Warum Entspannung schnell verfliegt

Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub

Bettina Dobe war bis Dezember 2014 Autorin für cio.de.
Ob sechs Wochen Australien oder drei Tage am Gardasee, entspannen kann man sich auf verschiedene Weise. Leider hält der Urlaubseffekt in beiden Fällen nicht lange an.

Drei Wochen Urlaub braucht man, um sich von der Arbeit zu erholen, heißt es. Die erste Woche, um runterzukommen vom Stress, die zweite Woche, um im Urlaub anzukommen, und die dritte, um sich richtig zu entspannen. Aber brauchen wir wirklich drei Wochen am Stück, um uns effektiv zu erholen? Und wie schnell hat einen der Alltag wieder?

Muss man wirklich drei Wochen in den Urlaub fahren, um sich zu entspannen?
Muss man wirklich drei Wochen in den Urlaub fahren, um sich zu entspannen?
Foto: Dmitry Ersler - Fotolia.com

Selbst wenn man mehrere Wochen am Stück frei hatte: Viele beklagen sich, dass der Erholungseffekt schon nach der ersten Woche verflogen sei. Das gilt vor allem dann, wenn auf den Urlauber stapelweise Aufträge, Mails oder Memos warten (wenn man die E-Mails, nicht ohnehin im Urlaub gelesen hat). Der Frust steigt und schon nach wenigen Tagen ist man so unentspannt wie zuvor.

Das ist sogar wissenschaftlich bewiesen: Die Urlaubsforscherin Jessica de Bloem fand 2009 in einer Studie heraus, dass die Erholung nach einer Woche verschwunden ist. Dieser Effekt tritt unabhängig davon ein, wie sehr man sich im Urlaub entspannt hat oder wie viel Spaß man hatte. Noch schlimmer: Es ist völlig egal, wie lang der Urlaub dauerte, ob man einen Kurztrip oder eine sechswöchige Outback-Tour hinter sich hat - der Druck hat einen spätestens nach einer Woche wieder in den Klauen. Nach ein bis zwei Tagen, heißt es in einer anderen Studie, habe man den Arbeitsrhythmus wieder verinnerlicht. Schon fühlt man sich so, als wäre man nie weg gewesen.

Kurztrip genauso gut wie lange weg

Dafür gibt es auch eine gute Nachricht: Kurztrips sind genauso geeignet wie lange Ferien, um den Stress zu abzubauen, wie Urlaubsforscherin Verena Hahn von der Uni Mainz herausgefunden hat. Sie fasste mehrere Urlaubsstudien zusammen und kam zu dem Ergebnis, dass der Erhoungswert bei Kurztrips und langen Urlauben gleich groß sei. Es komme eher darauf an, wie man die freie Zeit genieße – und nicht, wie lang sie dauert oder was man im Urlaub macht. Daher kann es für manche sinnvoller sein, statt eines großen Jahresurlaubs die freie Zeit in kleinere Einheiten zu unterteilen. Die Drei-Wochen-Regel ist also getrost zu ignorieren. Erholung kann schon ab dem ersten Tag einsetzen – wenn es individuell die richtige Erholung ist. Schließlich entspannt sich jeder bei etwas anderem. Nur wer einen für sich entspannten Urlaub verbringt, ist nachher erholt – ganz unabhängig von der Dauer.

Der Chef kann für Erholung sorgen

Entscheider können dazu beitragen, dass ihre Mitarbeiter nicht schon am Flughafen hektisch ihre Mails abrufen oder sofort nach dem Urlaub erneut Überstunden machen. Psychologin Hahn empfiehlt, nach einem Urlaub nicht sofort wieder mit 100 Prozent einzusteigen. Das wurde auch 2010 in einer Studie bewiesen: Der Erholungseffekt hält sich länger, je langsamer man wieder einsteigt.

Diese Art des Wiedereinlebens in den Beruf mag zwar anfangs für alle Beteiligten ungewohnt sein. Aber Entscheider sollten sich bewusst sein, dass sie langfristig etwas davon haben: Entspannte Mitarbeiter arbeiten besser, sind kreativer, leistungsfähiger und motivierter. Je mehr sich Mitarbeiter in einem Unternehmen aufgehoben und wohl fühlen, desto mehr sind sie bereit, für die Firma zu leisten, wie eine weitere Studie ergab.

Der tägliche kleine Urlaub

Den Mitarbeitern raten viele Psychologen dazu, sich tagsüber Auszeiten zu schaffen und Work-Life-Balance auch zu leben. Auch am Wochenende kann ein Mitarbeiter genug Kraft tanken, um sich tatsächlich von der Arbeit zu erholen. Zwar muss das nicht heißen, dass man am Wochenende gar nicht arbeitet - einige Entscheider fühlen sich eher unter Druck, wenn sie nicht arbeiten.

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