Heilbronner IT-Service-Anbieter holt sich einen starken Partner an seine Seite

06.10.1998

STUTTGART: Die auf ERP-Projekte im Mittelstand spezialisierte TDS AG setzt künftig nicht mehr allein auf SAP, sondern auch auf Baan. Dies ließ Günter Steffen, Vorsitzender des TDS-Vorstandes, bei derBilanzpressekonferenz seines Unternehmens durchblicken.

Bereits am 26. Juni sollen TDS-Aktien erstmals am Neuen Markt notiert werden. Mit dem Börsengang will die TDS-Gruppe vor allem das dringend notwendige internationale Wachstum finanzieren.

Für Unternehmensgründer Steffen ist die Strategie klar: "Wir wollen uns auf ERP fokussieren, und ich will keine Bilanzpressekonferenz mehr machen, bei der wir nur über einen ERP-Partner sprechen." Daß dieser zweite Partner neben SAP Konkurrent Baan sein wird, liegt für die TDS auf der Hand. Denn zum einen bewegen sich die Heilbronner vor allem im Mittelstandsmarkt, in dem Baan derzeit bessere Karten als SAP hat. Zum anderen übernimmt die amerikanische Investorengruppe General Atlantic Partners (GAP), die bereits an Baan beteiligt ist, in Kürze insgesamt 20 Prozent der Geschäftsanteile der TDS AG.

Gleichzeitig - und das ist der Hauptgrund für die GAP-Beteiligung - will sich die TDS international besser aufstellen. Heute ist das Unternehmen eines der führenden deutschen IT-Beratungs- und Serviceunternehmen, das vor allem mittelständischen Kunden Consulting und Outsourcing in Sachen ERP (Enterprise Ressource Planning) anbietet. Nach dem Marktforschungsinstitut Input liegt TDS im R/3-Outsourcing mit inzwischen über 100 Verträgen in Deutschland auf Platz vier und ist bei mittleren Kunden Marktführer. "Unsere Differenzierung vom Mitbewerb ist der Full-Service rund um R/3", betont Vorstand Dietmar Hartinger. Zum TDS-Angebotspaket für SAP R/3

gehören unter anderem Consulting, Schulung, Customizing, Netzwerkmanagement und Helpdesk. Zur TDS-Firmengruppe zählt außerdem die DAT Systemhaus GmbH, die sich auf die Systemintegration bei Großkunden sowie auf Lösungen für Banken und Versicherungen spezia-lisiert hat, während die CHG Systemhaus GmbH nach eigenen Anga-

ben führender Dienstleister im Client/Server-Umfeld ist und außerdem Netzwerkdienste und Desktop Outsourcing anbietet.

Auslandsaktivitäten im Moment noch dürftig

Im Ausland ist die TDS-Gruppe allerdings erst seit Dezember 1997 durch ein Joint-venture mit dem Schweizer SAP-Beratungshaus Multivision vertreten. Für eine sichere Zukunft des Unternehmens genügt dies allerdings nicht: "Wenn wir nicht stärker internationalisieren, würden wir einige Kunden verlieren, denn diese erwarten, daß wir sie ins Ausland begleiten", weiß Steffen aus Kundenbefragungen. Typischerweise sei bei vielen der TDS-Kunden die Migration auf R/3 in der deutschen Firmenzentrale abgeschlossen, und es beginnt nun der Softwareumstieg vor allem in europäischen Firmenniederlassungen.

Insgesamt, davon ist Hartinger überzeugt, bewegt sich TDS in einem

der lukrativsten Märkte: "Für IT-Software und -Services wird ein

dauerhaft hohes Wachstum prognostiziert." Gleich mehrere Effekte, so Hartinger, werden dieses Wachstum aufrecht erhalten: So glaubt er auch in nächster Zeit an ein hohes Drehmoment in der Branche durch die Entwicklungen der Chipindustrie. Außerdem habe der Mittelstand einen deutlichen Nachholbedarf bei ERP-Paketen, während bei großen Unternehmen durch die Jahr 2000-Problematik und die Euro-Umstellung zahlreiche Projekte liegenblieben. "Besonders nach dem Jahr 2000 haben Beratungs- und Serviceanbieter sehr große Marktchancen."

Personalnot bringt auch TDS in die Bredouille

Daß die TDS ihre Chancen bereits genutzt hat, zeigen die aktuellen Kennzahlen des Unternehmens: Die TDS-Gruppe erzielte 1997 einen Umsatz von 166,4 Millionen Mark. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Wachstum von 13,2 Prozent, wobei besonders das Geschäftsfeld R/3-Outsourcing boomte. Insgesamt trugen 1997 das R/3-Geschäft 18, das R/2-Geschäft 43 und die Beratung 22 Prozent zum Umsatz bei. Im laufen

den Jahr erwartet TDS eine deutliche Verschiebung zugunsten von R/3 und Beratung. "R/3 ist heute im Auftragsbestand erstmals deutlich größer als R/2", freut sich Hartinger.

Allerdings, so Finanzvorstand Robert Gärtner, ist das Ergebnis der TDS in 1997 entgegen der Umsatzentwicklung gesunken, und zwar von 6,4 auf 6,2 Millionen Mark. Der Grund: "Wir haben 1,7 Millionen Mark für die Personalbeschaffung ausgegeben." Insgesamt wurden 106 Mitarbeiter neu eingestellt, laut Steffen hätte das Unternehmen sogar 150 Mitarbeiter einstellen können. Die Personalnot in der Branche habe TDS sogar gezwungen, Aufträge wieder abzugeben.

Börsengang soll viele Wege ebnen

Immerhin zeigt sich schon jetzt, daß sich die hohe Investition in Personal offensichtlich gelohnt hat: Gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal stieg der Umsatz in den ersten drei Monaten 1998 um 40,4 Prozent auf 52,8 Millionen Mark, das Ergebnis gar um 237,5 Prozent auf 2,7 Millionen Mark. Auf dieser Basis glaubt Gärtner, daß der anvisierte Jahresumsatz von 195 Millionen und das geplante Ergebnis von neun Millionen Mark problemlos durch organisches Wachstum zu erreichen sein werden. Die Zahl der Mitarbeiter soll von derzeit 536 auf etwa 660 bis zum Jahresende weiter wachsen.

Hinzukommen könnte ein weiterer Schub durch Zukäufe. Der bevorstehende Börsengang soll zu den hierfür notwendigen Mitteln verhelfen und das weitere Wachstum des Unternehmens finanzieren. Bereits im Zuge der Umwandlung von der TDS Tele-Daten-Service GmbH in die TDS Informationstechnologie AG fand eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln von etwa 9,2 auf 16,3 Millionen Mark statt. Doch neben der Verbreiterung der Kapitalbasis und der Internationalisierung zeichnet sich aus Sicht von Vorstandschef Steffen schon jetzt ein positiver Effekt des Börsengangs ab: "Wir tun uns heute wesentlich leichter als vor einem Jahr, neue Mitarbeiter zu gewinnen."

TDS-Vorstandschef und Unternehmensgründer Günter Steffen: "Durch den Börsengang tun wir tun uns heute wesentlich leichter als vor einem Jahr, neue Mitarbeiter zu gewinnen."

Der Markt für IT-Software und -Services wird auch in den kommenden Jahren weiter kräftig zulegen. Vor allem nach dem Jahr 2000

haben Anbieter in diesem Segment beste Wachstumschancen, urteilt TDS-Vorstand Dietmar Hartinger.

Noch vor Hewlett-Packard und EDS sehen die Marktforscher von Input die Heilbronner TDS im SAP R/3-Outsourcing-Bereich TDS selbst

bezeichnet sich als Marktführer im R/3-Segment für mittelständische Kunden.

*Thomas Pleil Der Autor ist freier Journalist in Stuttgart

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