Kommentar zur Microsofts Partnerkonferenz "Inspire"

"Millionen Legionen hinter mir"

Axel Oppermann beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Social Enterprise, Cloud Computing und Microsoft hineinfällt. Axel schreibt auf Computerwoche als Experte zu den Themen Enterprise Cloud, Digital Enterprise und dem IT-Lieferanten Microsoft. Als IT-Analyst berät er Anwender bei der Planung und Umsetzung ihrer IT-Strategien. Axel ist Geschäftsführer des Beratungs- und Analystenhaus Avispador aus Kassel. Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE
Auf der diesjährigen Partnerkonferenz „Inspire 2017“ präsentierte Microsoft die neue Strategie, diskutierte mit Partnern und zeigte auch neue Produkte.

Rund 17.000 Menschen aus Partnerunternehmen aus 140 Ländern, darunter ca. 600 Partner aus Deutschland, davon wiederum 150 erstmalig auf einer solchen Veranstaltung, waren nach Washington gekommen, um sich auf der "Inspire 2017", der weltweiten Partnerkonferenz von Microsoft, auf den neuesten Stand bringen und sich inspirieren zu lassen. Microsoft vermittelte den Partnern ein neues Gesamtbild des Unternehmens und machte abermals deutlich, wie das, was als "digitaler Wandel" beschrieben wird, auch den IT-Channel, die Strukturen bei den Microsoft-Partnern, umkrempelt.

Dabei versäumte es Microsoft nicht, bei all der Prosa, dem gelebten und zelebrierten Wir-Gefühl, die Anforderungen an sich selbst und die Partner klarzumachen. Microsoft ordnet sich gerade weltweit neu, strafft die Organisation, optimiert die Mitarbeiterressourcen, sucht neue Kompetenzträger und forciert Tempo und Facetten von Produkteinführungen. An die Partner werden klare Anforderungen gestellt: Gefällig ist, wer liefert. Wer wirkliches Deployment und Mehrwerte bei Kunden voranbringt, wer sich auf Cloud und Innovation fokussiert.

Sonia Dara, Senior Product Marketing Manager bei der Microsoft Corp. zeigte in Washington, was man so alles mit dem Surface Hub so alles anstellen kann.
Sonia Dara, Senior Product Marketing Manager bei der Microsoft Corp. zeigte in Washington, was man so alles mit dem Surface Hub so alles anstellen kann.
Foto: Microsoft

Microsoft fängt bei sich selbst an …

Der in den vergangenen Jahren gebetsmühlenartig runtergerittene Veränderungsdruck, die damit einhergehenden Veränderungen, werden im Hause Microsoft abermals forciert. Eine Reorganisation des Marktangangs und der Partnerorganisation soll Tempo, Qualität und Leistungsfähigkeit bringen. Die ins Leben gerufene Organisationseinheit "One Commercial Partner" hat die zentrale und elementare Aufgabe, Microsoft-Partner mit Kunden zu verbinden. Dabei wird in Bezug auf Partner in drei Dimensionen gedacht: "Build with", "Sales with" und "GTM". Eine trennscharfe Einteilung, die zusammen Kunden- und Partnernähe generieren soll.

Lesetipp: Bericht unseres Korrespondenten zur "Inspire"

Um dies zu erreichen, ist eine Restrukturierung im Bereich des Produktionsfaktors Arbeit notwendig. Etwas einfacher ausgedrückt: Einige müssen gehen, andere werden kommen, That's life. Microsoft geht hier keinen anderen Weg als Cisco & Co. Die mit den Veränderungen einhergehende Zentralisierung wird Vorteile, aber auch viele Nachteile haben. Und wir werden auch im Unternehmen in Deutschland in naher Zukunft verstärkt solche Organisations-Moves sehen.

Microsoft-CEO Satya Nadella betonte in seiner Keynote auf der Inspire, dass der Hersteller klar und deutlich Partner-fokussiert bleibt.
Microsoft-CEO Satya Nadella betonte in seiner Keynote auf der Inspire, dass der Hersteller klar und deutlich Partner-fokussiert bleibt.
Foto: Microsoft

Grundsätzlich ist aber zu erkennen, und das wurde auf der Inspire abermals deutlich, dass Microsoft sich nicht primär auf der Kostenseite optimiert, sondern auf der Produktseite innoviert und optimiert. Und zwar durch eine Erweiterung des Produktportfolios, durch neue Bundlings und Rebrandings, aber auch in der Art und Weise, wie die Produkte an den Markt gebracht werden.

Auf der Produktseite gab es einige Ankündigungen: Neben Microsoft 365, einem Bundle aus Office, Windows, Security und Management-Komponenten, ist besonderes "Azure Stack" zu erwähnen. Wahrscheinlich der entscheidende Produktportfoliobestandteil, um gegenüber AWS (und Google) entscheidende Alleinstellungsmerkmale aufweisen zu können.

Lesetipp: Microsoft Deutschland will von Neuorganisation profitieren

Azure Stack ist eine Erweiterung von Azure, die eine gewisse Agilität und die schnellen Innovationszyklen von Cloud-Computing in die Rechenzentren der Anwenderunternehmen bringt. In anderen Worten: Es handelt sich um einen "Server" mit vorinstallierten Azure-Komponenten, zunächst auf den Markt gebracht von großen Anbietern wie Lenovo, Dell oder HP, die Hybrid-Cloud-Szenarien ermöglichen. Oder nochmals anders: Es handelt sich um eine Sammlung von Komponenten, Schnittstellen, bekannt und etabliert aus Microsofts Public Cloud Azure, die für den Betrieb in einer Private Cloud (im Unternehmen) bereitgestellt wird.

Raanah Amjadi, Senior Product Marketing Manager Microsoft Teams präsentierte auf der Inspire neue Collaboration-Lösungen.
Raanah Amjadi, Senior Product Marketing Manager Microsoft Teams präsentierte auf der Inspire neue Collaboration-Lösungen.
Foto: Microsoft

Darüber hinaus vorgestellt wurden die noch tiefergehende Integration von Linkedin in Dynamics 365 sowie vorkonfigurierter Komponenten und Bausteine für ISV, die in die eigenen Lösungen eingebunden werden können.

… und macht bei den Partnern weiter

Nicht nur Microsoft hat sich selbst überprüft, das Selbstverständnis angepasst, sondern erwartet dies auch von den Partnern. Und Microsoft macht klar, dass nur noch mit solchen Partnern gearbeitet/kooperiert wird, die der erweiterten Ausrichtung von Microsoft gerecht werden. Wie äußert sich das? Umfassend betreut wird nur der, der Cloud-Mehrwerte, "deployed seats" und IP ("intellectual property") im Kontext mit reproduzierbaren Umsätzen liefert. Umfassend entlohnt wird nur der, der Consumption bringt. Umfassende Gelder bekommt nur der, der "liefert".

Lesetipp: Exklusiv-Interview mit Gregor Bieler, Mittelstands- und Partner-Chef von Microsoft Deutschland

Was klar wird: Microsoft bekennt sich zu seinen Partnern, seinem partnerzentrierten Ansatz. Macht aber klar, was erwartet wird. Und weil ein Partner vor drei oder fünf Jahren die seinerzeit ausgegebenen Ziele verfolgte und Erfolge lieferte, bedeutet dies nicht, dass er heute noch relevant ist. Und Partner, die heute Umsatz, Kunden und mehr liefern, sind nicht zwingend in zwei oder drei Jahren für Microsoft wichtig, wenn sie nicht die dann gültigen Anforderungen erfüllen.

Ich habe Millionen Legionen hinter mir - du hast Millionen Legionen hinter dir

(Noch) ist das Partnernetzwerk in der derzeitigen Form für Microsoft unabdingbar: Partner sorgen für Reichweite, für Umsatz, für Exekution, minimieren den Aufwand für Vertrieb und Marktangang. Alle profitieren. Microsoft durch eine Legion von (nach eigenen Angaben) über 17 Millionen Kompetenzträgern bei den Partnern weltweit. Durch eine hierdurch entstehende Agilität und Flexibilität, durch Reichweite und mehr.

Alysa Taylor, General Manager Business Applications bei der Microsoft Corp stellte auf der Inspire neue Office-Apps für KMUs vor.
Alysa Taylor, General Manager Business Applications bei der Microsoft Corp stellte auf der Inspire neue Office-Apps für KMUs vor.
Foto: Microsoft

Die Partner profitieren durch die Innovationskraft und die finanzielle Stärke von Microsoft und durch den erzielbaren Umsatz. So gibt Microsoft an, dass pro Euro Umsatz von Microsoft die Partner 9 Euro Umsatz durch eigene Leistungen realisieren. (Anmerkung: Einkäufer und Entscheider in IT-Abteilungen sollten den letzten Satz nochmals lesen.)

Was bleibt

Microsoft sieht neue Märkte für sich, beziffert diese auf Billionen von Euro, Dollar oder Yen. Microsoft will und wird die eigenen 100.000 Mitarbeiter und 17 Millionen Menschen bei Partnern gewinnen, aktivieren und treiben, um diese neuen Märkte zu erobern, die durch die Digitalisierung der Gesellschaft und Weltwirtschaft entstehen. Dabei geht Microsoft auch neue bzw. erweiterte Konstrukte ein, die momentan kaum von der Öffentlichkeit beachtet werden. Microsoft macht Kunden zu Partnern und definiert "Partner" zukünftig anders.

Die derzeitige Umstrukturierung der Partnerbetreuung und der gesamten Organisation ist zwar nicht der Anfang, aber auf keinen Fall das Ende der Änderungen. Weitere Zentralisierung und Vereinheitlichung werden momentan bestehende Länderorganisationen oder Bereiche eher früher als später betreffen. Ein Großteil der Kompetenzen wird in dieser Form auf absehbare Zeit nicht mehr benötigt.

Aber all das ist normal, bzw. das Neue wird normal. All das stärkt das Unternehmen und das Netzwerk. All das bietet Planungssicherheit für Kunden. (rw)

Disclaimer: Der Autor war auf Einladung von Microsoft vor Ort in Washington D. C.

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