Logistikspezialist VTG Lehnkering transportiert mit 64 Bit

13.03.2003
Ein großes Risiko gingen das Systemhaus ECS und sein Kunde VTG Lehnkering mit der Installation des 64-Bit-WindowsSystems ein. Sie wagten den Schritt, weil sie sich der vollen Unterstützung aller beteiligten Hersteller sicher waren.

Das zum Hapag-Lloyd-Konzern gehörende Spezial-Logistik-Unternehmen VTG Lehnkering suchte ein zukunftssicheres und erweiterbares System. Es sollte mehr als vier Gigabyte Arbeitsspeicher ansprechen, um die Logistikanwendungen des Unternehmens schneller verarbeiten zu können. Zudem durfte es keinen großen adminis-trativen Aufwand erfordern und sollte leicht handhabbar sein.

VTG plante gerade die europä-ische Schienenlogistik-Division der australischen Brambles-Gruppe zu übernehmen. Falls die Akquisition erfolgreich ausginge, musste das neue System von damals 120 auf bis zu 1.200 User skalierbar sein. Bei dieser großen Anzahl von Anwendern wäre eigentlich ein Unix-System angebracht gewesen, doch das Logis-tikunternehmen schreckte vor dem ungewohnten Administrationsaufwand zurück.

Heute besitzt VTG Lehnkering als weltweit eines der ersten Unternehmen ein 64-Bit-Windows-System. Das in Hamburg ansässige Systemhaus ECS installierte zwei Proliant-Server "DL 590" von Hewlett-Packard. Beide arbeiten mit jeweils vier Intel-"Itanium-I"-Prozessoren mit je 800 Megahertz Taktfrequenz, vier Megabyte L3-Cache und vier Gigabyte RAM. Es verwendet das Microsoft-Betriebssystem "Windows 2000 Advanced Server Limited Edition 1.2" in der 64-Bit-Version.

Auf einen der beiden Proliants installierte ECS die EnterpriseResource-Planning-Software "Mysap.com", auf dem anderen die Microsoft-Datenbank "SQL-Server 2000 Enterprise Edition". Bei beiden Applikationen handelt es sich um 64-Bit-Anwendungen. Des Weiteren setzte ECS zwei 32-Bit- "Proliant 5500"-Server ein. Einer dient der SAP-Qualitätssicherung, bei dem zweiten handelt es sich um den SAP-Entwicklungsserver.

Auf einem fünften Proliant, einem 32-Bit-System namens "DL 580", der mit einem Intel-"Xeon"-Prozessor ausgestattet ist, brachte ECS eine Standby-Datenbank als Notfallinstanz unter. Seine Daten speichert VTG Lehnkering auf dem modularen Speicher-Array "EMA 12000" von HP, das an ein Storage Area Network (SAN) angeschlossen ist.

Kunde fragte von sich aus nach Itanium

Sowohl für VTG Lehnkering als auch für ECS stellte das Projekt ein großes Risiko dar, da die eingesetzten Produkte - bis auf die Hardware - zu Projektbeginn noch nicht freigegeben waren. "Für uns bestand damals die Chance, unseren Namen positiv hervorzuheben, aber auch das Risiko, negativ aufzufallen", resümiert ECS-Projektleiter Henry Kars-ten. Von Vorteil für beide Parteien war, dass sich alle Hersteller in diesem Projekt stark engagierten.

VTG Lehnkering fragte bei verschiedenen Serveranbietern nach Produkten, die mit dem neuen Intel-Itanium-Prozessor arbeiten. Unter anderem klopfte der Logis-tikspezialist bei den Leuten von Compaq an, die ihrerseits einen Referenzkunden für den "DL 590" suchten. Zu dieser Zeit war der Server schon in einer Testinstallation bei SAP im Einsatz. Aufgrund ihrer Kompetenzen im SAP-Umfeld holte Compaq ECS mit in das Projekt. Systemhaus und Kunde kannten sich bereits aus früheren Aufträgen.

Das Projekt begann im Oktober 2001 mit Gesprächen zwischen VTG Lehnkering, ECS, Compaq und Microsoft. Im Hintergrund waren außerdem Intel und SAP involviert. "Die Hersteller haben damals sehr schnell entschieden, dass das Projekt machbar ist", erinnert sich Karsten. Wegen des hohen Risikos waren sich alle Parteien von Anfang an einig, ein Notfallszenario zu installieren.

Diese Rückversicherung gab für ECS den Ausschlag, sich zu beteiligen. Bereits Mitte Oktober waren die Verträge unterschrieben und ein Projektplan erstellt. Dieser enthielt die technischen Erläuterungen, den Notfallplan sowie den Auftrag zur Installation einer 64-Bit-Plattform mit Win-dows und SQL-Server bei VTG Lehnkering.

Alle Hersteller hatten Interesse am Erfolg

Von Anfang an unterstützen die Hersteller Compaq und Microsoft das Projekt mit bindenden Garantieerklärungen. SAP nahm VTG Lehnkering in sein "First Productive Customer Program" auf, das dem Kunden einen besonderen Status und hohe Priorität bei Anfragen verleiht.

Im November begann ECS, den Intel-Itanium-Prozessor in einem Prototypen von Compaq zu tes-ten. Daneben arbeitete das Sys-temhaus an dem 32-Bit-SQL-Notfallserver. SAP beseitigte zu dieser Zeit kleinere Fehler im Kernel des ERP-Systems. Einige waren in wenigen Stunden behoben, für andere benötigte das Softwarehaus mehrere Tage. Der spezielle Kundenstatus, den VTG Lehnkering genoss, machte die schnelle Fehlerbehebung möglich.

Einen Monat später installierte ECS die Compaq-Hardware sowie alle anderen Systemkomponenten bei dem Logistikunternehmen. Hatte ECS für die Tests im eigenen Labor noch Prototypen verwendet, so erhielt VTG Lehnkering bereits Seriengeräte. Im Januar 2002 startete der Betrieb des Systems vorläufig noch auf einer 32-Bit-Serverarchitektur auf Intel-Basis.

Ende Februar waren die letzten Fehler behoben und das Notfall-Szenario installiert. Abschließende Test zeigten, dass einer Umstellung auf das 64-Bit-System nichts mehr im Wege stand. Im März 2002 stellte ECS das Produktivsystem von 32-Bit auf 64-Bit um. Für April dieses Jahres ist der Launch der Nachfolgeversion des heute eingesetzten Betriebssys-tems geplant. Sobald der Windows-2003-Server offiziell verfügbar ist, wird VTG Lehnkering die Enterprise Edition in der 64-Bit-Version einsetzen.

Insgesamt liefert die Lösung dieselben Systemmerkmale und Funktionalitäten wie eine 32-Bit-Plattform. Darüber hinaus bietet die 64-Bit-Technologie zusätzliche Leistungsvorteile, ohne die Systemadministratoren mit vielen Zusatztrainings zu belasten.

Für VTG Lehnkering hat sich die Entscheidung für die neue Technologie gelohnt. "Die Lösung hat uns auch einen Vorsprung vor den Mitbewerbern verschafft, indem wir Microsoft SQL-Server 2000 Enterprise Edition 64-Bit auf einem Rechner mit Intel Itanium-Prozessoren eingerichtet haben und über die Speicheradressierung verfügen, die wir benötigen, um unsere Mysap.com-Anwendung mit höherem Wirkungsgrad zu betreiben", erklärt Roman Mielenski, IT-Vorstand von VTG Lehnkering.

Bessere SAP-Performance auf einem 64-Bit-System

Eine SAP-Lösung auf einer Intel-Itanium-basierenden 64-Bit-Windows-Plattform bringt laut Hewlett-Packard einige Vorteile:

- Sie steigert die Performance der SAP-Lösung, bietet aber gleichzeitig die bekannten TCO-Vorteile des Einsatzes von Windows auf der Intel-Architektur.

- Die 64-Bit-Architektur kann mehr als vier Gigabyte RAM adressieren und ermöglicht damit mehr simultane Benutzersitzungen, höhere Performance und bessere Verfügbarkeit.

- Es sind keine verschiedenen Teams von Systemadministratoren für Desktop-Computer, Anwendungen und Serverplattformen erforderlich.

- 64-Bit-Itanium-Prozessor-basierende Systeme wurden für Kunden mit 32-Bit-Systemen als kos-tengünstiger Weg zu höherer Performance ausgelegt.

- Da die Implementierungszeit relativ wenig Zeit in Anspruch nimmt, halten sich auch die Anschaffungskosten in Grenzen.

"Der Komfort der Arbeitsabwicklung beschleunigt sich. Das bedeutet: Wenn man heute als Anwender vor alten Datenverarbeitungssystemen sitzt und beispielsweise Buchungssätze eingibt, passiert es nicht selten, dass bis zum Wechsel der Maske mindestens drei Sekunden oder mehr vergehen. Beim 64-Bit-System wird der Anwender solche Wartezeiten nicht mehr erleben", ergänzt Bernhard Bellmann, CEO von ECS.

Für VTG Lehnkering war es von besonderer Bedeutung, dass sich die Benutzeroberflächen durch das neue System nicht geändert haben. Die Software von SAP bietet Usern, Operatoren und Administratoren unterschiedliche Bedienoberflächen. In allen Fällen sammelte der Softwarehersteller jahrelang die Kommentare der Bediener und passte die Oberflächen deren Wünschen an. Bei jedem Update bleiben die User-Interfaces erhalten.

Auch bei der Umstellung auf die 64-Bit-Version ändert sich an der Oberfläche nichts. Der Windows-64-Bit-Desktop sowie die Managementkonsolen für SQL-Server 64-Bit und SAP sehen genauso aus wie in der gewohnten 32-Bit-Version. Administratoren können, ohne viele Trainings besuchen zu müssen, mühelos und schnell auf die neue Plattform wechseln. Die SQL-Server Enterprise Management Console 64-Bit bietet alle Funktionalitäten des SQL-Servers 2000, so dass die Integration einer Standby-Datenbank auf einem 32-Bit-SQL-Server keine Änderungen in Prozeduren oder Funktionen bedeutet.

Mit dem neuen System können bei VTG Lehnkering jetzt wesentlich mehr Benutzer gleichzeitig arbeiten. Da die Übernahme der Brambles-Schienenlogistik erfolgreich über die Bühne gegangen ist, hat sich die Anzahl der User bereits auf 400 erhöht. Derzeit plant VTG Lehnkering, bis zu 800 Mitarbeiter an das System anzuschließen.

www.microsoft.de

www.hpintelco.net; www.sap.de

www.intel.de; www.hp.com/go/sap

ComputerPartner-Meinung

VTG Lehnkering und ECS erweisen sich als Pioniere bei 64-Bit-Windows-Systemen. Das Projekt barg für beide Teile ein hohes Risiko. Auch die verschiedenen Hersteller hätten sich dabei nicht zu knapp blamieren können. Aber so weit ist es nicht gekommen. Sowohl VTG als auch ECS und die beteiligten Hersteller haben durch den Erfolg dieses Projekts erhebliche Wettbewerbsvorteile gewonnen. (ce)

Solution Snapshot

Kunde: VTG Lehnkering AG, Nagelsweg 34, 20097 Hamburg Ansprechpartner: Horst Meier, Telefon: 040 2354-1661, www.vtg-lehnkering.de

Aufgabe: Installation einer produktiven "Mysap.com"-Umgebung auf Basis des 64-Bit-Betriebssystems "Windows 2000 Advanced Sever Limited Edition 1.2" und des "SQL Servers" in der 64-Bit-Version von Microsoft sowie der entsprechenden Hardware mit 64-Bit-Intel-Itanium-I-Prozessoren; Absicherung mittels einer 32-Bit-Standby-Datenbank mit SQL-Server 2000.

Lösung: Zweimal Compaq (heute HP) "Proliant DL 590" mit je vier Itanium-I-Prozessoren mit 800 MHz Taktfrequenz und 4 GB RAM, ein Proliant "DL 580" für die Standby Datenbank als Notfallinstanz. Im Projektumfang enthalten sind ferner zwei "Proliant 5500"-Server sowie ein Speichersystem "EMA 12000" von HP.

Systemintegrator (SI): ECS AG, Grevenweg 72, 20537 Hamburg Ansprechpartner: Henry Karsten, Telefon 040 251549-3251, www.ecs-ag.de

Kontaktaufnahme: Leadweitergabe durch HP

Verhandlungsdauer: zirka 20 Tage

größte Herausforderung: Kombination der 64-Bit-Datenbank mit einer 32-Bit-Standby-Datenbank

unerwartete Schwierigkeiten: Keine, die Laborphase bei ECS war bewusst sehr lang angesetzt.

länger in Anspruch genommen als vorgesehen hat: die Prüfung der Gesamtfunktionalität im Labor

Implementierungsdauer: zirka fünf Monate

aufgewendete Mannstunden (SI): zirka 20 Manntage

Kostenumfang des Projekts: zirka 200.000 Euro

Verhältnis Hardware/Software/Dienstleistung: 70/10/20

Service- und Wartungsverträge: Es wurden Sondergarantieerklärungen auf die Funktionalität durch alle beteiligten Hersteller abgegeben; in allen Fällen lag ein komplettes Notfallszenario auf Basis einer reinen 32-Bit-Umgebung zu Grunde.

Schulung: Drei Tage; aufgrund der einheitlichen Oberfläche hält sich der Schulungsaufwand in Grenzen, wenn der SQL-Server 2000 bekannt ist.

Benefit für Kunden: de facto keine Speicherallokationsgrenzen mehr; stark skalierfähige Plattform für einen weiten Bereich von Endanwenden; zukunftsorientierte Plattform

Benefit für VAR: Wissensvorsprung im Bereich 64-Bit-Intel- und Microsoft-Produkte; es gibt mehrere konkrete Gespräche für den Wechsel von SAP-Kunden auf die Itanium Plattform sowie zur Konsolidierung von Windows-Serverfarmen.

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