Die "vergessenen" Kosten

Grundsteuer – was Häuslebauer wissen müssen



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Mancher Grundstückskäufer informiert sich nicht ausreichend, welche Kosten auf ihn zukommen. Gerne vergessen wird vor allem die Grundsteuer.
Wer ein Grundstück kauft, rechnet in der Regel vorher alle Kosten durch. Doch die Grundsteuer wird häufig vergessen.
Wer ein Grundstück kauft, rechnet in der Regel vorher alle Kosten durch. Doch die Grundsteuer wird häufig vergessen.
Foto: Tatjana Balzer - Fotolia.com

Wer Immobilien kauft, darf sich nach wie über niedrige Kreditzinsen freuen. Was dagegen immer teurer wird, ist die von den Kommunen erhobene Grundsteuer. Wie viel da tatsächlich auf die Neu-Immobilieneigentümer zukommt, erfahren die meisten erst, wenn der Steuerbescheid im Briefkasten liegt. Die Arag-Experten klären auf.

Was ist die Grundsteuer?

Mit der Grundsteuer besteuern die Kommunen das Eigentum an Grundstücken und den darauf vorhandenen Bauten. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers oder die Frage, ob das Grundstück einen Ertrag abwirft, spielen für die Festsetzung keine Rolle. Geregelt ist die Grundsteuer im Grundsteuergesetz (GrStG). Steuerpflichtig sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke (Grundsteuer A) ebenso wie bebauter oder unbebauter Grundbesitz (Grundsteuer B).

Wie wird die Grundsteuer berechnet?

Das zuständige Finanzamt ermittelt zunächst den so genannten Einheitswert, der dem Eigentümer im Einheitswertbescheid mitgeteilt wird. In den alten Bundesländern werden dazu Daten aus dem Jahr 1964 und in den neuen Bundesländern sogar aus dem Jahr 1935 herangezogen. Dann wird - ebenfalls vom Finanzamt - der jeweilige Grundsteuermessbetrag festgesetzt. Dazu wird der Einheitswert mit der Grundsteuermesszahl multipliziert. Sie beträgt nach dem GrStG in den alten Bundesländern 6 ‰ für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke und 2,6 bis 3,5 ‰ für Grundbesitz. In den neuen Bundesländern liegen die Werte zwischen 5 und 10 ‰. Der Grundsteuermessbetrag wird schließlich mit einem Hebesatz multipliziert.

Ein Berechnungsbeispiel:
Für ein Grundstück in Frankfurt a. M. wird ein Einheitswert von 20.000 Euro ermittelt. Die Grundsteuermesszahl beträgt 3,5 ‰. Daraus errechnet sich ein Grundsteuermessbetrag von 70 Euro. In Frankfurt a. M. gilt derzeit ein Hebesatz von 460 %. Der Grundsteuerbescheid wird deshalb einen Betrag von 322 Euro ausweisen. Weil es sich bei der Grundsteuer um eine kommunale Steuer handelt, werden die Hebesätze von den Gemeinden in Eigenregie festgelegt. Das hat zur Folge, dass für ein Grundstück in der Kommune A und für ein Grundstück in der Kommune B trotz gleichen Einheitswerten völlig unterschiedliche Grundsteuern anfallen können - und dass die Hebesätze immer weiter ansteigen, weil die Gemeinden dadurch ihr Steueraufkommen erhöhen können.

Umlage auf den Mieter

Gut zu wissen: Wohnungs- oder Hauseigentümer, die ihre Immobilie vermieten, können die Grundsteuerlast als Teil der Betriebskosten an ihre Mieter weitergeben. So steht es ausdrücklich im Gesetz: § 2 der Betriebskostenverordnung (BetrKV) definiert als Betriebskosten u.a. die laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks und nennt namentlich die Grundsteuer. Sieht der Mietvertrag eine Umlage der Betriebskosten vor und nimmt er auf die in der BetrKV genannten Kosten Bezug, muss der Mieter die Grundsteuer - je nach Anzahl der Mietparteien ganz oder anteilig - tragen.

Reform der Grundsteuer?

Nicht nur wegen der stetig gestiegenen Belastung der Eigentümer, sondern auch wegen der veralteten Einheitswerte wurde die Kritik am derzeitigen System der Grundsteuer in der Vergangenheit immer lauter. Eine Anfang 2010 von der Finanzministerkonferenz der Länder eingesetzte Arbeitsgruppe soll deshalb Vorschläge zur Reform der Grundsteuer erarbeiten. Die Finanzämter haben darauf reagiert, indem sie die Grundsteuerbescheide seit April 2012 nur unter Vorbehalt ausstellen.

Auch die Gerichte befassen sich mit dem Thema: So hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil (BFH, Az.: II R 60/08) deutlich gemacht, dass er eine Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer für erforderlich hält. Und derzeit ist beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde anhängig (BVerfG, Az.: 2 BvR 287/11), die das Ziel hat, die Einheitsbewertung für verfassungswidrig erklären zu lassen. Grundstückseigentümern empfehlen ARAG Experten deshalb, schon jetzt einen Antrag auf Aufhebung des Einheitswertbescheides zu stellen. Die Finanzämter stellen die Bearbeitung dieser Anträge dann zurück, bis die obersten deutschen Richter eine Entscheidung getroffen hat. (oe)

Quelle: www.arag.de

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