Die verheerendste Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs lässt sich neben klaren Managementfehlern auch auf die Überheblichkeit und das bedingungslose Renditestreben von Führungskräften zurückführen. Deutlich wird dies anhand der 2009 bekannt gewordenen Gehälter von Top-Managern deutscher Großunternehmen. Allen voran Dirk Jens Nonnenmacher, Vorstandsvorsitzender der angeschlagenen HSH Nordbank. Dieser verlangte drei Mio. Euro Bleibeprämie, unabhängig davon, dass er über Jahre riskante Geschäfte gedeckt hatte.
Individualistisches Nützlichkeitsethos
Nonnenmacher ist jedoch kein Einzelfall. Im Zuge des Arcandor-Zusammenbruchs bekam Karl-Gerhard Eick, der lediglich sechs Monate Chef des zerfallenden Handelsriesen war und bereits nach der Hälfte seiner Amtszeit Insolvenz anmelden musste, 15 Mio. Euro. Legendär seine Äußerung, die Eick auf den Vorwurf der Maßlosigkeit entgegnete. "Ich bin nicht gierig, aber auch nicht blöd." Kritiker wie Paul Gourgai sehen in der aktuellen Entwicklung nicht nur eine Transformation der Unternehmensethik, sondern auch eine des Selbstverständnisses von Managern. Der sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlende Manager ist ein Auslaufmodell.
"Es hat sich ein individualistisches Nützlichkeitsethos durchgesetzt, das darauf gerichtet ist, das ökonomisch Mögliche und das psychologisch Akzeptable zusammentreffen zu lassen", so der ehemals im Risk Management einer Finanzinstitution tätige Brancheninsider. Traditionelle Wertehaltungen bei deutschen Führungskräften würden durch eine opportunistische Situationsorientierung immer mehr abgelöst, so Gourgai. Diese Beurteilung der Lage stößt auch bei Politikern auf offene Ohren. Nachdem die Wall Street 2009 rund 140 Mrd. Dollar Boni ausgeschüttet hat, platze nun auch US-Präsident Barack Obama der Kragen.