Vorleistung des Handelsvertreters

Provisionsanspruch bei Firmenpleiten



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Was geschieht, wenn der Unternehmer nach erbrachter Vermittlungsleistung insolvent wird, sagt Alexander Rilling.

Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat, so steht es in § 87 a Absatz 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches. Der Handelsvertreter geht naturgemäß in Vorleistung und ist dann darauf angewiesen, dass der Unternehmer das Geschäft auch tatsächlich ausführt und ihm die Provision auszahlt. Was aber geschieht, wenn der Unternehmer nach erbrachter Vermittlungsleistung insolvent wird?

In der Insolvenz des Unternehmens stellen sich dem Handelsvertreter einige drängende Fragen. Zunächst wird es ihm darum gehen, zu wissen, ob er noch weiter verpflichtet und berechtigt ist, dem Unternehmen Aufträge zu vermitteln oder ob er sich sofort auf dem Markt umtun und für einen Wettbewerber tätig werden kann. Ebenso wichtig wird es dem Vertreter aber auch sein, zu erfahren, was mit den von ihm vermittelten und vielleicht schon ausgeführten Abschlüssen passiert. Bekommt er noch die volle Provision vom Insolvenzverwalter oder hat er nur einen Anspruch auf die Insolvenzquote? Muss er gar bereits erhaltene Provisionen an den Insolvenzverwalter zurückzahlen?

Handelsvertreter brauchen klare Angaben darüber, ob sie für ein von der Insolvez bedrohtes Unternmen noch Aufträge vermitteln sollen und dafür ihre Provision erhalten.
Handelsvertreter brauchen klare Angaben darüber, ob sie für ein von der Insolvez bedrohtes Unternmen noch Aufträge vermitteln sollen und dafür ihre Provision erhalten.
Foto: Fotolia, Anchels

Insbesondere die letzte Frage war immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen. So hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe erst im Januar 2015 entschieden, dass Zahlungen an einen Gläubiger zurückzuzahlen sind, wenn durch die Auszahlung das Vermögen des späteren Insolvenzschuldners verkürzt, also die Masse geschmälert wurde, und der Gläubiger mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat (BGH, IX ZR 198/13, 8.1.2015).

So könnte es auch einem Vertreter gehen, der - nachdem das Unternehmen schon einige Wochen mit der Provisionszahlung in Rückstand ist - beginnt, Druck zu machen, um das Unternehmen, das kurz vor der Insolvenzanmeldung steht, noch zu einer Zahlung zu bewegen, obwohl er weiß, dass einige seiner Kollegen im Außendienst ebenso wie er noch auf ausstehende Provisionen warten. Sollte dann eine Zahlung erfolgen, kann der Insolvenzverwalter vom Handelsvertreter Zahlung an die Masse verlangen.

Angesichts dieser Gefahr ist es für den Handelsvertreter von erheblicher Bedeutung, ob er die Provision für von ihm vor Eintritt der Insolvenz vermittelte Geschäfte als Insolvenzforderung anmelden muss oder in voller Höhe vom Insolvenzverwalter bekommt.

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