Sage KHK zündet zweite Umbaustufe im Vertriebspartnerprogramm

31.10.2002
Der Gegenwind aus dem Channel blies Sage KHK lange eisig ins Gesicht. Der innere Druck durch die Partner und der äußere durch neue starke Wettbewerber wie Microsoft und SAP bewegten Geschäftsführer Peter Dewald jetzt zum Dialog mit seinen Wiederverkäufern - von den Ergebnissen profitieren beide.

Qualität vor Quantität hieß das Motto des letztjährigen Partner-Summit von Sage KHK im alten Bonner Bundestag. "Wir hatten traditionell ein sehr stark an Volumen orientiertes Vertriebsmodell. Im Einzellizenzgeschäft, wie wir es heute betreiben, funktioniert das nicht", begründet Dewald die erste Umbaustufe. Die zweite zündete der Softwarehersteller auf der diesjährigen Händlertagung von seiner Basisstation in Frankfurt.

Key-Account-Manager betreuen Partnerelite

Grundlage des veränderten Vertriebspartnerprogramms bildet eine Rundreise des Geschäftsführers von Sage KHK zu seinen Wiederverkäufern. Der Wunschzettel, den er von dort mitbrachte, umfasst eine ganze Reihe Forderungen. Kürzere Reaktionszeiten bei Support-Anfragen, eindeutige Zuständigkeiten und klare Eskalationswege, höhere Verfügbarkeit des eigenen Ansprechpartners, mehr und qualifiziertere Informationen.

Sage-KHK-Vertriebschef Müller setzt jetzt um, was bei Dewald Gehör fand - allerdings nur für einen Teil des Channels: "Wir haben ein Key-Account-Management eingeführt, das sich auf unsere Top-Partner konzentriert." Zwischen 250 und 300 der nach der ersten Umbaustufe verbliebenen 570 autorisierten Partner sollen in den Genuss der Vorzugsbehandlung kommen.

Bisher war ein Account-Manager für ein bestimmtes Vertriebsgebiet verantwortlich. Damit betreute er alle dort tätigen Wiederverkäufer. Jetzt verteilen sich die Auserwählten auf zwölf Account-Manager, die jeweils für eine Anzahl Named Partner zuständig sind. "Das sind die Partner, mit denen wir 80 Prozent unseres Geschäfts machen", begründet Müller die Auswahl. Wie Insider berichten, erwirtschaftete Sage KHK ohne Zukäufe 38 Millionen Euro Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr. Kein Wunder also, dass das wichtigste Auswahlkriterium für die Partnerelite auch der Umsatz ist. Konkrete Zahlen für die Partnerauslese wollte Müller jedoch nicht nennen. Neben dem Umsatz spiele aber die Anzahl der betreuten Kunden sowie deren Ausprägung eine Rolle, und auch Partner mit Branchenlösungen hätten gute Chancen. Wer nicht zum elitären Kreis zählt, wird künftig per Telesales betreut. "Wachstumskandidaten mit Potenzial zum Key-Account-Partner werden wir dort identifizieren", betont Müller.

Händlervereinigungen finden wenig Gegenliebe

Doch trotz der getroffenen Maßnahmen denken Vertriebspartner vereinzelt darüber nach, eine Händlervereinigung zu gründen. Noch wagen sie sich damit nicht aus der Deckung - aus gutem Grund. Das Wort Händlervereinigung löst bei Sage KHK Traumata aus der jüngsten Vergangenheit aus. Bei der Umstellung von einem Free-Licence- auf ein Einzellizenz-Modell bekam der Softwareher-steller zu spüren, was Vertriebspartner mit vereinten Kräften erreichen können. Grundsätzlich verweigert sich der Geschäftsführer des Softwarehauses Dewald aber nicht: "Wenn jemand mit einem vernünftigen Vorschlag kommt, werden wir uns dem nicht widersetzen."

Vertriebschef Müller steht einem Channel-Sprachrohr jedoch skeptisch gegenüber: Sage KHK habe unterschiedliche Partner, mit verschiedenen Anforderungen, Profilen und Geschäftsmodellen. Es erscheine ihm schwierig, das in einem Händler-Zentralorgan zusammenzufassen. "Das hat damals nicht funktioniert, und ich glaube auch nicht, dass das in Zukunft funktioniert."

Während also eine Händlervereinigung bei Sage KHK keine offenen Türen findet, steht diese für Partner mit Branchen-Know-how weit offen: "Wir setzen sehr stark auf vertikale Lösungen", betont Dewald. Zwanzig Partner bekamen deshalb die Möglichkeit, Branchenanwendungen im Rahmen der Händlertagung zu präsentieren. Mit diesem Schritt folgen die Frankfurter den Spuren der Microsoft Business Solutions, die vor allem mit ihrem Softwarepaket "Navision", ehemals "Attain", diesen Weg schon länger eingeschlagen hat. Eine direkte Bedrohung durch die Wettbewerber Microsoft und SAP mit "Business-One" sieht Dewald aber nicht. Die beiden Softwarehersteller befänden sich derzeit noch am oberen Ende der Produktpalette von Sage KHK, das die "Office-Line 200" repräsentiert: "Dort liegt aber nicht der Schwerpunkt unseres Geschäfts", erklärt Dewald, und fügt hinzu: "Unser Kernmarkt liegt ein Segment darunter." Also bei 10 bis 100 Anwendern.

Classic-Line versus Office-Line

Diesen Markt adressiert das Softwarehaus mit zwei Produktlinien, der Office- und der Classic-Line. Erstere soll als Out-of-the-BoxLösung die Standardanforderungen abdecken, während die Zweitgenannte auf das Projektgeschäft ausgelegt ist. Laut Branchenkennern laufen zwar 30.000 Installationen der Classic- und nur 10.000 der Office-Line in Deutschland, doch Sage KHK schenke letzterer mehr Augenmerk, monieren Channel-Partner. "Die Office-Line wird gegenüber der Classic-Line zu sehr in den Vordergrund gestellt", beklagt beispielsweise Peter Hertel, Geschäftsführer bei Sage KHK Solution Center Kühn und Hertel. Parteilichkeit lässt sich Hertel dabei nicht unterstellen, denn das 1990 gegründete Systemhaus erwirtschaftet nach eigenen Angaben immerhin 40 Prozent seines Softwaregeschäfts mit der Office-Line. Und Hertels Unmut ist nicht ohne Grund: Auch in der neuen Version 3.1 basiert die kaufmännische Software noch immer auf der Index-bezogenen Datenbank ISAM. "Die Classic-Line braucht eine offene, relationale Datenbank, um für den Markt attraktiver zu werden", fordert Hertel. Doch mit diesem Begehren stößt er bei Sage-KHK-Chef Dewald auf taube Ohren: "Dafür haben wir die Office-Line." Gänzlich will der ehemalige Apple-Geschäftsführer eine Plattformerweiterung aber keine Absage erteilen: "Ich schließe eine SQL-Version nicht aus. Wir müssen aber nicht mit Gewalt alles verändern."

Regelmäßige Roundtables mit Fachhändlern je Produkt-Release sollen jedenfalls dafür sorgen, dass die Wünsche der Partner Gehör finden. 2002 hätten bereits 215 Teilnehmer bei 16 Veranstaltungen an zehn Orten diese Gelegenheit wahrgenommen.

www.sage-khk.de

ComputerPartner-Meinung:

Sage KHK hat den Dialog mit seinen Vertriebspartnern aufgenommen. Ob aus eigenem Antrieb oder auf Druck von innen und außen, spielt dabei keine Rolle. Das Ergebnis zählt, und das ist positiv. Auch wenn nur die Hälfte der autorisierten Partner in den Genuss eines Key-Account-Managers kommen, so ist doch die Marschrichtung des ERP-Herstellers klar erkennbar: Qualität rangiert vor Quantität. Was sich im Channel durchgesetzt hat, realisiert Sage KHK im Produkt-Portfolio noch nicht. Doch eines ist klar: Der Classic-Line gehört nicht die Zukunft. (hei)

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