Internationalisierung und Börsengang ins Visir genommen

15.10.1998

MÜNCHEN/HÜFINGEN: Ein flächendeckendes Vertriebsnetz, Internationalisierung und Börsengang - mit dieser Strategie versucht die Bäurer AG, Anbieter von PPS-Lösungen, sich langfristig im Markt zu behaupten.Eine wichtige Hürde, die Umwandlung in eine kleine AG, hat das Unternehmen aus Hüfingen soeben genommen. Der Gang an die Börse ist allerdings nicht vor Ende 1999 geplant.

Der mittelständische Markt für Produktionsplanung und -Steuerung

(PPS) ist eng geworden. Auch für Unternehmenschef Heinz Bäurer keine neue Erkenntnis. Sein Ziel ist es deshalb, die Bäurer AG als feste Größe im Markt zu etablieren. "Um langfristig überlebensfähig zu sein, planen wir eine Reihe von Mergers", erklärte er im Rahmen einer Pressekonferenz in München.

Die eine oder andere Akquisition soll dabei bis Ende des Jahres unter Dach und Fach sein. Kleinere Systemhäuser wie Gedos, CAI oder CRT haben die Schwarzwälder bereits unter ihre Fittiche genommen.

Konzentrationsprozess im PPS-Markt

Wie Bäurer weiter ausführte, sind die kleineren PPS-Anbieter Getriebene einer immer schnelleren Produktentwicklung. Und nicht selten werden sie von den eigenen Entwicklungskosten aufgefressen. Die Folge: Durch den spürbaren Lizenzverfall können nur wenige - darunter auch internationale - Anbieter Stückzahlen in einer Höhe erreichen, mit der die Entwicklungskosten abgedeckt sind. Die Konsequenz ist ein Konzentrationsprozeß, der für immer mehr kleine Software- und Systemhäuser das Aus bedeutet. "Buy" und nicht "Make" lautet im Hause Bäurer die Devise.

Um der angespannten Marktsituation in Zukunft trotzen zu können, forciert Bäurer aber auch den Ausbau des indirekten Vertriebs. Ziel ist ein flächendeckendes Händlernetz in ganz Deutschland. Heute bereits haben die Badener 16 Partnerfimen unter Vertrag, jede sechste Installation wird Unternehmensaussagen zufolge über Partner implementiert. Mehr als 1.200 Kunden aus der Fertigungsindustrie, dem Handel und der Transportwirtschaft werden derzeit betreut.

Für den Ausbau des indirekten Vertriebskanals spricht laut Bäurer aber nicht nur der momentane Verdrängungswettbewerb, der strategische Partnerschaften mit Software- und Systemhäusern nahelegt - Übernahmen inklusive. Softwareproduzenten im mittelständischen Markt verkaufen auch aus Kostengründen indirekt, wie Bäurer betont. Last, but not least, ziehe der Mittelstand lokale Anbieter vor.

Daß diese Vertriebspolitik aber auch ihre Tücken birgt, daraus macht der AG-Chef keinen Hehl: "Channel-Konflikte sind nach wie vor das größte Problem."

Zusammenarbeit mit Partnern soll forciert werden

Was die Partnerstruktur angeht, unterscheidet Bäurer zwischen "Business-Partnern", die ausschließlich Leads generieren, und "Qualified Partners", die zusätzlich im Bereich Presales aktiv sind und Verträge abschließen können. Ausschließlich "Certified Partners" sind darüber hinaus die Bereiche Implementierung, Postsales und Hotline vorbehalten. Die Konzentration auf die lokale Präsenz soll dabei Vertriebskonflikte weitgehend ausschließen.

Bäurer verspricht seinen Partnern bei Projekten personelle und finanzielle Unterstützung. Der PPS-Spezialist tritt mit seinen Partnern außerdem gemeinsam im Markt auf, übernimmt auf Wunsch die Generalunternehmerschaft und garantiert sowohl Kunden- als auch Interessentenschutz. Auf dem Gebiet "Automotive" soll die Produktentwicklung gemeinsam vorangetrieben werden.

Daneben verpflichtet sich Bäurer zu einem dedizierten Marketing für den indirekten Vertrieb und leistet Zuschüsse für Werbekosten. Gemeinsame Messeauftritte mit Partnern sind geplant.

Tochtergesellschaften in Irland und Österreich

Daß allerdings das schönste Vertriebskonzept im eigenen Lande wenig nutzt, wenn Gefahr von außen droht, ist auch Firmenchef Bäurer klar. Aus diesem Grund stehen die Zeichen der Schwarzwälder schon seit geraumer Zeit auf Internationalisierung. Im irischen Städtchen Galway wurde unlängst eine Tochterfirma gegründet, die für strategische Aufgaben zuständig ist, beispielsweise für die Mehrsprachenfähigkeit der Software. Auch in Österreich haben die Badener bereits ihre Vertriebszelte aufgeschlagen. Dependancen in der Schweiz, Italien und Frankreich sollen folgen.

Bäurer hofft, daß die nationalen wie internationalen Aktivitäten auch bilanziell ihren Niederschlag finden. Nach 30 Millionen Mark Umsatz im letzten Geschäftsjahr sind für 1998 Einnahmen in Höhe von 60 Millionen Mark anvisiert. Bereits für 1999 schielt Bäurer, der auch nach der AG-Umwandlung alleiniger Gesellschafter ist, auf Umsatzzahlen im dreistelligen Bereich. Ein Handicap dabei: der leergefegte DV-Fachkräftemarkt. Denn auch im Schwarzwald "wachsen die Mitarbeiter nicht auf Bäumen", wie es im Hause Bäurer heißt.

Der Firmenlenker ist sich aber auch einer weiteren Tatsache bewußt.

"Die Sonderkonjunktur Euro und Jahr 2000 heizen momentan den PPS-Markt kräftig an", so seine Einschätzung. "Nach dem Jahr 2000 herrschen wieder andere Gesetze im Lizenzgeschäft." (god)

AG-Chef Heinz Bäurer: "Nach dem Jahr 2000 herrschen wieder andere Gesetze im Lizenzgeschäft."

In der Firmenzentrale in Hüfingen im Schwarzwald laufen auch in Zukunft die Fäden der deutschlandweiten und internationalen Aktivitäten zusammen.

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