Industrie contra VG Wort

Sind Kopierabgaben auf IT-Geräte gerechtfertigt? (Update)

16.06.2008
Hohe Kopierabgaben auf IT-Geräte sind ungerechtfertigt, sagt der Bitkom und verweist auf eine Studie von TNS Infratest. Die VG Wort kontert mit einem Gerichtsurteil. Wer hat Recht?

Die TNS Infratest Studie wurde vom Bitkom in Auftrag gegeben, weil das neue Urheberrecht die tatsächliche Nutzung der Geräte zum Maßstab für die künftigen Abgaben macht. Nach Ansicht des Verbandes zeigt sie klar, dass die hohen Kopierabgaben ungerechtfertigt sind.

"Der Anteil urheberrechtlich relevanter Kopiervorgänge liegt bei den meisten Geräten deutlich unter zehn Prozent", sagte Bitkom-Präsidiumsmitglied Uli Holdenried. Untersucht wurde die Nutzung von PCs, Scannern, Druckern, Fax- und Multifunktionsgeräten sowie Kopierern. Die Ergebnisse resultieren aus detaillierten Tagebüchern, die knapp 7.000 Anwender zwei Wochen lang geführt haben.

Derzeit fordern mehrere Verwertungsgesellschaften erneut, unter anderem PCs und Multifunktionsgeräte mit sehr hohen Abgaben zu belegen. Das lehnt die IT-Branche mit Blick auf die Studie ab. So würden sich nur acht Prozent der privaten Kopiervorgänge mit Hilfe von PCs auf urheberrechtlich geschützte Inhalte beziehen. Die meisten davon würden von einigen Gerichten und Wissenschaftlern als nicht abgabenpflichtig bewertet. Berücksichtigt man dies, ist bei PCs nicht einmal jeder hundertste Kopiervorgang abgabenrelevant.

Für die Abgabenhöhe entscheidend ist auch, dass die Anwender ihre PCs überwiegend zu anderen Zwecken als zum Kopieren nutzen - etwa, um Dokumente zu erstellen oder Fotos zu bearbeiten. Vor diesem Hintergrund fällt der für die Abgabenhöhe relevante Nutzungsumfang mit 0,2 Prozent verschwindend gering aus, so der Bitkom.

Auch Multifunktionsgeräte würden nur selten im Sinne der Urheberrechtsabgaben genutzt: Lediglich sechs Prozent aller Kopiervorgänge auf privaten Geräten betreffen urheberrechtlich geschütztes Material; die Hälfte davon sind in puncto Abgaben umstritten. Im geschäftlichen Einsatz liegen die Werte jeweils noch deutlich niedriger.

Der Einspruch

Die VG Wort konterte die Veröffentlichung der Studie mit dem Hinweis auf ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf aus dem Januar 2006 (AZ: 12 O 110/05), bei dem das Landgericht die Objektivität einer ähnlichen Studie, damals von der GfK, in Frage stellte. Laut GfK waren 1,1 Prozent aller auf Druckern angefertigten Kopien als urheberrechtlich relevant anzusehen. Die VG Wort hatte eine Gegenstudie vorlegt, wonach mindestens 39 Prozent der Druckvorgänge als urheberrechtlich einzustufen waren.

Soweit hat die VG Wort Recht. Nur hat sie versäumt, in ihrer öffentlichen Gegenrede gegen die aktuelle Bitkom-Studie hinzuweisen, dass ein Jahr später, genau gesagt am 23.1.2007, das Oberlandesgericht Düsseldorf das Urteil des Landesgericht aufgehoben hat (AZ: I-20 U 38/06).

Derzeit liegt der Fall dem Bundesgerichtshof (BGH) zur endgültigen Klärung vor. Der Bitkom gibt sich siegessicher, da der BGH im Jahr 2007 schon einem Bitkom-Mitglied in einem ähnlich gelagerten Fall Recht gegeben hat. Auch damals hatte erst das LG Düsseldorf gegen den Druckerhersteller entschieden und dann das OLG Düsseldorf das Urteil revidiert. (go)

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