In den US-Markt eingekauft

11.05.1998

MÜNCHEN: Gut erholt von den Konkurswirren Anfang des Jahres schlägt die Acotec GmbH, Berlin, ein neues Kapitel in ihrer Firmengeschichte auf. Mit dem Kauf der amerikanischen Kommunikationssoftware-Company Virtual Motion sollen die USA erobert, aber auch die Neupositionierung im Remote-access-Server-Markt untermauert werden."Mit der Übernahme von Virtual Motion haben wir einen Riesenschritt in die Zukunft getan", rieb sich Acotec-Marketingleiter und Mitgesellschafter Hartmut Bauer bei der Bekanntgabe des Deals auf der diesjährigen Systems sichtlich zufrieden die Hände. Und Thomas Schröter, Chef des seit März als Softwarespezialist für Microsoft-basierende Kommunikationslösungen aufgestellten Berliner Unternehmens, schob stolz nach: "Damit sind wir nun in den beiden wichtigsten Kommunikationsmärkten der Welt, nämlich in Europa und den USA, präsent." Zumal man durch den Deal in Nordamerika sofort über Entwicklungs- und Vertriebsressourcen sowie einen Kundenstamm verfügen könne.

Das fusionierte Unternehmen, das Schröter fortan gemeinsam mit Virtual-Motion-CEO Ken Hilliard steuert, wird im laufenden Geschäftsjahr (Ende: 31. Dezember) einen Umsatz von rund 8,5 Millionen Mark einfahren. Davon stammen rund 2,5 Millionen von Virtual Motion. Die Zahl der Belegschaft beläuft sich auf insgesamt 75 Mitarbeiter. 15 davon standen bislang auf der Gehaltsliste der US-Softwareschmiede und werden auch weiterhin am Stammsitz von Virtual Motion in San Francisco anzutreffen sein.

Geld geflossen ist bei der Transaktion nicht. Schröter und Hilliard, die sich nach Auskunft des Acotec-Chefs gleich sympathisch waren ("Es war Liebe auf den ersten Blick"), als sie sich im Mai auf der Networld + Interop in Las Vegas kennenlernten, einigten sich auf einen Anteilstausch. Danach traten die Acotec-Altgesellschafter ein Fünftel ihrer Anteile an die Virtual-Motion-Eigner ab, die dadurch nun an dem Berliner Kommunikationsspezialisten beteiligt sind. Namenstechnisch soll vorerst alles beim alten bleiben. Der Name Virtual Motion, so Schröter, sei in den USA etabliert. Im Laufe des nächsten Jahres aber wollen die Berliner dann ihren eigenen Namen einführen.

Der Kauf der amerikanischen Software-Company und der damit verbundene Sprung in die USA ist für Acotec das Tüpfelchen auf dem i einer bislang gelungenen Neupositionierung. Nach dem Konkurs der "alten" Acotec Anfang des Jahres (siehe Kasten) kehrte Schröter zu den Softwarewurzeln des Unternehmens zurück und baute die neue Acotec auf, die nunmehr als Anbieter von Rundum-Kommunikationslösungen im Microsoft-Umfeld unterwegs ist.

Besonders hoch im Kurs steht bei Acotec der nach Analysen von Marktauguren derzeit weltweit boomende Markt für Remote-access-Server. Dieser wird laut Marktforscher The Yankee Group bis zum Jahr 2000 um jährlich 40 Prozent zulegen und dann ein Umsatzvolumen von 12,4 (1997: 4,2) Milliarden Dollar aufweisen. Und da gerade NT-basierte Lösungen laut Schröter eine zunehmend bedeutendere Rolle in diesem Bereich spielen, sei man durch den Deal mit Virtual Motion nun bestens positioniert. Gepaart mit der US-Softwareschmiede führe man dieses Marktsegment mit einem Anteil von 60 Prozent an. "Und wir werden alles daran setzen, diesen Marktanteil zu behaupten und auszubauen", bekräftigte Schröter. Hilfestellung leistet dabei nicht zuletzt die Verbandelung mit PC-Weltmarktführer Compaq im PC-Server-Bereich.

Unter den neuen Vorzeichen scheint denn der Führungscrew von Acotec um die Zukunft auch nicht bange zu sein. Die Bilanz nach den ersten sieben Monaten ist laut Marketier Bauer vielversprechend. "Wir haben unseren aufgestellten Plan in puncto Umsatz und Kosten zu mehr als 100 Prozent erfüllt, was letztlich auch die Übernahme von Virtual Motion ermöglicht hat." Der Phase des Aufbaus und der Orientierung soll sich nun ein kräftiges Wachstum anschließen. Für das kommende Geschäftsjahr peilt Firmenchef Schröter einen Umsatzzuwachs von 96 Prozent auf 16 Millionen Mark an, für das Jahr 2000 rechnet er mit einem weiteren Plus von 60 Prozent. Mit der Jahrtausendwende soll denn auch die Profitzone erreicht sein. Noch schreiben die Berliner rote Zahlen, was sich im nächsten Jahr kaum ändern wird. "Vordringlich geht es erst einmal um unsere Positionierung und um den Ausbau unserer Partnerschaften", konstatiert Schröter. Vor allem die Zahl der OEMs, Systemhäuser, VARs und Spezialdistributoren gilt es für Acotec, die keinerlei Endkundengeschäft macht, zu erweitern. "Aber", so Schröter weiter, "im Jahr 2000 rechnen wir fest mit schwarzen Zahlen." (bk)

Acotec will kräftig wachsen

Acotec-Chef Thomas Schröter: "Unsere Neupositionierung als Softwarespezialist für Microsoft-Kommunikationslösungen ist gelungen."

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