Touchpoint Management

"Mitarbeiter muss man einbinden"



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Wie man Kundenbeziehungen meistert und die Mitarbeiter vom "Müssen" ins "Wollen" bringt, sagt Anne M. Schüller.
Vor allem in großen Gruppen können Meeting-Teilnehmer gute Kundenkonzepte entwickeln.
Vor allem in großen Gruppen können Meeting-Teilnehmer gute Kundenkonzepte entwickeln.
Foto: carlosseller - Fotolia.com

Noch nie gab es so viele Berührungspunkte wie heute, um neue Kunden zu gewinnen, diese an sich zu binden und schließlich zu aktiven Empfehlern zu machen. Um diese Potenziale auszuschöpfen, sind Anweisungen von oben wenig ergiebig. Vielmehr gilt es, die Mitarbeiter vom standardisierten "Müssen" ins kundenorientierte "Wollen" zu bringen. Dies ist auf zweierlei Wegen möglich, wie Anne M. Schüller, Buchautorin und Business-Coach, zeigt.

Frau Schüller, wenn es um das Thema Kunde geht, hört man in letzter Zeit oft zwei mehr oder weniger neue Begriffe: Touchpoints und Touchpoint Management. Was sind denn eigentlich Touchpoints?
Anne M. Schüller: Touchpoints sind Berührungspunkte mit den Mitarbeitern, Produkten, Services und Marken eines Anbieters. Aus Sicht des Kunden betrachtet erfolgen diese
- in direkter Form (Verkäuferbesuch, Newsletter, Anzeige, Website, Messestand, Hotline, Rechnung, Reklamation etc.) oder
- in indirekter Form (Meinungsportal, User-Forum, Testbericht, Blog, Presseartikel, Mundpropaganda, Weiterempfehlung etc.).

Dabei kann es in den ‚Momenten der Wahrheit‘ an jedem Touchpoint zu positiven wie auch negativen Erlebnissen kommen, die eine Kundenbeziehung stärken oder zermürben beziehungsweise eine Marke kräftigen oder bröckeln lassen. Deshalb empfehle ich, immer gemeinsam mit den Mitarbeitern zu überlegen, wie man die Interaktion mit den Kunden an jedem Touchpoint besser gestalten, deren Leben vereinfachen und ihren Nutzen vergrößern kann. Oder wie man ihnen Zeit schenken und sie immer wieder neu überraschen und begeistern kann.

Im Touchpoint Management sollte man also die Mitarbeiter aktiv involvieren?
Schüller: Ja, denn wer unternehmerisch handelnde Mitarbeiter will, muss diese an unternehmerisches Denken heranführen. Dabei kommt es eben nicht nur auf das Wissen um Kundenbedürfnisse und Ideenreichtum an, sondern auch auf das ‚Wollen‘ der Mitarbeiter. Denn ‚Muss-Gesichter‘, die wie Aufziehpuppen ihre vorgegebenen Standards abarbeiten, mögen Kunden gar nicht gern.
Touchpoint-Optimierungen sollten deshalb im Wesentlichen von den Mitarbeitern selbst erarbeitet werden. Deren ‚Wollen‘ erreicht man immer dann am besten, wenn sie freiwillig sagen, sie könnten sich vorstellen, etwas in Zukunft so und so zu machen. Begeisterung für die Sache wird auf diesem Weg gleich mitgeliefert. Und wichtiger noch: Die geplanten Maßnahmen werden dann auch engagiert umgesetzt. Denn sie wurden nicht von oberster Stelle vordiktiert, sondern in Eigenregie entwickelt. So entsteht am Ende der ‚Mein-Baby-Effekt‘. Und sein Baby lässt man bekanntlich nicht im Stich.

Das leuchtet ein. Wie lässt sich das alles aber nun konkret umsetzen?
Schüller: Wenn die Optimierung einzelner Touchpoints als Tagesordnungspunkt in den Meeting-Ablauf eingebaut wird, ermöglicht dies kontinuierliche Verbesserungen in kürzester Zeit. Denn sogenannte ‚Quick wins‘, also schnelle Erfolge, sind in unseren rasanten Businesszeiten viel effizienter als das langsame Voranschreiten im Rahmen von Großprojekten.

Ganz konkret bestimmt man ein erstes Meeting und einen ersten Touchpoint, mit dem es losgehen soll. Am Ende des Meetings entscheiden Sie dann, welcher Touchpoint beim nächsten Mal an die Reihe kommt. So können sich alle gut darauf vorbereiten. Legen Sie einen Zeitraum fest, den Sie maximal für die Bearbeitung dieses Punktes ansetzen wollen, damit sich Diskussionen nicht endlos in die Länge ziehen: zum Beispiel 30 Minuten.

Auf der nächsten Seite lesen Sie u.a., wie diese 30 Minuten aufgeteilt werden sollen.

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