Kooperationen in der IT-Industrie

09.12.2004
Wer eine Kooperation plant, muss sich auch mit rechtlichen Aspekten auseinander setzen. Meist geht es dabei um die Sicherstellung der unternehmerischen Selbstständigkeit und um Haftungsfragen. Rechtsanwalt Christian Langbein erklärt die wichtigsten Punkte.

Wenn Firmen eine überbetriebliche Kooperation eingehen, dann mit dem Wunsch, die Wirtschaftlichkeit nachhaltig zu steigern. Dabei sind die Kooperationsfelder in der IT-Industrie vielfältig: Innovationen können beispielsweise im Rahmen von R&D-Joint-Ventures gemeinsam realisiert werden. Wollen mehrere Systemhäuser das Angebot eines erweiterten Leistungsspektrums anbieten, kann die Gründung eines Konsortiums für die Implementierung betriebswirtschaftlicher Softwarelösungen von besonderem Vorteil sein. Dabei führt gerade der letztgenannte Bereich oft zur Zusammenarbeit komplementärer Unternehmen. Neben dem eigentlichen Softwareentwickler bedarf die Implementierung der Software des Systemlieferanten wie auch gegebenenfalls eines auf die Programmierung von Schnittstellen spezialisiertes Unternehmens.

Auch die in diesem Zusammenhang anzutreffenden Kooperationsformen sind vielfältig: Sie reichen von dem einfachen Leistungsaustauschvertrag über den Kooperationsvertrag und das Eingehen strategischer Allianzen bis hin zum Eingehen und zur Gründung von Gemeinschaftsunternehmen, die zum Beispiel als Bietergemeinschaften an der Ausschreibung umfassender IT-Projekte teilnehmen.

Für die Wahl der richtigen Kooperationsform wie auch für die optimale Gestaltung der Zusammenarbeit sind neben betriebswirtschaftlichen Faktoren auch die rechtlichen Rahmenbedingungen von entscheidender Bedeutung. Neben gesellschaftsrechtlichen und kartellrechtlichen Erfordernissen steht insbesondere die Optimierung des Haftungsumfelds für das jeweilige Unternehmen im Vordergrund der rechtlichen Beratung. Auch gilt es, den häufig geäußerten Wunsch nach Beibehaltung der unternehmerischen Selbstständigkeit im Rahmen der rechtlichen Ausgestaltung sicherzustellen.

Unternehmerischen Selbstständigkeit

Dabei wird als unternehmerische Selbstständigkeit die Möglichkeit der Einflussnahme auf das operative Geschäft, insbesondere im originären, mithin ursprünglichen Geschäftsbereich des Kooperationsunternehmens verstanden.

Diese Leitungsmacht geht jedoch meist im Rahmen von M&A-Transaktionen verloren. Daher scheiden gerade für mittelständische Unternehmer Fusionen, aber auch Anteilsveräußerungen (soweit nicht die Absicht des "Exits" verfolgt wird) zur Erreichung des Kooperationszwecks aus.

Der Kooperationsvertrag - einen solchen Vertrag gilt es immer abzuschließen, insbesondere bei der Eingehung strategischer Allianzen, Konsortien und bei der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen - darf daher die Überleitung von Kompetenzen und operativen Verantwortlichkeiten nur in dem Umfange regeln, wie es zur Erreichung des Kooperationszwecks geboten und erforderlich ist.

Idealerweise bietet sich hier die Implementierung eines Lenkungsausschusses (Steering Committee) an, dessen Besetzung neben der Zuweisung der dazugehörigen Kompetenzen vertraglich geregelt werden muss. Gleichfalls von Bedeutung ist die Aufnahme eines Entscheidungsvorbehalts für wesentliche, die Kooperationspartner unmittelbar und mittelbar betreffende Fragestellungen und Entscheidungsbereiche.

Die vertragliche Ausgestaltung der Kooperation muss daher im Ergebnis einen Ausgleich schaffen zwischen dem Ziel der Wahrung der unternehmerischen Selbstständigkeit und der Implementierung der für die Erreichung des Kooperationszwecks erforderlichen Strukturen.

Fragen der Haftungsoptimierung

Insbesondere bei Kooperationen mit erheblichem finanziellem Projektvolumen müssen Haftungsrisiken in einen angemessenen Ausgleich zum erwarteten Geschäftserfolg gebracht werden.

Gerade die Zusammenarbeit mit dritten Parteien birgt in diesem Zusammenhang nicht nur das Risiko der Inanspruchnahme wegen eigener Pflichtverletzungen, sondern auch Haftungspotenziale im Hinblick auf Schlecht- und Fehlleistungen des Kooperationspartners.

Die vielfältigen Haftungsbeziehungen lassen sich im Grundsatz auf die "Haftung im Innenverhältnis" und die "Haftung im Außenverhältnis" reduzieren. Die Innenhaftung beschreibt dabei die Haftungsbeziehung zwischen den Kooperationspartnern selbst, während die Haftung im Außenverhältnis die Haftung der Beteiligten (gemeinsam oder einzeln) gegenüber dritten Parteien beschreibt. Auch diese Punkte müssen vertraglich geregelt werden.

Die Art und Weise der potenziellen Haftung hängt im entscheidenden Maße von der Form der gewählten Kooperation ab. Mit den größten Haftungsrisiken, insbesondere im Außenverhältnis, ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) versehen. Wird die Kooperation im Wege einer GbR realisiert, so haften die Kooperationsunternehmen grundsätzlich unbeschränkt, auch für das Verschulden, mithin die Nicht- und Schlechtleistung des Kooperationspartners, gegenüber Dritten.

Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass sich die Themen selten der Tatsache bewusst sind, dass sie gegenüber dem Auftraggeber als GbR in Erscheinung treten. So genügen bereits der Zusammenschluss zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks und die Verknüpfung zur Beitragsleistung für die Annahme einer GbR, auch wenn diese nur zur Erreichung eines vorübergehenden Ziels begründet wurde.

Der Möglichkeit des Durchgriffs auf die Gesellschafter und deren Vermögen, auch für Verschulden der Kooperationspartner, kann nur über adäquate vertragliche Regelungen begegnet werden.

Diese Punkte treffen im besonderen Maße auf Bietergemeinschaften, strategische Allianzen, Konsortien, Software-Implementierungs-Kooperationen, Arbeitsgemeinschaften u.Ä. zu. Also auf Partnerschaften, die nicht durch die Gründung einer Kapitalgesellschaft realisiert werden, sondern als Verbund mehrerer selbstständiger Unternehmer in Erscheinung treten.

Eine Erleichterung aus haftungsrechtlicher Sicht ergibt sich nicht automatisch dadurch, dass die geschuldeten Leistungen in "Kooperation" mit einem Subunternehmer erbracht werden. Soll heißen: "Drittfirmen" werden rechtlich als Erfüllungsgehilfen qualifiziert, für deren Verschulden grundsätzlich das Unternehmen haftet, das im Vertragsverhältnis mit dem Auftraggeber steht. Die mögliche Weitergabe der Verantwortung kann lediglich auf vertraglichem Wege vereinbart werden.

Aus haftungsperspektivischer Sicht ist die Gründung einer Kapitalgesellschaft zur Erreichung des Kooperationszwecks als optimal einzustufen. Dadurch wird das Haftungsrisiko auf den möglichen Verlust der Kapitaleinlage beschränkt. Ein Durchgriff auf die Gesellschafter ist nicht möglich. Auch ist die Haftung der Kooperationspartner untereinander für Fehl- und Schlechtleistung im Außenverhältnis nur eingeschränkt möglich.

Im Ergebnis ist zur Risikoreduzierung, insbesondere zur Vermeidung nachhaltiger Verluste im originären Unternehmensvermögen der Partner, die Gründung eines Equity Joint Ventures (Gemeinschaftsunternehmens) meist in der Rechtsform einer GmbH als "idealtypisch" anzusehen. In diesem Zusammenhang gilt es auch ein Augenmerk auf die Möglichkeit der Gründung von Kapitalgesellschaften im europäischen Ausland zu richten, was aus Steuersparerwägungen heraus im Einzelfall durchaus sinnvoll ist.

Fazit

Festgehalten werden kann, dass Kooperationen nicht mit der Aufgabe der unternehmerischen Selbstständigkeit einhergehen müssen. Insoweit bietet die vertragliche Sicherstellung ausreichende Möglichkeit, den Zweck der Kooperation zu realisieren. Große Sensibilität ist in jedem Fall im Bereich der Haftung geboten. Das im Rahmen von Kooperationen grundsätzlich gegebene hohe Haftungspotenzial gilt es, soweit möglich, vertraglich im Außen- sowie im Innenverhältnis zu gestalten und/oder idealtypisch durch die Gründung einer den Kooperationszweck realisierenden Kapitalgesellschaft zu reduzieren.

Steckbrief

Christian Langbein

Rechtsanwalt Christian Langbein ist Partner der Sozietät Prof. Fett & Partner in Ulm

Kontakt: Hörvelsinger Weg 52/2

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