Mittelstand, ERP und die Cloud

SAP hat mit Partnern noch viel vor

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
80 Prozent der SAP-Kunden sind Mittelständler, diese möchte der ERP-Hersteller künftig nur noch indirekt bedienen.

In der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) arbeitet SAP mit rund 1.500 Vertriebspartnern zusammen. Diese bedienen hier zu Lande vornehmlich mittelständische Kunden, die nach der Definition von SAP weniger als eine halbe Milliarde Euro Jahresumsatz erzielen, oder deren Beschäftigtenzahl unter 1.500 liegt.

Bei diesen Kunden beträgt SAPs Channel-Anteil rund 80 Prozent, wie Rinse Tamsma, Senior Vice President Global Partner Operations Region Middle and Eastern Europe, ChannelPartner gegenüber versicherte. Seit 15 Jahren bereits versucht nämlich der ERP-Hersteller, seine mittelständischen Kunden vornehmlich über seine Partner zu bedienen.

Nun kommen auf diese mittelständisch geprägten SAP-Partner gleich mehrere Herausforderungen zu. Einerseits wollen nämlich derzeit immer mehr der Mittelständler auf den Digitalisierungszug aufspringen und ihre Geschäftsprozesse in IT "gießen", andererseits kommt aktuell auch bei dieser Klientel das Thema "Cloud" immer mehr Mode. Und nach Ansicht von Jochen Wießler, Leiter Geschäftsbereich Mittelstand und Partner bei der SAP Deutschland, werkeln bei vielen dieser Kunden noch Systeme aus dem letzten Jahrhundert.

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Laut Wießler hätte die letzte Umstellung auf ein neues ERP-Release bei diesen Kunden erst kurz vor dem Jahr 2000 stattgefunden, weil das ERP-System eben plötzlich mit vierstelligen Jahreszahlen hantieren musste. Daher sind viele ERP-Systeme bei den mittelständischen Kunden in die Jahre gekommen und es stehen nach Ansicht des SAP-Mittelstands-Chefs viele ERP-Neueinführungen an.

Die Mittelstandslösungen von SAP, vieles kommt schon aus der Cloud.
Die Mittelstandslösungen von SAP, vieles kommt schon aus der Cloud.
Foto: SAP

ERP aus der Cloud ist im Kommen

Und das muss nicht immer ERP "on-premise", also eine Vor-Ort-Installation der Software beim Kunden, sein. Laut Wießler tendieren nun auch immer mehr mittelständische Kunden zumindest Teile ihrer ERP-Infrastruktur in die Cloud zu verlagern.

Bei Neukunden stellen Cloud-Projekte schon jetzt die Mehrheit dar, behauptet Wießler. Und fast immer sind auch SAP-Partner involviert, so der ChannelChef, und weiter: "Unser Partnergeschäft in der Cloud wächst derzeit dreistellig". Da mag man einwenden "Kein Wunder, von der niedrigen Basis" - dennoch, große SAP-Partner wie Itelligence oder All for One Steeb und andere sind im Cloud-Geschäft schon sehr erfolgreich unterwegs, betont Wießler.

Jochen Wießler, Leiter Geschäftsbereich Mittelstand und Partner bei der SAP Deutschland: "Hohe Margen auch in der Cloud."
Jochen Wießler, Leiter Geschäftsbereich Mittelstand und Partner bei der SAP Deutschland: "Hohe Margen auch in der Cloud."
Foto: SAP

Das gilt auch für ERP-Projekte im IoT-Umfeld (Internet of Things): "Alle IoT-Projekte sind Cloud-Projekte", so SAPs Mittelstandschef weiter. Als beispielhaft für ein derartiges Projekt führt Wießler ein Maschinenbauunternehmen an, das Automatikgetriebe herstellt. Zwischen den dort installierten cloudbasierten SAP-Systemen werden ständig Daten ausgetauscht, etwa über die Nutzungsintensität der Automatikgetriebe bei den Kunden. Auf diese Wiese ist die ERP-Software nun in der Lage zu erkennen, welche Verschleißteile bald nicht mehr ihren Dienst tun werden und daher baldmöglichst ersetzt werden müssen. Mit einem herkömmlichen "stationären" ERP-Systeme wäre eine derartige "prädiktive" Vorratshaltung nicht möglich.

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SAP-Partner-Basis wächst

Dank des Cloud-Booms im Mittelstand geht es den SAP-Partnern gut, meint Wießler, so gut, dass "sie nicht alle Projekte zeitnah erledigen können". Und der SAP-Channel in Deutschland wächst weiter. Laut Aussagen des Mittelstandschefs hat SAP allein 2016 über 150 neue Partner für sich gewinnen können. Und das sind beileibe nicht nur die "klassischen" ERP-Reseller, die sich SAP von der Konkurrenz holt, sondern auch ganz neue Partnertypen, zum Beispiel ISVs.

 Rinse Tamsma, Senior Vice President Global Partner Operations Region Middle and Eastern Europe: "Channel-Anteil bei 80 Prozent."
Rinse Tamsma, Senior Vice President Global Partner Operations Region Middle and Eastern Europe: "Channel-Anteil bei 80 Prozent."
Foto: SAP

Doch wie hoch ist nun die Cloud-Marge für SAP-Partner? "Höher als bei anderen Herstellern", antwortet Wießler und meint damit wohl seinen vorherigen Arbeitgeber Microsoft. Wie hoch genau diese Cloud-Margen ausfallen werden, gab nun SAP auf einer Konferenz in den USA bekannt. Demnach bekommen SAP-Partner, die einen Cloud-Vertrag vermittelt haben, zehn Prozent des Cloud-Vertragwerts im ersten Jahr der Laufzeit. Das ist aber lediglich die so genannte "Referral"-Prämie (Tipp-Provision). Bringen sich die Partner tiefer in den Verkaufsprozess ein, winken gar Margen bis zu 20 Prozent - und das in der gesamten Laufzeit des Cloud-Vetrages mit dem Kunden. Weitere Details zum "SAP PartnerEdge Cloud Choice"-Programm finden Sie hier.

Meinung des Redakteurs

Ronald Wiltscheck, Chefredakteur ChannelPartner: "SAP sollte die Fehler von Microsoft nicht wiederholen."
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Offenbar macht SAP im Mittelstand einen guten Job. Der ERP-Hersteller ist mit der Cloud-Lösung "Business ByDesign" zwar sehr früh in den Markt gestürmt, wahrscheinlich sogar zu früh, doch die Walldorfer haben aus ihren Fehlern gelernt und haben nun eine ausgereiftes ERP-System aus der Cloud dem Mittelstand anzubieten.

Die Margen des SAP-Channels beim Vertrieb der ERP-Software aus der Cloud lassen sich ebenfalls sehen. Es bleibt zu hoffen, dass SAP diese relativ hohen Margen beibehält und nicht gleichen Weg geht wie Microsoft. Die Redmonder setzten beim Markteintritt von Office 365 die Cloud-Margen ebenfalls relativ hoch an, nur um sie ein Jahr später radikal zu kürzen. Deshalb sollten SAP-Partner ihren ureigenen Beitrag zur Wertschöpfungskette in der Cloud erbringen. Dann werden ihre Margen auch so hoch bleiben. (rw)

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