Hoffmann & Hoffmann: mit Natcomp im Haifischbecken der IT-Branche

05.04.2001
Hoffmann und Hoffmann, das sind Vater Winfried (57) und Sohn Hendrik (31). Seite an Seite wollen sie mit der Natcomp AG die führenden Lieferanten der Retail-Ketten ärgern und ihnen nach und nach Geschäft abnehmen. Erste Anfangserfolge machen Mut, doch was zählt ist Ausdauer.

Wo wir sind, ist oben. Für Winfried Hoffmann und seinen Sohn Hendrik traf dieser Satz auf der Cebit zumindest rein örtlich gesehen zu. Auf dem Dach der Halle 1, im Appartment 1434, empfingen der Vorstandschef (Hendrik) und der Aufsichtsratschef (Winfried) der Natcomp AG in Bad Homburg ihre Gäste. Und die kamen zahlreich. Aus Neugier und auch weil man sich schon so lange kennt.

Natcomp ist, wenn man so will, ein Startup-Unternehmen mit Vergangenheit. Gestern kannte es noch niemand, heute ist es in aller Munde. Vor allem der TFT-Monitor für 999 Mark vor einigen Wochen bei Media-Markt machte das Unternehmen auf einen Schlag bekannt. Andere Retailer zogen nach - alle mit Produkten aus dem Hause Natcomp. Hoffmann & Hoffmann stürzen sich mitten in ein Haifischbecken, in dem die Schwerge- wichte Medion, Gericom, IPC Archtech und 4MBO auf der Jagd sind.

Im Vergleich zu Marktführer Medion - im Rumpfgeschäftsjahr von August bis Dezember 2000 setzte das Essener Unternehmen rund zwei Milliarden Mark um - ist der Newcomer aus Bad Homburg ein kleiner Fisch. Im vergangenen Jahr lagen die Erlöse bei 142 Millionen Mark. Aber das soll sich ändern. Mit aggressiven Angeboten im Bereich TFT-Display, Notebooks und PDAs (ab Herbst) will Natcomp die "etablierten" Anbieter ärgern.

Der erste Schritt ist jedenfalls schon gelungen: Das Unternehmen wird wahrgenommen. "Ich bin heute mal durch die Halle 1 gegangen, und da gibt es zwei Firmen, über die gesprochen wird: Gericom und Natcomp", freut sich Hendrik Hoffmann im Gespräch mit ComputerPartner während der Cebit. Und Vater Winfried zeigt, dass er noch nichts von seinem Schwung verloren hat. "Wir wollen dieses Geschäft im ganz großen Stil nach vorne treiben. Wir haben dazu die Voraussetzungen. In Bezug auf das Wachstum ist das Unternehmen nicht limitiert", schwärmt der langjährige Spitzenmanager der deutschen IT-Industrie, der zuletzt als Chef von Fujitsu Siemens in Erscheinung getreten war.

Nach Angaben von Branchenkennern ist diese Aussage von Hoffmann etwas zu optimistisch. Denn wer in diesem Marktsegment stark wachsen will, braucht riesige Mengen von verfügbarem Kapital. In kaum einem anderen Marktsegment limitiert die Liquidität das Wachstum eines Anbieters so wie im Retail-Business. Das musste auch Natcomp bereits erfahren. Branchenkenner berichten, dass Natcomp schon Aufträge wegen nicht ausreichender flüssiger Geldmittel ablehne. Natcomp verfügt nach Angaben von Vorstandschef Hoffmann über ein Stammkapital von 7,5 Millionen Euro. Rund 40 Prozent der Anteile liegen bei "strategischen Partnern aus Taiwan", der Rest beim Management und der Familie Hoffmann.

Natcomp ging im vergangenen Jahr aus dem Systemhaus CDC GmbH hervor, das der 31-jährige Hendrik Hoffmann vor einigen Jahren gegründet und immerhin bis zu einem Umsatz von 36 Millionen Mark (1999) entwickelt hat. Dann erfolgte eine totale Neupositionierung des Unternehmens. "Wir haben die Company komplett umgekrempelt", erinnert sich Hoffmann junior. Der Grund: Die Hessen glaubten, im Retail-Segment sich eine bessere Position aufbauen zu können als im Systemhausbereich. Vor allem die guten Kontakte von Vater Hoffmann nach Fernost sind ein enormes Plus, das nicht ungenutzt bleiben sollte. Auch personell hat sich Natcomp der Neuausrichtung des Unternehmens ent- sprechend verstärkt. Der langjährige Hoffmann-Weggefährte Tony Liu zählt ebenso dazu wie der ehemalige Consumer-Vertriebsmann von FSC, Oliver Söllner.

Obwohl Natcomp in erster Linie die Media-Märkte und Karstadts dieser Welt beliefert, schließt Winfried Hoffmann die Zusammenarbeit mit Systemhäusern nicht aus. Denen will er Produkte zur Verfügung stellen, mit denen sie nicht in direkter Vergleichbarkeit zu den Retail-Angeboten stehen. In ihrem Cebit-Appartment auf dem Dach der Halle 1 zeigten die Bad Homburger einige Modelle mit attraktiver Optik, die auch auf den Schreibtischen von gewerblichen Anwendern gut aussehen.

www.natcomp.de

ComputerPartner-Meinung:

Natcomp stößt in ein Marktsegment vor, das nach ähnlichen Mechanismen funktioniert wie der Handel mit frischen Fischen. Dass man in diesem knallharten Geschäft dennoch Geld verdienen kann, zeigen die marktführenden Unternehmen Medion, Gericom und IPC Archtec. Entscheidend für Natcomp wird sein, ob es dem Unternehmen gelingt, die für das schnelle Wachstum erforderliche Liquidität zu gewährleisten. Der Börsengang, der die erforderlichen Mittel dazu einbringen sollte und nach ComputerPartner-Informationen ursprünglich bereits für dieses Frühjahr geplant war, verbietet sich derzeit. Natcomp wird aber schon bald eine dicke Kapitalspritze benötigen. (sic)

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