OLG Hamm klärt, wer Vorfahrt hat

Kein Freibrief für Radler im Kreisverkehr



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Das Verkehrszeichen "Vorfahrt gewähren" gilt nicht nur für Autos am Kreisverkehr, sondern auch für Radfahrer.

Hat ein Radfahrer auf einem neben einem Kreisverkehr geführten Radweg das Verkehrszeichen "Vorfahrt gewähren" zu beachten, wenn er eine Zufahrtsstraße zum Kreisverkehr queren will, ist der Radfahrer gegenüber den Autos, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollen, wartepflichtig.

Das gilt auch dann, wenn die Autofahrer vor dem Radweg und dem Erreichen des Kreisverkehrs selbst das Zeichen "Vorfahrt gewähren" in Kombination mit dem Zeichen "Kreisverkehr" passieren müssen.

Darauf verweist der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 6.11.2013 zu seinem Urteil vom 17.7.2012 (Az. 9 U 200/11). Die Entscheidung ist nunmehr rechtskräftig, weil der Bundesgerichtshof die Revision mit Beschluss vom 17.9.2013 nicht zugelassen hat.

Manche Radler sind der Meinung, Verkehrszeichen würden nur für andere gelten.
Manche Radler sind der Meinung, Verkehrszeichen würden nur für andere gelten.
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Die seinerzeit 67-jährige Klägerin, eine Hausfrau aus Velen, erlitt im Juni 2008 in Südlohn einen Verkehrsunfall, als sie mit ihrem Elektrofahrrad auf dem neben der Kreisfahrbahn geführten Radweg am Kreisverkehr der Ramsdorfer Straße die Einmündung der Straße "Brink" querte. Sie stieß im Einmündungsbereich mit dem Fahrzeug der Beklagten aus Südlohn zusammen, die von der Straße "Brink" kommend in den Kreisverkehr einfahren wollte. Vor dem Queren der Straße "Brink" haben Radfahrer das Verkehrszeichen "Vorfahrt gewähren" (Zeichen 205/klein der Straßenverkehrsordnung) zu beachten.

Schmerzensgeld verlangt

Die in den Kreisverkehr einfahrenden Autofahrer passieren vor dem Radweg und dem Kreisverkehr ebenfalls das Zeichen "Vorfahrt gewähren" in Kombination mit dem Zeichen "Kreisverkehr" (Zeichen 215 der Straßenverkehrsordnung). Die Klägerin hat von der Beklagten Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 €. Sie hat gemeint, die Beklagte habe ihr Vorfahrtsrecht verletzt. Sie habe sie vor der Einfahrt in den Kreisverkehr passieren lassen müssen.

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin treffe ein erhebliches, eine Mithaftung der Beklagten ausschließendes Eigenverschulden am Unfall. Die Beklagte habe kein Vorfahrtsrecht verletzt. Aufgrund der von ihr zu passierenden Verkehrszeichen sei sie lediglich gegenüber dem auf der eigentlichen Kreisbahn befindlichen Verkehr wartepflichtig gewesen und nicht auch gegenüber Radfahrern, die den neben der Kreisbahn befindlichen Radweg benutzten.

Demgegenüber habe die Klägerin der Beklagten Vorfahrt gewähren müssen, ihre Wartepflicht gelte nicht nur gegenüber Fahrzeugen, die vom Kreisverkehr in die Zufahrtsstraße abbiegen, sondern auch gegenüber den Fahrzeugen, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollten. Nur so verstanden ergebe die vorhandene Beschilderung einen Sinn.

Abgesenkter Bordstein

Hinzu komme, dass die Klägerin über einen abgesenkten Bordstein vom Radweg auf die Fahrbahn der Zufahrtstraße gefahren sei. Nach der Straßenverkehrsordnung habe sich derjenige, der über einen abgesenkten Bordstein auf eine Fahrbahn einfahre, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Daraus folge, dass ihm insoweit auch kein Vorfahrtsrecht zustehen könne. Im Übrigen fehlten auf der Fahrbahn der Zufahrtsstraße Markierungen für einen querenden Radweg, was ebenfalls ein Anhaltspunkt dafür sei, dass ein querender Radfahrer wartepflichtig sei.

Schlemm empfiht, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. - www.vdvka.de - verweist.

Weitere Informationen und Kontakt: Romanus Schlemm, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V., c/o Kanzlei Ruppert, Schlemm & Steidl, Frankfurter Str. 28, 61231 Bad Nauheim, Tel.: 06032 9345-21, E-Mail: Schlemm@anwaltshaus-bad-nauheim.de, Internet: www.anwaltshaus-bad-nauheim.de

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