Auch Lieferanten klauen

Nicht nur Kunden sind Ladendiebe

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Jährlich verursachen Ladendiebe in Deutschland Schaden in Milliardenhöhe. Auch eigenen Mitarbeiter, Servicekräfte und Lieferanten langen gerne zu.
Smartphones liegen in der Hitliste der meistgeklauten Produkte ganz weit vorne.
Smartphones liegen in der Hitliste der meistgeklauten Produkte ganz weit vorne.
Foto: Bundespolizei München

Ein jeder Händler kennt das Ärgernis, wenn bei der Inventur eine große Lücke zwischen dem Bestand und den Einnahmen klafft. Auf rund vier Milliarden Euro schätzt das EHI Retail Institute die Inventurdifferenzen, die 2013 im deutschen Einzelhandel angefallen sind.

Waren im Wert von rund 2,1 Milliarden Euro haben diebische Kunden eingesteckt. Doch die Diebe finden sich nicht nur unter vermeintlichen Kunden: Immerhin 900 Millionen sollen durch eigene Mitarbeiter verursacht worden sein. Weitere 300 Millionen an Warenverluste werden durch Lieferanten und Servicekräfte verursacht. 600 Millionen führt das EHI auf organisatorische Mängel zurück.

Technische Mittel können dabei nur bedingt helfen: "Die Diebstahlsraten befinden sich nach wie vor auf hohem Niveau, obwohl der Handel organisatorisch, technisch und personell viel unternimmt, um Ladendiebstähle zu begrenzen", berichtet der Verfasser der Studie, Frank Horst, Leiter des Forschungsbereichs Inventurdifferenzen und Sicherheit beim EHI. Immerhin investiert die Branche rund 1,3 Milliarden Euro in Technik und Personal, um sich vor Diebstählen zu schützen.

Statistisch gesehen steckt jeder Bundesbürger Waren im Wert von 26 Euro ein ohne zu bezahlen. Zählt man die Beträge der Inventurdifferenzen und der Präventions- und Schutzmaßnahmen zusammen, kommt man auf einen Betrag von über fünf Milliarden Euro, das entspricht laut EHI 1,3 Prozent des Umsatzes. Diese Beträge werden dann in die Preise einkalkuliert und müssen von den ehrlichen Kunden mitbezahlt werden. Zudem wird nach Berechnungen des EHI die Allgemeinheit noch durch einen Mehrwertsteuerverlust von 450 Millionen Euro belastet.

Hohe Dunkelziffer

Insgesamt wurden in Deutschland 2013 356.152 Ladendiebstähle angezeigt. Die Dunkelziffer ist enorm hoch und wird auf 98 Prozent geschätzt. Aus dem Schaden der angezeigten Diebstähle und dem tatsächlichen Schaden im Handel ergibt sich laut EHI, dass durchschnittlich täglich über 85.000 Ladendiebstähle mit je einem Warenwert von rund 80 Euro unentdeckt bleiben. So hat auch der leichte Rückgang der angezeigten Fälle nur eine bedingte Aussagekraft.

Laut der EHI-Studie glauben die Händler nicht an einen Rückgang der Kriminalität am PoS: Vor allem der professionell organisierte Ladendiebstahl im Sinne von Bandendiebstählen und gewerbsmäßigen Diebstählen, die bei jedem Zugriff wertmäßig hohe Schäden verursachen und selten erkannt werden, bereiten den Einzelhändlern weiter Sorgen.

Dass sich Diebe nicht nur mit Waren des täglichen Bedarfs eindecken, zeigt die Hitliste der entwendeten Produkte. So werden gerne kleinere, hochpreisige Waren entwendet. Im Elektronikhandel sind dies beispielsweise Speichermedien, Konsolenspiele, Smartphones und LED-Leuchtmittel. Ansonsten stehen Parfüm und Kosmetik, Rasierklingen, Spirituosen sowie Tabakwaren hoch im Kurs. Im Bekleidungshandel werden vor allem hochwertige Marken bevorzugt, aber auch modische Artikel und Accessoires wie Brillen, Tücher oder Modeschmuck.

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