Tipps für den indirekten Vertrieb

Partnerschaft oder "Der Partner schafft"?



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Eine aktive Beziehungspflege betreiben

Eine Kernfrage für die Hersteller ist: Wie motiviere ich die Vertriebsorganisation meiner Partner? Großhändler haben in der Regel ein breites Sortiment mit verschiedenen Produktgruppen. Auch in der Produktgruppe des Herstellers führen sie im Normalfall Wettbewerbsprodukte. Also werden sie von vielen Herstellern mit unzähligen Aktionen, Produktneueinführungen und anderen Aktivitäten "überladen". Entsprechend wichtig ist es, dass sich der Hersteller klar als Partner und nicht nur als Lieferant positioniert. Das bedeutet zum Beispiel:

- Beziehungen aufbauen,

- den Abverkaufsprozess unterstützen und

- die "Chefs" und Mitarbeiter der Vertriebspartner fordern und fördern.

Das setzt voraus, dass der Hersteller die unternehmerischen Ziele seiner jeweiligen Händler kennt und seine Aktivitäten darauf ausrichtet.

Eindeutig "Ja" zum Partner sagen

Ist der Händler der richtige Partner? Diese Frage muss der Hersteller mit einem klaren "Ja" beantworten. Denn bestehen diesbezüglich Zweifel, wird er auch nur bedingt zu ihm stehen. Dies spürt der Händler - weshalb zwischen den "Partnern" auch keine emotionale Beziehung wächst. Indikatoren dafür, ob er der Richtige ist, sind neben Marktzugang und -potenzial unter anderem:

- Lassen sich die Verkäufer des Händlers für die Produkte des Herstellers begeistern?

- Ist der Händler bereit, seine Mitarbeiter gezielt für den Verkauf der Produkte des Herstellers schulen zu lassen?

- Sind die Verkäufer des Händlers dazu bereit, mit den Außendienstmitarbeitern des Herstellers Zielkunden zu besuchen?

- Ist der Händler offen für das gemeinsame Erstellen und Realisieren von Konzepten zum Erschließen bestimmter Zielkunden/Marktsegmente?

- Ist der Vertriebspartner zuverlässig, loyal und hält er Vereinbarungen ein?

Selbstverständlich muss auch der Händler überzeugt ja zur Partnerschaft sagen. Fragen, die er sich in diesem Kontext stellen sollte, sind:

- Hat das Sortiment des Herstellers die nötige Breite und Tiefe für meine Zielgruppe?

- Ist sein Vertriebskonzept nachhaltig auf die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern ausgerichtet?

- Bietet er mir die notwendige Unterstützung für eine aktive Marktbearbeitung?

- Ist der Hersteller innovativ und somit zukunftsfähig - zum Beispiel bei seinen Produkten und Prozessen?

- Kann ich bei einer entsprechenden Vermarktung mit einer guten Marge rechnen?

- Werden gemeinsame Konzepte zur Entwicklung der Zielkunden erarbeitet?

- Unterstützt der Hersteller mich mit den nötigen Flyern, Produkt- und Verkaufsunterlagen?

Regelmäßig kommunizieren und gemeinsam planen

Beim Beantworten der vorgenannten Fragen tauchen in der alltäglichen Zusammenarbeit der Hersteller und mit ihren Partnern immer wieder Meinungsunterschiede auf - schließlich haben die Beteiligten teils unterschiedliche Interessen. Deshalb sind, um die emotionale Beziehung der Partner stabil zu halten und ein allmähliches Sich-Entfremden zu vermeiden, regelmäßige, zum Beispiel quartalsweise Review-Gespräche nötig, um die Zusammenarbeit und den Stand der Umsetzung der gemeinsam in den Jahresgesprächen verabschiedeten Ziele zu evaluieren.

Jahresgespräche

In diesen Jahresgesprächen gilt es nicht nur den Absatz und die Umsätze, also das Ergebnis, sondern auch das WIE zu planen - also die Marktbearbeitungs- und Verkaufsprozesse, die zu den gewünschten Ergebnissen führen. Die Kernfrage lautet: Wie können wir gemeinsam den Markt für beide Seiten gewinnbringend bearbeiten?

Wichtig ist dabei, dass die Partner die hiermit verbundenen Prozesse und Aktivitäten konsequent zu Ende denken. Hierfür ein Beispiel aus der Praxis. Bei der Einführung eines neuen Produkts arbeiten die Produktmanager der Hersteller oft alle technischen Details hervorragend auf. Die Prospekte erklä-ren das Produkt in allen Farben und die Mitarbeiter der Händler werden mit allen technischen Raffinessen vertraut gemacht. Doch leider befasst sich das Produktmanagement kaum mit der verkäuferische Umsetzung. Das heißt, die Händler und ihre Mitarbeiter erhalten wenige Informationen zum Markt und Marktumfeld:

- Welche Zielgruppe ist die geeignete?

- Zu welchen Anwendungen passt das neue Produkt am besten?

- Wie sieht das Wettbewerbsumfeld aus?

- Wie sieht für die Kunden das Preis-Nutzen-Verhältnis- im Vergleich zu den Wettbewerberlösungen aus?

- Wie kann das Produkt in Systemlösungen integriert werden?

- Welcher Mehrwert wird hierdurch generiert?

Ein weiterer Klassiker ist das Planen von Hausmessen. Hierbei denken die Händler meist vorrangig an eine finanzielle Beteiligung des Herstellers an den Kosten. Und die Hersteller sehen wiederum primär die Kosten und fragen sich: Muss das sein? Also beginnt anlassbezogen ein Fingerhakeln um Zuschüsse und Konditionen, statt dass sich Hersteller und Händler bereits im Jahresgespräch gemeinsam fragen: Wie können wir das Instrument "Hausmesse" mit einer entsprechenden Planung gezielt nutzen, um unsere gemeinsamen Jahresziele zu erreichen? Was muss dazu gemeinsam konkret vorbereitet werden? Und: Was soll nach der Hausmesse konkret passieren?

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