Netzwerk-Händler zu Pfeiffers Rausschmiss

29.04.1999

MÜNCHEN: Compaqs Netzwerkabteilung offeriert zwar einen ganzen Strauß von Produkten, doch ihre Marktpräsenz läßt hierzulande bei Partnern viele Wünsche offen. So hoffen sie zwar, mehr ins Zentrum der Ex-Pfeiffer-Company zu rücken, aber sie rechnen nicht unbedingt damit.Was ist schlimmer als ein Schock? Gleichgültigkeit. Es ginge sicher zu weit, diese Compaqs Netzwerkhändlern als generell vorherrschende Haltung zu unterstellen. Doch ebenso falsch ist die Annahme, sie auszuschließen. "Mich persönlich betrifft der Rücktritt von Pfeiffer nicht", glaubt ein ostdeutscher Compaq-Händler. Zwar seien die Partner die "Schnittstelle" zum Kunden, und Compaq wäre schlecht beraten, diese aufzugeben. Was aber Compaqs Netzwerkkomponenten anbelange, so schleppe er "sie eben mit".

"Mindestens zweibeinig" fährt ein bayrischer Händler, der seit vielen Jahren Produkte von Digitals Netzwerkabteilung installiert. Diese wanderten kurz vor der 9,8 Milliarden Dollar schweren DEC-Übernahme durch Compaq zu Netzwerker Cabletron (siehe ComputerPartner 19/97, Seite 12). Er beobachtet: "Die DEC-Kunden sind unheimlich treu." Damit sind keine Neukunden zu gewinnen.

Dabei hatte Compaq-Manager Wolfgang Hackenberg noch im Januar dieses Jahres davon gesprochen, "mit fokussiertem Produktportfolio" als "Lösungsanbieter" im Markt Punkte sammeln zu wollen. Voraussetzung dafür, das wußte der Direktor Kommunikations-Produkte, war der ungebremste Zugriff auf die zu Cabletron gewanderten Produkte. Doch der Kunden die notwendige Investitionssicherheit signalisierende OEM-Vertrag mit Cabletron steht bis heute aus. Zwar sorge Cabletron für "wesentlich mehr Zug im Kanal als Compaq", beschreibt ein anderer Compaq-Partner die jetzige Situation, doch von einem "größeren Fokus auf den Netzwerkbereich bei Compaq" hat er dennoch nichts bemerkt. Was er auf die "alten Compaq- und DEC-Fraktionen" zurückführt, "die nur ihre eigenen Produkte kennen und sie mit Gewalt positionieren. Seiner Meinung nach wäre es nach fast einem Jahr an der Zeit, diese Querelen zu beenden.

"Die Marktumsetzung klappt einfach nicht"

Damit spricht er ein fundamentales Problem bei Compaq an: die mangelnde Integration der Digital-Abteilung. Nicht zuletzt die kostete Pfeiffer den Präsidentenstuhl in Houston.

"Der Support hat nachgelassen", beklagt ein Compaq-Partner. "Die Marktumsetzung klappt einfach nicht", kritisiert ein weiterer Partner die Strategie. Er bezweifelt sogar, ob Compaq, wenngleich dem Papier nach Lösungsanbieter und damit direkt mit Branchengrößen wie IBM, HP oder Sun konkurrierend, an den Netzwerkprodukten etwas liege: "Ich weiß nicht, ob sie bei Compaq wichtig sind", fragt er sich.

Das aber steht für Hackenberg außer Frage. Zum Beweis führt er die zirka 20.000 Netzwerker an, die weltweit für Compaq arbeiten. Das bestreitet der Systemhaus-Partner auch nicht: "Compaq hat gute Leute." Doch er sagt auch, "Compaqs Marktauftritt ist unklar - für uns und die Kunden", und er wünscht sich "eine deutliche Fokussierung auf Unternehmenskunden". Andernfalls halte er es wie bisher: "Ob ich Cabletron, Cisco oder 3Com verkaufe - man kommt immer zu einer Lösung." (wl)

Nach neun erfolgreichen Jahren rausgeschmissen: Compaq-CEO Pfeiffer.

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