vertriebsleiterin noch von einem Nackenschlag der besonderen Art zu berichten. Eine Vereinbarung zwischen UCS und Apple über ein Bundle der UCS-Software Voyant mit Apple und Oracle war schon unter Dach und Fach, als ein knappes Mail aus Ismaning eintraf, daß "alle Server als Atari-Emulatoren an einen Händler X verkauft wären". Bei Interesse möchte UCS sich an diesen Händler wenden. (ak)n

Die Teilnehmer

- Nurdan Symanzick, Vertriebsleiterin der UCS GmbH in Rottgau

- Thomas Aschenbrenner, Geschäftsführer der Claris GmbH in Unterschleißheim

- Lothar Hänle, Geschäftsführer der ACI Software GmbH in Neufahrn

- Reiner Deichmann, Vertriebsleiter Großkunden der Apple Computer GmbH in Ismaning

- Marc Baumann, Produktmanager New Media/Internet bei der Ingram Micro GmbH in München

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