In einer perfekten Welt bräuchten wir keinen Händler

27.03.2006

ComputerPartner Chefredaktion Tel.: 089 36086-388 Fax: 089 36086-389 E-Mail: dsicking@computerpartner.de

Compris Channel Management GmbH Geschäftsführung Herrn Gerald Holler Hoferstraße 9 b 71636 Ludwigsburg

München, 27.03.2006

In einer perfekten Welt bräuchten wir keinen Händler

Sehr geehrter Herr Holler,

kürzlich erhielt ich eine E-Mail von einem Systemhausgeschäftsführer, in der er sich bitterlich darüber beklagte, dass sein Partner aus der Industrie - ein großer Softwarehersteller - so wenig Verständnis für die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen habe. Der Name dieses Softwareherstellers spielt keine Rolle, dasselbe gilt auch für andere. Nämlich vor allem für solche Hersteller, die bisher Produkte für Großunternehmen entwickelt und vertrieben haben und nun in das neue Kundensegment Mittelstand oder SMB vordringen wollen. Kurzum: Ich rede von den SAPs und Oracles dieser Welt.

Dass diese Groß-IT-Anbieter und ihre Mitarbeiter nicht wissen, wie so ein durchschnittlicher europäischer Mittelständler tickt und was er braucht, ist nicht überraschend. Woher sollten sie auch? Manche Leute behaupten sogar, dass sie nicht einmal dieselbe Sprache sprechen.

Aus der Sicht eines Systemhauses ist das kein Manko, sondern im Gegenteil ein großes Glück. Denn die Ignoranz, die Unkenntnis und das Unvermögen mancher Hersteller ist zum Teil die Existenzberechtigung der Systemhäuser. Man muss sich folgende Frage stellen: Wenn die Groß-IT-Firmen den Mittelstand und die SMB-Kunden wirklich verstehen würden, wozu bräuchte man dann noch das mittelständische Systemhaus?!

Es ist tatsächlich doch so, dass ein Teil der Existenzberechtigung des Handels insgesamt darin begründet liegt, dass die Hersteller nicht perfekt sind (der andere Teil sind die Kunden, die ebenfalls nicht perfekt sind). Für die Produkte gilt das Gleiche. Viele Händler beschweren sich darüber, dass die Produkte zu kompliziert, zu fehlerbehaftet, zu defektanfällig seien. Denen kann man nur zurufen: Seien Sie froh! Wenn alle Produkte perfekt wären, auf Anhieb funktionieren und sich selbst erklären würden: Wozu bräuchte man dann noch Sie?

Der Handel lebt zu einem guten Teil von den Schwächen und dem Unvermögen der Hersteller. In einer perfekten Welt bräuchten wir kein Systemhaus und keinen Händler. Dann bräuchten wir nur Logistiker.

Sie, sehr geehrter Herr Holler, kennen alle Seiten: die Hersteller, den Handel und die Anwender. Daher meine Frage an Sie: Was sind eigentlich die größten Unterschiede zwischen einem großen und einem mittelständischen Unternehmen, was die IT-Bedürfnisse betrifft?

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

Zur Startseite