Im Leasng-Geschäft ein Sonderfall

08.12.1999

MÜNCHEN: Leasing ist auch in Deutschland kein Fremdwort mehr. Software nimmt aber im Leasing-Geschäft als "immaterielles Wirtschaftsgut" eine Sonderstellung ein. Handel und Endkunden akzeptieren dieses Segment nur zögernd."Das Produkt Software ist nicht physikalisch - man kann es eben nicht anfassen. Außerdem erwirbt der Kunde nur das Nutzungsrecht. Das Thema ist abstrakt und daher kommt wohl auch die Skepsis bei den meisten Kunden", meint Willi Zimmerling, Geschäftsführer der ZWF GmbH in Saarbrücken, zum Thema Software-Leasing.

Leasing für materielle Güter wie Autos, Büromaschinen oder auch Hardware ist mittlerweile auch in Deutschland allgemein üblich. Beim Thema Software-Leasing ist man dagegen vorsichtig. Dennoch bezeichnet Arno Städtler, Marktforscher beim Münchner Ifo-Institut, Software-Leasing als "Geschäftssegment mit interessanten Perspektiven". Nach Schätzungen des Ifo-Instituts belaufen sich die Investitionen deutscher Unternehmen in Computerprogramme und Datenbanken derzeit auf knapp 20 Milliarden Mark - Tendenz steigend. Außerdem ist der Preisverfall bei Software-Produkten längst nicht so rasant wie bei Hardware.

"Bei Gesamtlösungen macht die Hardware nur noch einen Drittel des Wertes aus. Der Rest sind Software und Service", meint dann auch Thomas Stahl, Direktor Vertrieb und Marketing bei der IBM Global Financing.

Erste Erhebungen zum Thema Software-Leasing wollen die Ifo-Marktforscher allerdings erst ab diesem Jahr vornehmen. "Das Volumen ist in diesem Bereich noch gering. Da dieses Segment noch sehr jung ist", begründet der Ifo-Experte. Erst seit Ende der 80er Jahre existiert Software-Leasing im Angebot der Leasing-Firmen. Städtler schätzt dennoch, daß "Software-Leasing in diesem Jahr einen Kick nach oben erfährt". Denn aufgrund der Jahr-2000-Problematik und der Euro-Umstellung wären Unternehmen mit Software-Investionen zurückhaltend.

"Erst mal will doch jeder wissen, ob das ganze auch im nächsten Jahr noch funktioniert. Und hier stellt Leasing eine gute Alternative dar", glaubt der Marktforscher zu wissen. Hard- und Software-Leasing gemeinsam haben laut Ifo-Institut 1998 immerhin um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugelegt.

Software-Leasing steckt auch deshalb noch in den Kinderschuhen, weil der Gesetzgeber erst 1993 eine Novellierung des Urheberrechtgesetzes vorgenommen hat (siehe dazu auch Kasten auf Seite 58). Software wird in der Regel nicht verkauft, sondern der Hersteller räumt nur ein Nutzungsrecht (Lizenz) ein. Seit 93 ist nach Deutschem Recht eine solche Lizenz einem Kauf gleichgestellt. Damit ist Software erst "leasingfähig" geworden (ausführlich im Kasten auf Seite 58).

Software-Leasing und seine Besonderheiten

Software-Leasing weist auch nach der Änderung des Urheberrechts noch einige Besonderheiten auf, die sowohl den Handel als auch den Endkunden verunsichern:

- Das Angebot separater Software-Leasing-Verträge (ohne Hardware) gibt es erst seit Ende der achtziger Jahre in Deutschland. Das Informationsdefizit bei Kunden und Wiederverkauf ist groß. Leasing-Gesellschaften bieten hier allerdings für Handelspartner Schulungen an.

- Software stellt nach der Deutschen Rechtssprechung ein "immaterielles Wirtschaftsgut" dar. Mit dem Erwerb einer Softwarelizenz erhält der Anwender nur das Recht, die Software zu nutzen. Während bei Hardware nach Ablauf von Leasing-Verträgen noch der Second-Hand-Markt winkt, ist Software ein Gut ohne Sicherheitswert.

- Software hat einen hohen Implementierungsaufwand. Die Kosten für die Einführung, zum Beispiel die organisatorischen Anpassungen und die Schulungen der Mitarbeiter, übersteigen oft die Lizenzgebühren.

- Erworbene Softwarelizenzen werden in der Regel von den Banken nicht zur Absicherung eines Kredits akzeptiert.

Auch die Deutsche Leasing AG

(DL), die ihr Volumen an Software-Produkten mit 400 Millionen Mark angibt und laut Ifo-Institut deutscher Marktführer in Sachen Software-Leasing, hält sich mit euphorischen Prognosen zurück: "Mittlerweile könnte das Leasen von Software eigentlich ein Geschäft wie jedes andere sein. Aber dieses Marktsegment ist schwierig: Der Bekanntheitsgrad ist noch sehr gering - die meisten Kunden wissen nicht, daß Software geleast werden kann", sagt Peter Karl, Produktmanager Informations- und Kommunikationstechnik bei der DL. Er schätzt, daß zirka 30 Prozent des IT-Leasings bei der DL der Bereich Software ausmacht. "Großkunden sind nach unserer Erfahrung weniger an Leasing-Verträgen interessiert, wahrscheinlich weil sie bereits mit sehr guten Einkaufskonditionen arbeiten. Hauptinteressenten sind für uns der Mittelstand und High-End-Anwender wie grafische Betriebe, Verlage und Multimedia-Firmen."

Optimistischer beurteilt dagegen die Grenke-Leasing AG in Baden-Baden die Entwicklung: "Software-Leasing wird sich zunehmend dem Hardware-Bereich anpassen. Unternehmen suchen nach immer neuen Finanzierungsformen, um ihre Liquidität nicht einzuschränken. Und Hersteller wie zum Beispiel Microsoft springen auch auf den Zug auf", meint Mark Kindermann, Vorstandsmitglied bei der Grenke Leasing AG. Auch er beobachtet eine "zunehmende Akzeptanz" gerade beim Mittelstand, zum Beispiel Handwerksbetrieben, kleineren Dienstleistungsunternehmen oder auch Anwaltskanzleien.

Verkaufsargumente, die für Leasing sprechen

Verkaufsargumente, die herstellerunabhängige Leasing-Gesellschaften anführen, sind:

- Die Liquidität des Kunden wird geschont: Durch Leasing verteilt sich die Investition in Software-Lizenzen auf einen vertraglich festgelegten Zeitraum (24 bis 48 Monate). Die Kreditlinien des Kunden werden nicht belastet. Leasing ist eine hundertprozentige Finanzierung ohne den Einsatz von Eigenkapital.

- Flexibilität: Durch individuell vereinbarte Leasingraten in verschiedenen Zeitabschnitten des Leasing-Vertrags sowie vertraglich definierte Kündigungs-, Verlängerungs- und Kaufoptionen kann das Leasing-Angebot an technologische und wirtschaftliche Anforderungen des Kunden angepaßt werden.

- Schonung des Investitionsbudgets: Leasingraten sind Betriebsausgaben und belasten das Investitionsbudgets des laufenden Geschäftsjahres nicht.

- Bilanzneutralität und Steuerersparnis: Die Bilanzierung des Software-Leasings erfolgt bei der Leasing-Gesellschaft - für den Kunden ist sie bilanzneutral. Damit entfallen auf Leasing-Raten keine Gewerbesteuer.

- Reaktion auf immer kürzere Produktzyklen der Software-Produkte: Dienstleistungen wie Upgrades und Wartung oder Ausstauschoptionen nach einer bestimmten Zeit können in den Leasing-Vertrag mit aufgenommen werden.

Trotz der aufgeführten Argumente, die für Leasing-Angebote sprechen, sind Systemhäuser, Integratoren und Value Added Reseller (VAR) beim Angebot von Software-Leasing noch zurückhaltend. Laut einer von ComputerPartner in Auftrag gegebenen Studie bieten nur 38 Prozent der befragten Systemhäuser und VARs Software-Leasing an. Als Hauptverkaufsargument nennen die Wiederverkäufer zu 98 Prozent "allgemeine finanzielle Vorteile" (siehe dazu die Grafiken 1 und 2 auf Seite 56). Der Grund für die mangelnde Resonanz an der Verkaufsfront ist, daß auch hier noch ein "Informationsdefizit" herrscht, wie Kindermann von Grenke-Leasing zugibt. Und selbst Systemhäuser, die schon längere Zeit Hardware-Leasing anbieten, geben sich zurückhaltend: "Software ist für den Kunden wesentlich weniger greifbar als Hardware. Deswegen haben wir wahrscheinlich auch keine Kunden- Anfragen nach Software-Leasing", meint Andreas Herch, Vertriebsleiter bei Sahl Computer in Augsburg. Ähnliche Erfahrungen machte auch die Softline AG, die seit März Software-Leasing für Standardprodukte anbietet. Zielgruppe sind hier Existenzgründer und Jungunternehmer: "Die Kunden zeigen bisher nur ein geringes Interesse an dem Angebot. Nach unseren bisherigen Erfahrungen muß die Möglichkeit des Software-Leasing erst noch bekannter werden, um sich am Markt durchzusetzen.", schätzt Erik Parkner, Unternehmenssprecher des Unternehmens.

Bessere Karten, so scheint es, haben dagegen Wiederverkäufer, wenn sie Gesamtlösungen anbieten können: Hard- und Software plus Dienstleistung als Leasing-Angebot (Software und Dienstleistung fallen beide unter immaterielle Wirtschaftsgüter und werden daher oft in Nutzungsüberlassungsverträgen angeboten). "Großkunden und auch viele mittelständische Firmen verlangen EDV-Komplettpakete. Interessant ist das Angebot eher für CAD-Anwender: Beispielsweise kleinere Konstruktionsbüros, die nicht mal eben 50.000 Mark für eine Software bezahlen können", grenzt dann auch Matthias Brock von der Cenit AG in Stuttgart weiter ein. Als allgemeine Vorteile des Leasing-Angebots (siehe Kasten links) nennt Willi Zimmerling, Geschäftsführer der ZWF: "Wir können uns auf eine sichere Finanzierung verlassen. Denn die Kunden- Bonität überprüft die Leasing-Gesellschaft und bezahlt nach wenigen Tagen die Rechnung. Außerdem stärkt ein Leasing-Vertrag für uns als Systemhaus die Kundenbindung, denn bei Vertragsende oder vereinbarten Austauschoptionen treten wir wieder in Kontakt mit dem Kunden." (ch)

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